Michael Billig ist nicht der Einzige, der sich über den rücksichtlosen Umgang mit Müll und Abfällen in Sachsen ärgert. Im Landtag fragen regelmäßig auch die Grünen nach. Aber auch sie merken immer wieder, dass bei diesem Thema von Transparenz keine Rede sein kann. Billig hat sich deshalb als freier Journalist auf das Thema spezialisiert, betreibt extra eine Website zum Thema und stellt nun in Weimar auch öffentlich Fotos, Zeichnungen und Dokumente zum Thema aus.

Da wird es natürlich mehr zu sehen geben, als Michael Billig bislang in der „Leipziger Zeitung“ und auf L-iz.de berichtet hat. Das Problem betrifft nicht nur den Freistaat Sachsen. Überall im Osten haben clevere Unternehmer das Geschäft mit dem Müll für sich entdeckt, Müll, für dessen sachgemäße Entsorgung die Bürger zwar ordentlich Geld bezahlen. Aber was passiert, wenn man Zeug eben nicht teuer trennt, recycelt, verbrennt oder richtig demontiert? Wenn man es einfach irgendwo in die Landschaft kippt?

Seit Anfang 2015 recherchiert Billig zum Thema illegale Deponien in Deutschland. „Ja, so etwas gibt es auch bei uns und nicht nur in Italien“, schreibt er. Allein im Bundesland Brandenburg hat er rund 150 Fälle dokumentiert und mehr als 30 schwarze Halden mit eigenen Augen gesehen. Halden, von denen die politisch Verantwortlichen vor Ort meist gar nichts mitbekommen haben wollen.

Das Problem der organisierten illegalen Entsorgung beschränkt sich – Billig zufolge – „nicht auf diese Region. Das Netz der Müll-Mafia spannt sich über die ganze Bundesrepublik. Unzählige Unternehmen sind darin verstrickt. Die Gewinnmargen sind laut Polizei höher als beim Drogenhandel.“

Und Sachsen?

Gute Frage. Schon der Umgang mit den italienischen Müllimporten oder dem gerichtsträchtigen Fall S.D.R. Biotec (über den Billig auch berichtet) hat ja gezeigt, wie wenig Sachsens Kontrollbehörden tatsächlich kontrolliert haben – oder auch kontrollieren wollten. Denn in der Regel dauerte es Jahre, bis die Fälle überhaupt vor Gericht landeten.

Entsprechend ausweichend klingt dann auch die Antwort von Sachsens Agrarminister Thomas Schmidt auf die Anfrage des Grünen-Abgeordneten Volkmar Zschocke aus dem Mai.

Zschocke hatte seine Frage schon so gestellt, dass der Minister eigentlich alle Erkenntnisse hätte aufblättern müssen.

Aber die Antwort war dann mehr als ausweichend: „Es ist eine dem Deponierecht unterliegende unzulässige Abfallablagerung bekannt. In der Anlage sind die Abfallablagerungen aufgeführt, bei denen Verstöße gegen das Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) aktuell bekannt sind. Aktuell bestehen an zwei unter Bergaufsicht stehenden Standorten Abfallablagerungen, die einen erheblichen Verstoß gegen die bergrechtlichen Zulassungen der Verfüllung darstellen.“

Die Liste der Verstöße umfasst dann 24 Posten. Und sie war immer noch nicht vollständig, was dann Michael Billig mit entsprechenden eigenen Erkenntnissen belegte.

Im Juli fragte Zschocke also noch einmal nach.

„Aus welchen Gründen werden in der Antwort auf die o. g. Anfrage die Klärschlammablagerungen der ehemaligen Kompostierungsanlage der insolventen Firma URD in Buchheim bei Leipzig und die Aufhaldungen mehrerer tausend Tonnen Müll des Unternehmens ‚ökoland & Umweltservice‘ auf einem alten Fabrikgelände in Lobstädt nicht aufgeführt?“

Ein Versehen? Ach nein, die waren halt nur in einer anderen Kategorie gelandet. Wenn Abgeordnete nicht gerade über ein Handbuch bürokratischer Kategorien und Sonderposten verfügen, werden sie augenscheinlich eifrigst an der Nase herumgeführt. Mit transparentem Verwaltungshandeln hat das nichts zu tun.

Agrarminister Schmidt: „Bei beiden illegalen Abfallablagerungen erfolgte das Verwaltungshandeln aufgrund von Verstößen gegen Regelungen des Abfallrechts und nicht wegen Verstößen gegen Regelungen der in Frage 1 der Drucksache 61 1 31 33 nachgefragten Rechtsbereiche Bundesimmissionsschutzgesetz, Deponierecht und Bergrecht.“

In Weimar in der Galerie Markt 21 kann man nun sehen, wie die Folgen eines solchen Verwaltungshandelns in der Realität aussehen. Denn die Feststellung von Verstößen ist das eine – aber wenn es um die Bestrafung der Missetäter geht oder gar die Beseitigung dieser Mülldeponien, mahlen die Mühlen noch langsamer.

Der Weimarer Zeichner Mathias Seifert hat Michael Billig einen Tag lang begleitet und seine Erkundungen illegaler Abfalllager gezeichnet. Das sind die Zeichnungen, die in der Ausstellung zu sehen sind.

Eröffnet wird die Ausstellung „Der deutsche Müllrausch – Recherchen im Dreck“ am Freitag, 24. August, ab 21 Uhr in der Galerie Markt 21 in Weimar. Gezeigt wird sie bis zum 19. September.

Nach Veröffentlichungen zum neuen Müll-Skandal stellt Volkmar Zschocke eine neue Nachfrage an Sachsens Regierung

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