Der Bereich Kunstsammlung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig erhält mit dem Ölgemälde „Der Fall der Pauliner-Kirche“ der Künstlerin Brigitte Fassbender-Seeling einen Neuzugang und großzügige Schenkung der Familie Degeler-Koch. In Erinnerung an den im März dieses Jahres verstorbenen Leipziger Physiker und Philosoph Dietrich Koch wird das Gemälde vorerst bis Februar 2021 in der Ständigen Ausstellung im Alten Rathaus präsentiert, teilt das Museum mit.

„Das Angebot zur Schenkung des Gemäldes erreichte uns im Mai dieses Jahres. Im März 2020 ist Dietrich Koch gestorben, seine Witwe hat sich danach an das Museum gewandt. Sie dachte, das Gemälde sei bei uns an der richtigen Stelle, um an die mutige Tat ihres späteren Mannes zu erinnern, aber auch an dessen jahrzehntelanges Engagement für die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte Leipzigs. Das Gemälde wird die Sammlung im Bereich der Gegenwartskunst zu Leipziger Themen maßgeblich ergänzen.

Wir danken Frau Degeler-Koch sehr für die großzügige Schenkung. Das Gemälde ist eine von zahlreichen Schenkungen und Ankäufen im Bereich der Kunstsammlungen, die wir dieses Jahr realisieren konnten“, erklärt Ulrike Dura, Kuratorin für Kunst und Kunsthandwerk am Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.

Im März 2020 verstarb der 1937 in Leipzig geborene Physiker und Philosoph Dietrich Koch. 1968 war er mit seinem Bruder und drei anderen Studenten am berühmten Protest gegen die Sprengung der Universitätskirche St. Pauli beteiligt.

Im Mittelpunkt stand das von Stefan Welzk auf dem Bühnenboden angebrachte Transparent „Wir fordern Wiederaufbau!“, das während einer Preisverleihung beim Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb in der Leipziger Kongresshalle durch einen selbst gebastelten Mechanismus mit Zeitauslöser entrollte.

Dieser Protest erregte internationales Aufsehen, intensive Ermittlungen der Staatssicherheit folgten. Erst drei Jahre später kam die Stasi durch eine Denunziation auch auf Dietrich Koch als Beteiligten. Er wurde zu zweieinhalb Jahren Gefängnis und anschließender unbegrenzter Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt. 1972 wurde er von der Bundesrepublik freigekauft und aus der DDR ausgewiesen. Dietrich Koch hat ausführlich über seine Haft und die Verhörmethoden geschrieben, mit denen man ihn zu „psychiatrisieren“ versuchte.

Nach 1990 trug er maßgeblich zur Aufarbeitung des politischen Psychiatrie-Missbrauchs in der DDR bei. Als Mitbegründer des Vereins Pro Universitätskirche Leipzig kämpfte er darum, die Erinnerung an die zerstörte Leipziger Universitätskirche und den Widerstand gegen ihre Zerstörung wachzuhalten.

2008 entstand das jetzt dem Stadtgeschichtlichen Museum übergebene Gemälde der Düsseldorfer Malerin Brigitte Fassbender-Seeling im Rahmen einer Serie von Stadtbildern zu Leipzig (Sammlung Aengevelt).

Im Zentrum des Gemäldes sind die Kirche und deren Sprengung zu sehen. Drei Statuen am unteren Bildrand erinnern an ihre mittelalterliche Ausstattung. Oben links ist die Abführung von Verhafteten, oben rechts der Buchtitel „Das Verhör“ von Dietrich Koch (2000) dargestellt, am rechten Rand das Protestplakat von 1968.

Der Protest gegen die Sprengung der Universitätskirche, die Folgen und der berechenbare Untergang der DDR

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