Vom 28. August bis 6. September soll es im Felsenkeller wieder eine eindrucksvolle Ausstellung mit Fotografien von Hanns Weltzel geben. Zwischen 1932 und 1939 fotografierte Hanns Weltzel mitteldeutsche Sinti und Roma in Dessau-Roßlau. Doch auch die diesjährige Ausstellung soll noch ein attraktives Rahmenprogramm bekommen. Dafür sammeln die Veranstalter noch Geld über Visionbakery.
Der in Roßlau lebende Fotojournalist Hanns Weltzel pflegte freundschaftliche Beziehungen zu den Familien, die auf ihren Handelswegen regelmäßig nach Anhalt kamen. 1417 datiert die erste Erwähnung von Sinti in Magdeburg, die Jahrhunderte zuvor ihre Heimat Indien verlassen hatten. Roma kamen zumeist erst im 19. Jahrhundert in den deutschsprachigen Raum.
Hanns Weltzel veröffentlichte bis 1935 Artikel über Sinti und Roma in der Anhaltischen Presse. Zudem stand er mit der „Gypsy Lore Society“, deren Sitz sich in Liverpool befand, in Kontakt und schrieb Artikel für deren Journal. So gelangten erste Fotografien nach Liverpool. Der Bestand von ca. 200 Fotografien befindet sich heute in der Bibliothek der Universität Liverpool. Es handelt sich um einzigartige Fotografien von Männern, Frauen und Kindern, die wenige Jahre nach den Aufnahmen fast alle dem Genozid zum Opfer fielen. Sie zeugen von gegenseitigem Respekt zwischen den Fotografierten und dem Fotografen und unterscheiden sich deutlich von Abbildungen der nationalsozialistischen Propaganda gegen Sinti und Roma.
Wer waren die von Weltzel Fotografierten und was geschah mit ihnen? Diesen Fragen sind Prof. Eve Rosenhaft von der Universität Liverpool und Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau in Archiven nachgegangen. Unterstützung erfuhren sie dabei auch von Nachfahren überlebender mitteldeutscher Sinti, die nach 1945 vor allem in Niedersachsen eine neue Heimat fanden.
Die Ausstellung „,…vergiss die Photos nicht, das ist sehr wichtig …‘ – Die Verfolgung mitteldeutscher Sinti und Roma im Nationalsozialismus“ dokumentiert die Lebens- und Leidenswege der Familien Laubinger, Lauenburger, Thormann, Stein, Steinbach und Ansin. Im Fokus der Veröffentlichungen von Hanns Weltzel hatte vor allem die Familie von Galie und Josef Laubinger, die ab November 1931 in Leipzig gemeldet war, gestanden. Ihre letzte Wohnadresse vor der Deportation nach Auschwitz befand sich in der Leipziger Innenstadt. Auch über Erna Lauenburger, die bekannte Romanfigur Unku, die Hanns Weltzel mehrfach in Dessau-Roßlau ablichtete, berichtet die Ausstellung.
Die Ausstellung wird im Ballsaal des Felsenkellers gezeigt.
Mit der Kampagne auf Visionbakery möchten die Veranstalter ein angemessenes Rahmenprogramm für die Ausstellung realisieren.
Folgende Veranstaltungen sind geplant:
Zur Eröffnung soll die Sinti-Swing-Band Radio Django auftreten.
Gitarrist Janko Lauenberger ist Nachkomme einer der in der Ausstellung betrachteten Sinti-Familien. Die aufregende Band spielt Swing im Stile Django Reinhardts, des bedeutenden Swing- und Jazzgitarristen, der ebenfalls einer Sintofamilie entstammte. Das Konzert wird im kleinen Saal des Felsenkellers, dem Naumanns, stattfinden.
Die Eröffnungsansprache soll durch einen noch zu benennenden Nachkommen der in der Ausstellung beschriebenen Familien stattfinden. Auch hierfür soll die Kampagne einstehen.
Weiterhin soll eine Lesung mit Juliane von Wedemeyer und Janko Lauenberger, den beiden Autoren des Buchen „Ede und Unku – die wahre Geschichte“ stattfinden. „Ede und Unku“ war eines der bekanntesten Kinderbücher der DDR, Titelfigur Unku war lange in Rosslau wohnhaft und ist ebenfalls Teil der Ausstellung.
Zuletzt soll im Rahmen der Ausstellung eine Veranstaltung mit Nachkommen aus Leipzig bzw. Schkeuditz stammender Sinti stattfinden. Das Zeitzeugengespräch wird von der Ausstellungsmacherin Jana Müller moderiert werden.
Abschluss bildet die Vorführung des Films „Was mit Unku geschah“, ebenfalls von Jana Müller produziert.
Das berührende Schicksal mitteldeutscher Sinti und Roma in den Fotos von Hanns Weltzel
Das berührende Schicksal mitteldeutscher Sinti und Roma in den Fotos von Hanns Weltzel
Keine Kommentare bisher
Solche Bilder zu sehen und zu wissen, dass diese Menschen etwas später ermordet wurden, macht erst traurig und dann wütend. Oder alles gleichzeitig, es ist so irreal, dass mans gar nicht beschreiben kann. Der einzig greifbare Gedanke ist “nie wieder!”.