Im Rahmen von CLARA19 zeigt das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig unter dem Titel „Frauenliebe & Leben. Clara Schumann zum 200. Geburtstag“ eine das Jubiläumsjahr abschließende Ausstellung, in der die Künstlerin und Persönlichkeit Clara Schumann gewürdigt wird. Gezeigt wird diese kleine, feine Ausstellung im Studio im Böttchergässchen. Das Besondere: Die Besucherinnen und Besucher können selbst zu einem Kurzkonzert am Klavier einladen.
Clara Schumann gilt als erfolgreichste Pianistin des 19. Jahrhunderts und als ein Leipziger Wunderkind. Sie war schon in jungen Jahren ein Star am Klavier. Die Tochter des ehrgeizigen Klavierpädagogen und Instrumentenhändlers Friedrich Wieck verbrachte ihre ersten 25 Lebensjahre, 1819 bis 1844, in Leipzig – und ist die wohl berühmteste Musikerin der Stadt. Immer wieder denkt man bei ihrem Namen auch an ihren Mann Robert und an die Liebe zweier empfindsamer Seelen. Doch zu ihren Lebzeiten strahlte vor allem ihr Stern.
Kurz vor seiner Hochzeit mit Clara Wieck vertonte Robert Schumann 1840 den Gedichtzyklus „Frauenliebe und Leben“ von Adelbert von Chamisso (1830). Der Dichter entwarf in neun Strophendichtungen ein patriarchalisch geprägtes Rollenbild: In der fingierten Ich-Form einer Frau wird deren Weg vom naiven Mädchen über die hoffende Braut, treue Ehefrau und sorgende Mutter bis zur trauernden Witwe nachgezeichnet, deren Fortleben allein dem Gedenken an den verstorbenen Mann dient.
Nichts könnte auf den ersten Blick der Lebenswirklichkeit Clara Schumanns mehr widersprechen als dieses Konzept. Von ihrem Vater Friedrich Wieck hervorragend ausgebildet und zu professioneller Selbstständigkeit erzogen, reifte sie früh zur Starpianistin, Komponistin und geschätzten Lehrerin. Künstlerisch erfolgreicher als ihr Mann, sorgte sie über Jahre für den gemeinsamen Lebensstandard und die mit acht Kindern rasch gewachsene Familie. Von diesem unermüdlichen Tätigsein zwischen Auftritt, Unterricht, Konzertorganisation und Alltagsbewältigung erzählen die Bühnenprogramme, Bilder und Briefzeugnisse dieser Ausstellung.
Und doch – als jugendliche Bewunderin des älteren Schumann, zwischen Berufung, Rücksicht und Mutterschaft zerrissene Ehefrau und später als Witwe und Erbepflegerin eines posthumen Genies, weist ihr Lebensweg bemerkenswerte Parallelen zu Chamissos Zyklus auf. Dem schicksalsgläubigen Verzicht im letzten Gedicht der „Frauenliebe“ – ein Text, den Schumann nicht vertont hatte –, hat Clara jedoch nie nachgegeben. Sie hat dieser Vorstellung ein bis zuletzt erfülltes Arbeitsleben entgegengesetzt.
Als Berufsmusikerin eine Ausnahmeerscheinung, blieb die Beschäftigung mit ihrem Instrument Triebkraft und Konstante ihres Daseins. Claras wahrer Lebenspartner war das Klavier; ihre Schülerinnen und Schüler lehrte sie mehr zu sein als tugendgraue Mauerblümchen.
In den drei Themenbereichen „Das Leipziger Wunderkind“, „Die große Liebe“ und „Frauenleben“ zeigt die Ausstellung, wie und um welchen Preis es Clara Schumann gelang, ihre Pianistinnenkarriere zu verfolgen. Nach ihrer Hochzeit wusste sie ihre künstlerischen Ideale mit großer Leidenschaft und Arbeitsdisziplin sowie Selbstbehauptung und Familiensinn zu verbinden. Sie war damit eine absolute Ausnahme in der männerdominierten Gesellschaft des Biedermeiers.
Konfliktfrei verlief das alles nicht: Liebe, Erschöpfung, Rivalität zwischen den Eheleuten, Schicksalsschläge, Genie und Wahnsinn gehören zum Bild dieses Star-Künstler-Liebespaars der Romantik. Clara Schumanns Lebenselixier war und blieb dabei das Klavier. Es steht im Mittelpunkt der Ausstellung: Ein moderner Flügel, der die Präsenz des Klaviers im Leben Clara Schumanns und die Aura eines Konzertpodiums andeutet – und der auch zum Klingen gebracht werden darf. Flankiert wird er von einem historischen Tafelklavier aus Leipziger Fabrikation. Eine Auswahl von Clara-Schumann-Exponaten aus den Sammlungen des Stadtgeschichtlichen Museums, intime Briefe, Porträts, Dokumente und plastische Bildwerke, sowie eine Film- und Hörstation ergänzen das Arrangement.
Clara Schumann zum 200. Geburtstag: Frauenliebe & Leben, Studioausstellung vom 2. Oktober 2019 bis zum 19. Januar 2020. Eröffnung am 1. Oktober, 18 Uhr im Haus Böttchergäßchen 3.
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