Wir leben im groรen Jubilรคumsjahr fรผr Clara Schumann. Da wundert es nicht, dass auch das Bach-Museum die begnadete Pianistin und Komponistin in eine besondere Ausstellung mit aufnimmt. Zusammen mit zwei anderen Musikerinnen, die zutiefst mit dem Werk von Johann Sebastian Bach verbunden sind: Fanny Hensel, der Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, und Anna Magdalena Bach, der musikalischen Frau an der Seite des Thomaskantors.
In der kleinen neuen Kabinett-Ausstellung vergleicht Kerstin Wiese, Leiterin des Bach-Museums und Kuratorin der Ausstellung, das vielseitige Wirken der Hofsรคngerin Anna Magdalena Bach, geb. Wilcke, sowie der Pianistinnen und Komponistinnen Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, und Clara Schumann, geb. Wieck. Einen Schwerpunkt bildet ihre Beschรคftigung mit der Musik Johann Sebastian Bachs, die fรผr alle drei eine wichtige Inspirationsquelle war. Kostbare Originale und zahlreiche Hรถrstationen laden dazu ein, tief in die Welt der Musikerinnen einzutauchen.
Der 200. Geburtstag von Clara Schumann war dabei ein glรผcklicher Anlass, auf ein Forschungsprojekt von 2003 bis 2012 am Bach-Museum zurรผckzugreifen, in dem genau diese Verbindungen der hochbegabten Frauen zu Bachs Musik grรผndlich untersucht wurden. Dass die Hofsรคngerin Anna Magdalena Bach, geb. Wilcke (1701โ1760), aufs Engste mit dem Schaffen des Thomaskantors verbunden war, ist selbstverstรคndlich, auch wenn รผber ihrem Leben die Tragik liegt, dass es nur allerspรคrlichste Quellen gibt, ein paar Notenabschriften, ein paar Rechnungsbucheintrรคge, ihre Unterschrift.
Aber keine Briefe, schon gar keine Tagebรผcher. Und selbst das Bild, das der Maler und Musiker Cristorofi von ihr gemalt hat, gilt als verschollen. So ist sie auch die Einzige der drei Frauen, die in der Ausstellung ohne Portrรคt vertreten ist. Und das, obwohl sie nicht nur eine ausgebildete Sรคngerin war, sondern auch wรคhrend ihrer Ehe mit Bach immer wieder professionell als Sรคngerin aufgetreten ist.
Fanny Mendelssohn-Hensel, Lobgesang
รber Clara Schumann, geb. Wieck (1819โ1896), die schon als Teenagerin im Gewandhaus zusammen mit Felix Mendelssohn Bartholy musizierte, wissen wir mehr. Aus ihren Ehetagebรผchern mit Robert erfahren wir selbst kleine Details aus dem Alltag der beiden. Und Fanny Hensel, geb. Mendelssohn (1805โ1847), muss nicht nur dieselbe gute Musikausbildung genossen haben wie ihr Bruder Felix, sie war bis zu ihrem frรผhen Tod auch als Musikerin und Komponistin tรคtig.
Die Ausstellung beleuchtet den familiรคren Hintergrund, das gesellschaftliche Umfeld und die wichtigsten Kรผnstlerbeziehungen der drei Musikerinnen und wรผrdigt ihr vielseitiges Wirken als Interpretinnen, Komponistinnen, Konzertorganisatorinnen, Herausgeberinnen und Musikalienhรคndlerinnen. Ihre Beschรคftigung mit der Musik Johann Sebastian Bachs zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung.
Drei Kรผnstlerinnenleben mit Bach
Am 3. Dezember 1721 heiratete die 20-jรคhrige Hofsรคngerin Anna Magdalena Wilcke den verwitweten, 36 Jahre alten Kรถthener Kapellmeister Johann Sebastian Bach. Einige wenige gemeinsame Reisen und Konzertauftritte der Eheleute sind belegt. Das Klavierbรผchlein fรผr Anna Magdalena, das Johann Sebastian 1725 fรผr seine Frau anlegte, ist eines der raren Zeugnisse zur Familiengeschichte. Es enthรคlt Eintrรคge der Eltern und Kinder, vom Hauslehrer und von Gรคsten. Anna Magdalena trug Klavier- und Gesangsstรผcke ein, notierte aber auch ein Hochzeitsgedicht und Generalbassregeln. Sie kopierte zudem zahlreiche Werke Bachs und war nach dem Tod ihres Mannes Vertriebspartnerin fรผr die Druckausgaben von J. S. Bachs Kunst der Fuge und C. P. E. Bachs Lehrwerk Versuch รผber die wahre Art das Clavier zu spielen.
Clara Schumann Piano Trio in G minor
clara schumann klaviertrio op 17
Fannys Hensels Mutter Lea Mendelssohn Bartholdy, selbst eine ausgezeichnete Pianistin, entfachte Fannys Begeisterung fรผr die Musik Johann Sebastian Bachs. Das Wohltemperierte Klavier bildete den Grundpfeiler ihres anspruchsvollen Klavierunterrichts. Kompositionsunterricht erhielt Fanny bei Carl Friedrich Zelter, der eine Schlรผsselrolle in der Berliner Bach-Rezeption spielte. Die tiefe Verehrung fรผr Johann Sebastian Bach teilte Fanny mit ihrem Bruder Felix, der ihr den Spitznamen โCantorโ verlieh. Die Beschรคftigung mit der Musik Bachs inspirierte die Komponistin Fanny Hensel zu Kantaten wie dem Lobgesang. Ihr einziger Sohn erhielt den Rufnamen Sebastian nach ihrem Lieblingskomponisten.
Clara Schumann schรคtzte die Werke Johann Sebastian Bachs ebenfalls und interpretierte sie regelmรครig in ihren Konzerten. Der kรผnstlerische Dialog mit ihrem Ehemann Robert Schumann und das gemeinsame Studium der Musik Johann Sebastian Bachs gaben ihr als Komponistin und Interpretin wichtige Impulse. Die Beschรคftigung mit der Musik des Barockkomponisten mรผndete in Werken wie den Prรคludien und Fugen nach Themen Bachs und Schumanns und dem Klaviertrio in g-Moll op. 17, ihrem umfangreichsten Werk.
Kostbare Originale und viel Musik
Zu sehen sind kostbare Originale wie das bekannte Notenbรผchlein fรผr Anna Magdalena Bach sowie der von Bach inspirierte Lobgesang von Fanny Hensel und Clara Schumanns Fugenstudien รผber Themen von Johann Sebastian Bach. Briefe von Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy und das Ehetagebuch von Clara und Robert Schumann erzรคhlen vom Austausch der Geschwister beziehungsweise Eheleute. Wรคhrend Briefe, Portrรคts und Tagebรผcher tiefe Einblicke in die Persรถnlichkeit und Gedankenwelt von Fanny Hensel und Clara Schumann gewรคhren, ist die Quellenlage zu Anna Magdalena Bach schwieriger.
Informationen รผber sie mรผssen aus amtlichen Dokumenten, Kirchenbรผchern und Notenabschriften herausgefiltert werden. Ausgestellt ist unter anderem ein erst kรผrzlich entdeckter Zahlungsbeleg, durch den bekannt wurde, dass der erwachsene, geistig behinderte Sohn Gottfried Heinrich nach Bachs Tod weiterhin bei seiner Mutter Anna Magdalena lebte.
Zahlreiche Hรถrstationen bringen die Kompositionen, Konzertprogramme sowie Brief- und Tagebuchausschnitte zum Klingen und fรผhren in die Welt der Musikerinnen und ihre Beziehung zu Johann Sebastian Bach ein.
Es lohnt sich also, ganz viel Zeit mitzubringen, sich in die Hรถrstationen zu vertiefen, in dem die Originaldokumente aus dem Leben der drei Frauen lebendig werden samt der (Bach-)Musik, die in ihrem Leben eine Rolle spielte. Und es lohnt sich, die ausgestellten Dokumente genau zu betrachten, die eben auch mit dem kritischen Blick der Kuratorin zeigen, dass das Leben der drei Frauen an der Seite ihrer Mรคnner (und auch Brรผder) durchaus seine komplizierten Seiten hatte, bis hin zu Felixโ Verweigerung, dass Fanny ihre Kompositionen als eigenstรคndiges Werk in Druck gab. Und dabei galt Felix als durchaus aufgeschlossener Zeitgenosse und wusste die Begabung seiner Schwester durchaus zu wรผrdigen.
Die Kabinettaussellung โAnna Magdalena Bach, Fanny Hensel, Clara Schumannโ ist vom 23. August bis zum 19. Januar im Bach-Museum zu sehen.
Der dritte Band Blickkontakte mit Robert Schumann
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