Am Samstag, 17. September, dürfen interessierte Leipziger durchaus ins Grübeln kommen: Wohin geht man, wenn man sich nicht zerteilen kann? Oder schafft man all das, was da passiert, irgendwie auch hintereinander? Erst die große Demo gegen TTIP und CETA ab Mittag vom Leuschnerplatz aus – und danach in die Galerie? Denn am Samstag, 17. September, beginnt auch wieder der große Spinnerei- und Herbst-Rundgang.

15 Galerien laden allein auf dem Gelände der Alten Baumwollspinnerei in Lindenau ein zum Besuch. Aber auch aus anderen Stadtteilen melden sich Galerien zu Wort, die Spannendes zu bieten haben.

Alle kann man hier nicht beschreiben. Deswegen gibt es ein paar Tipps für all jene, die am 17. oder 19. September Lust auf interessante Kunst haben. Denn es wird auch wieder politisch und hochaktuell. Wenn Politiker über ihre seltsamen Befindlichkeiten lamentieren, ist es Sache der Künstler, sich um die eigentlichen Probleme in der Welt zu kümmern. Mit klugen Ideen und spannender Umsetzung.

Tipp 1: Terra Mediterranea: In Action – Über den flüssigen Kontinent

Am 17. September eröffnet das Kunstzentrum HALLE 14 auf der Leipziger Baumwollspinnerei in Kooperation mit dem zypriotischen Kunstzentrum NiMAC – Nicosia Municipal Arts Centre die Ausstellung „Terra Mediterranea: In Action“. Das Mittelmeer und seine Küsten bilden einen „flüssigen“ Kontinent, der seit alters her durch den Austausch von Menschen, Waren und Wissen geprägt ist. Vom Westen als rückschrittlich und korrupt herabgestuft, ist er durch den Arabischen Frühling sowie Bürgerkriege, Banken- und Staatskrisen in den Fokus politischen Weltgeschehens gerückt. Aus dem Blickwinkel der Kunst schaut die Ausstellung in dieser turbulenten Phase mit über 20 kritischen wie poetischen künstlerischen Haltungen, unter anderem aus Griechenland, Israel, Ägypten und Zypern auf die „Terra Mediterranea“ und sucht statt nach den trennenden und nach den verbindenden Momenten.

Seit mehr als fünf Jahren geht das Gespenst der Krise in Europa um. Es begann als Bankenkrise, wuchs sich zu einer Staatsschuldenkrise aus und verursachte Wirtschafts- und Regierungskrisen – nicht nur in Griechenland, Zypern, Italien und Spanien. Der innere Zusammenhalt der Europäischen Union erodiert zusehends. Die Bürgerkriegsregionen jenseits der Festungswälle der EU sind mit der Flüchtlingskrise nicht nur Prüfstein für die Europäische Idee und die Innenpolitik jeden Landes geworden: neue Grenzanlagen entstehen quer durch Europa. Rechte, populistische und anti-politische Bewegungen haben Auftrieb.

Das Konstrukt „Terra Mediterranea“, umfasst den geografischen Raum von Südeuropa, Vorderasien und Nordafrika und ist seit alters her durch den Transfer von Menschen, Kulturen und Ideen geprägt. Lange Zeit vom Westen als orientalischer Hort von Korruption und Rückwärtsgewandtheit herabgestuft, ist sie unweigerlich in den Fokus politischen Weltgeschehens gerückt. Vielleicht ist gerade das Verbindende der Ausweg aus den Krisen, eine Mittelmeerunion als Ergänzung der EU, die die Entkolonialisierung vollendet und der Jugend einen Ausweg aus Stagnation, Armut, Autoritarismus und Gewalt bietet?

Die Ausstellung setzt auf das Potential der Kunst als geistige Mittlerin und Überwinderin kultureller Zeichensysteme. Eine Vielzahl von Künstlern aus der Mittelmeerregion präsentieren Werke, die – aus politischen, kritischen und poetischen Haltungen heraus – auf diese historische wie turbulente Phase blicken.  Mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm präsentiert die HALLE 14 die Ausstellung vom 17. September bis zum 20. November 2016.

„Terra Mediterranea: In Action“, Ausstellung über einen flüssigen Kontinent, 17. September bis 20. November 2016 in Halle 14.

Eröffnung: Samstag, 17. September 2016, 15 Uhr.

Tipp 2: Steffen Junghans „It’s me“

Steffen Junghans: It's me.
Steffen Junghans: It’s me.

Die maerzgalerie Leipzig hat sich umbenannt und lädt jetzt als Galerie „REITER“ zur Eröffnung der Solo-Schau mit Fotografie von Steffen Junghans „It’s me“.

Ein Motiv. 26 Varianten. Alles Unikate. Großformatig und in monolithischer Manier zeigt Junghans ausgewählte Exemplare des digitalen Appendix’ unseres Bewusstseins – es ist das Smartphone.

Er blickt weit voraus und widmet ihm einen fiktiven Nachruf. Dafür findet Junghans ein drastisches wie poetisches Bild. Präsentiert sind die ausgewählten Werke wie in einer Rotunde, als zirkulierendes Karussell oder gleich einem Tribunal, in dem der Betrachter umstellt ist von stummen Zeugen seiner Lebensspuren. Gleichzeitig lädt die Schau ein, die Motive abzuschreiten wie eine museale Porträtgalerie, die erst beim genauen Betrachten und Vergleichen signifikante Unterschiede erkennen lassen.

Steffen Junghans „It’s me“, 17. September bis 17. Dezember 2016, Eröffnung zum Spinnereirundgang 17. & 18. September 2016, Samstag, 17.09. von 11 – 20 Uhr, Sonntag, 18. 9. 11 – 17 Uhr.

Tipp 3: Hinter den Pfaden

Schon am Freitag, 16. September, um 19 Uhr eröffnet die Galerie Hoch & Partner, Galerie für Holzschnitt und Hochdruck, in der Lützner Strasse 85 die Ausstellung „Hinter den Pfaden“ mit Holz- und Linolschnitten von Gabriele Sperlich.

Ausstellungsdauer: 17. September bis 29. Oktober 2016. Sonderöffnungszeiten zum Rundgang: Sonnabend, 17. September 11 bis 19 Uhr, Sonntag, 18. September 11 bis 17 Uhr

Tipp 4: Triegel, Rink und Tübke

Werner Tübke: Studentin. Foto: Galerie Schwind
Werner Tübke: Studentin. Foto: Galerie Schwind

Anlässlich des großen Herbstrundgangs der Leipziger Galerien präsentiert die Galerie Schwind in Gohlis (Springerstraße 5) ab dem 17. September neue oder bisher noch nicht gezeigte Arbeiten ihrer Galeriekünstler. Unter den ausgestellten Arbeiten ist beispielsweise das neue Gemälde „orbis pictus“ von Michael Triegel. Das für ein Stillleben großformatige Bild zeigt vertrautes Triegelsches Bildinventar wie in einer kleinen Wunderkammer angeordnet. Einzelne Kisten beherbergen so eine segnende Madonna, eine alte Ideal Schreibmaschine, ein Blumenstillleben sowie zwei Schafsköpfe, und in der linken unteren Bildecke ein Arrangement aus Nüssen, einem Papierflieger, eine Mohnblüte und einem gemalten Foto von Zurbarans „Lamm Gottes“. Triegels Bildsymbole verknüpfen sich beim Betrachter zu immer neuen Zusammenhängen. Vieles bleibt rätselhaft und unerklärbar.

Des Weiteren ist das Musikstillleben von Arno Rink zu sehen, welches ein bekanntes Motiv des Künstlers in einer Variation aufnimmt. Eine andere Fassung des Stilllebens befindet sich im Leipziger Gewandhaus. Das Bild zeigt in einer weiten Landschaft einen für den Künstler charakteristischen Rückenakt sowie ein Stillleben bestehend aus Hummer, Brotkorb, verschiedenen Musikinstrumenten und Notenpapier. Im rechten Bildrand ist die verschwommene Silhouette eines Musikers zu sehen. Das Bild wurde bisher noch nicht öffentlich gezeigt.

Ein weiteres Ausstellungsstück ist ein ganz frühes Gemälde von Werner Tübke. „Die Studentin“ zeigt eine intime Interieurszene. Die strickende Frau ist die erste Ehefrau des Künstlers, die mit der ersten Tochter Werner Tübkes schwanger ist. Die Ausstellung wird ergänzt durch neue Gemälde von Gero Künzel und Shinji Himeno.

Eröffnung am Samstag, 17. September, von 10-18 Uhr Ausstellungsdauer: 17.09. – 29.10.2016

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