Was nun? Ab heute gilt der „Lockdown Light“. Was kann man da noch machen? Club zu, Kabarett zu, Theater zu. Aber Galerien sind noch eine Möglichkeit. Da trifft man nicht so viele Leute auf einmal. Und stolpert trotzdem über Kunst, die einen zum Nachdenken bringt über eine ziemlich irre Gegenwart. So wie ab dem 7. November in der Galerie b2_ in der Spinnerei. Da gibt es dann „Already Too Late“ von Michael Hahn zu sehen.

Da geht es um Dinge, also all das Zeug, das uns heutzutage immer mehr belastet, weil es eigentlich ziemlich nutzlos ist.

Aber die Galerie lädt zumindest zum Drüber-Nachdenken ein: „Das Auflisten von Dingen, für die es bereits zu spät ist, wäre ein ergiebiges Unterfangen und wesentlich produktiver, als sich auf der Suche nach Antworten den Kopf zu zerbrechen. Die Liste der inzwischen verpassten Chancen scheint unerschöpflich. Was jedoch offensichtlich erschöpft sein kann, sind wir. Die Rituale der Hoffnung, die geholfen haben, den ersten Ausbruch zu ertragen, sind Erschöpfung und Frustration gewichen. Eine allgemeine Ermüdung verbreitet sich, die trotz Andauern der Pandemie dazu führt, dass Menschen zu verschiedensten privaten und öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen strömen.“

Michael Hahn beschreibt den Zustand erschöpfter Frustration in Bezug auf das Gefühl verpasster Chancen: „Wenn du dich verirrst, wenn du zu spät dran bist, möchtest du vielleicht den Anderen die Schuld geben und dich auf die Zerstörung von dir selbst und anderen Menschen einlassen“. Ein Weg, dies zu korrigieren, besteht laut Hahn darin, die kleinen, magischen Momente den Tag hindurch zu verfolgen: „Wenn man die kleinen Wunder nicht sieht, kann man alles Große vergessen.“

Hinter der Kurve zu stehen, also scheinbar später als die meisten auf eine neue Idee zu kommen oder auf etwas zu reagieren, nachdem es bereits geschehen ist, ist die Ausgangsidee der Ausstellung „Already Too Late“, schildert die Galerie Hahns Ansatz für die Ausstellung: „Eine Bewegung, die durchkreuzt wird, ein Absturz, ein – wenn auch nur vorübergehendes – Steckenbleiben oder gestrandet sein, findet sich in Arbeiten wie Tide und Tic-Tac.

Immer wieder gibt es Anspielungen auf vereinfachtes Design, jedoch nicht um Rationalität auf das Wesentliche zu reduzieren, sondern vielmehr bei Objekten, die aus im Wesentlichen billigen, anpassungsfähigen Komponenten bestehen und für die Massenproduktion tauglich sein könnten. So entstehen Arbeiten, an denen das tägliche Leben als ein eigenständiges ästhetisches Artefakt neu aufbereitet wird. Sie folgen Hahns Wunsch, das Besondere im Alltäglichen zu erkennen.“

„Neue, spannende Dinge bringen neue Ideen, neue Perspektiven und lösen so die entscheidenden Impulse auf dem Weg zu einem besseren Selbstverständnis aus. Ohne den Blick auf neue spannende, überraschende Dinge, nützt auch die größte Idee nicht zur inneren Befriedung und nur Ärger, Depression, Lebensverneinung bleiben bestehen. Die Komplexität des Alltags ist nicht das Problem. Schlechtes Urteilsvermögen, Mangel an Reflexion und gekaufte Dummheit fördern apokalyptische Bosheit.“

Besorgt, dass viele „bereits auf dem Weg zum Hass“ sind, konzentriert sich Michael Hahn in seiner Arbeit auf Momente der Erheiterung, Behaglichkeit und Zerstreuung. „Freundlich. Nicht zu viel Zerstörung. Etwas Spaß. Kein erhobener Zeigefinger. Nichts Didaktisches. Weg vom potenziell destruktiven Denken, wenn auch nur für einen Moment.“

Am Samstag, 7. November, hat die Galerie b2_ zur Eröffnung von „Already Too Late“ von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Michael Hahn wird anwesend sein.

Die Ausstellung wird bis zum 20. Dezember 2020 zu sehen sein.

„Wir empfehlen den Besuch während der Ausstellungsdauer“, betont Galerieleiter Johannes Listewnik. „Wir müssen die Anzahl von gleichzeitigen Besucherinnen in den Galerieräumen auf 16 Personen begrenzen. Wir wollen Euch einen Besuch ermöglichen und sind gleichzeitig bestrebt, die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Es gelten die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln. – Bitte bringt daher für den Besuch eine Alltagsmaske mit. Im Einzelfall können wir Masken auch zur Verfügung stellen. Besuche können gerne per E-Mail (b2@galerie-b2.de) vereinbart werden. Für alle, die im Moment von einem Besuch in der Galerie absehen müssen oder wollen, stellen wir gerne eine umfangreiche Dokumentation der Ausstellung bereit.“

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