Am Donnerstag, 3. März, hat das Buch-Museum die erste kleine Ausstellung zum Leipziger Reger-Jahr eröffnet. Max Reger hat ja Pech: Er steht in Leipzig immer im Schatten der Giganten. Auch des Giganten Bach. Er hat zwar die Musik seiner Zeit kräftig aufgemischt, war deutlich moderner als Wagner. Aber er passte nie so recht in den aktuellen Mainstream, auch wenn Musiker sich für ihn begeisterten. Nun zeigt die kleine Ausstellung, wie nah er seinem Vorbild Bach war.
Bach und Reger stehen gleichermaßen im Mittelpunkt der Kabinettausstellung, die das Bach-Museum Leipzig anlässlich des 100. Todestages von Max Reger gemeinsam mit dem Max-Reger-Institut Karlsruhe veranstaltet. Am Donnerstag, 3. März, wurde sie eröffnet. Bis zum 23. Oktober 2016 werden am Leipziger Thomaskirchhof kostbare Autographen, Drucke, Briefe, Konzertprogramme und Fotografien aus der Sammlung des Max-Reger-Instituts gezeigt. Die Ausstellung wird gefördert vom Packard Humanities Institute, Los Altos, Kalifornien.
Max Reger setzte sich zeit seines Lebens intensiv mit dem Schaffen Johann Sebastian Bachs auseinander. In jungen Jahren war er ihm ein Lehrer, dessen Handwerks- und Ausdruckskunst er sich durch Bearbeitungen Bachscher Werke erschloss. In späteren kämpferischen Zeiten diente er ihm zur Rechtfertigung eigener kompositorischer Kühnheiten.
Ach ja: Dann ist da ja noch der heftige Streit zwischen Klassik und Moderne. Unvereinbar schien das um 1900, als sich selbst das aufgeregte Publikum in Parteien formierten: Musik als Schlachtfeld der inszenierten Welthaltung. Wagner? Natürlich Wagner und seine Jünger.
Oder wie es das Bach-Museum selbst formuliert in Bezug auf Regers Wirken weit über seine Lehrtätigkeit in Leipzig am Konservatorium hinaus: „Die Überzeugung, dass Johann Sebastian Bach ein Heilmittel gegen die bedrohlichen Verfallserscheinungen zeitgenössischer Musik sei, teilte Max Reger um 1900 mit vielen Zeitgenossen. Besonders die Überfrachtung damaliger Weltanschauungs- und Monumentalmusik stand in der Kritik. Die Intensität seiner Bach-Verehrung übertraf jedoch die der meisten Zeitgenossen: Denn Reger räumte Bach in kompositionstechnischer wie in geistiger Beziehung die Rolle eines Mentors ein, von dem er nicht nur die Beherrschung der tradierten Technik, sondern auch Anstöße zu neuen Wegen erwartete.“
Die Schlacht tobt heute noch, auch wenn zumindest in Leipzig einer längst allein ganz oben steht: der absolute Meister Bach. Auch weil er das Publikum nicht mit Wucht erschlagen wollte, sondern überzeugen mit dem richtigen Ton. Wohltemperiert. Das war manchem Barrikadenstürmer im 19. Jahrhundert zu temperiert (und ist es manchem Überzeugungstäter bis heute). Reger scheint da der richtige Mann mit dem richtigen Jubiläum zu sein, der jetzt neu zu entdecken ist.
Als anerkannter Leipziger Professor, der sich in Konzerten und berühmten Analysestunden immer neu der Tradition widmete, formulierte Max Reger die Überzeugung, „daß ein wahrer Fortschritt nur kommen und erwartet werden darf aufgrund der genauesten und liebevollsten Kenntnis der Werke derer ‚von gestern‘“. Das behagt nicht jedem, dieses Gefühl, auf den breiten Schultern längst Verstorbener zu stehen. Der Geniekult der Romantiker hat so manchen Flurschaden angerichtet.
Auch in der Sicherheit des Publikums: Darf man seinen Sinnen noch trauen und versteht man es nur falsch?
Aber den aus sich selbst alleinschöpfenden Geist gibt es nicht. Das Neue lebt immer aus dem Verstehen des Vorhandenen.
Diese „liebevollste Kenntnis“ muss auch seinen nicht historisierenden und doch respektvollen Aufführungsstil geprägt haben, der die Hörer begeisterte und sich in den letzten Lebensjahren in zahlreichen Ausgaben Bachscher Werke niederschlug.
Auf eine Umfrage der Zeitschrift Die Musik, 5. Jg. (1905/06) – „Was ist mir Johann Sebastian Bach und was bedeutet er für unsere Zeit?“- an der sich Komponisten und Interpreten, Gelehrte, Dichter und bildende Künstler beteiligten, antwortete Max Reger mit einem Bekenntnis: „Sebastian Bach ist für mich Anfang und Ende aller Musik; auf ihm ruht und fußt j e d e r w a h r e Fortschritt!“
Dass „Bach so lange verkannt“ worden sei, betrachtete er als „die größte Blamage für die ‚kritische Weisheit‘ des 18. und 19. Jahrhunderts.“
Aus Anlass des 100. Todestages von Max Reger zeigt das Bach-Museum Leipzig bis zum 23. Oktober 2016 im Rahmen der Kabinettausstellung „Alles, alles verdanke ich Joh. Seb. Bach! – Bach und Reger“ kostbare Autographen, Drucke, Briefe, Konzertprogramme und Fotografien aus der Sammlung des Max-Reger-Instituts Karlsruhe, die allesamt Regers tiefe Verehrung für den großen Thomaskantor spiegeln. Die Ausstellung lädt dazu ein, die Bedeutung Bachs für den Komponisten, Interpreten, Dirigenten und Herausgeber Max Reger direkt am Leipziger Thomaskirchhof, dem Wirkungsort Johann Sebastian Bachs, zu entdecken.
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