Ab dem 3. November wird in der Hochschulbibliothek der HTWK ein Stück Leipziger Verlagsgeschichte gezeigt. Zusammen mit dem gemeinnützigen Verein „Literarisches Museum“ zeigt die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) dort die Ausstellung „Reclams Kosmos. Zeugnisse eines universalen Programms (Zweiter Teil: Zeitraum von 1945 bis 2006 in Leipzig)“.

Die Ausstellung wird am 3. November 18 Uhr im Foyer der Hochschulbibliothek, Gustav-Freytag-Straße 40, mit einer Führung eröffnet. Zu sehen ist sie bis zum 23. Dezember während der Öffnungszeiten.

Im ersten Teil der Ausstellung waren Reclams Universal-Bibliothek von der Gründung 1867 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs sowie die Vorgeschichte des Reclam-Verlags seit dessen Gründung 1828 vorgestellt worden. Der zweite Teil gibt nunmehr einen Überblick über „Reclams Universal-Bibliothek“ in Leipzig von 1945 bis 1990/91 und über die Nachfolgereihe „Reclam-Bibliothek Leipzig“ von der Wendezeit bis zur Schließung des Leipziger Hauses im Jahr 2006. Vorgestellt werden sowohl die inhaltliche Vielfalt der beiden Reihen als auch die Veränderung der Buchgestaltung über die Jahrzehnte.

„Reclams Universal-Bibliothek stand in Leipzig im Spannungsfeld zwischen ihrem Anspruch als sozialistische Taschenbuchreihe und ihrem subversiven Wirken unter den kulturpolitischen Bedingungen der DDR“, erklärt dazu PD Dr. habil. Hans-Jochen Marquardt. Der Germanist aus Halle zeigt Exponate aus seiner über fünf Jahrzehnte hinweg aufgebauten Reclam-Sammlung. Marquardt ist Vorsitzender des Vereins „Literarisches Museum“, der durch Ausstellungen, Lesungen und den Aufbau einer Präsenzbibliothek das Andenken an Anton Philipp Reclam und dessen in Leipzig gegründeten Verlag lebendig erhalten möchte.

Der zweite Teil ist natürlich genauso spannend wie der erste, denn er dokumentiert jene Phase, als der Leipziger Verlag ab 1946 einen eigenen Weg ging, während die Familie Reclam ab 1948 in Stuttgart ein neues Stammhaus errichtete. Über 40 Jahre existierten quasi zwei Reclam-Verlage in Konkurrenz zueinander. Das ist eine eigene Geschichte. Denn die Arbeit des ostdeutschen Reclam Verlages wurde gerade für das Lesepublikum der DDR eine eigene Größe, denn hier bekamen sie Lesefutter und Weltliteratur, die es in anderen Verlagen des Landes so nicht gab.

Buchgestaltungen 1945 bis 2006. Foto: Hans-Jochen Marquardt
Buchgestaltungen 1945 bis 2006. Foto: Hans-Jochen Marquardt

Prägend dafür wurde über lange Jahre der Cheflektor und spätere Verlagsleiter Hans Marquardt. So wurde auch sein Sohn Hans-Jochen Marquardt vom Reclam-Fieber angesteckt, wie er selbst berichtet: “Oft wurde ich gefragt, warum ich ausgerechnet zwischen den Fingern zerbröselnde alte Reclam-Hefte sammle und nicht zum Beispiel die schönen Insel-Bücher. Natürlich habe ich nichts gegen die wunderbare Insel-Bibliothek, doch das Thema Reclam war schon in meiner Kindheit präsent. Zum einen verdanke ich meine ersten Leseerlebnisse unter anderem vergilbten und brüchigen Heften aus Reclams Universal-Bibliothek. Zum anderen war mein Vater Hans Marquardt von 1953 bis 1961 Cheflektor und von 1961 bis 1987 Leiter des Verlags Philipp Reclam jun. Leipzig.”

2010 gründete er in Leipzig den Verein Literarisches Museum e. V., der die Erinnerung an das Reclam-Erbe in Leipzig und in der Region lebendig erhalten möchte. “Meine Sammlung soll dereinst einer gemeinnützigen Einrichtung mit Sitz in Leipzig als Geschenk übereignet werden”, betont Marquardt.

Während in Stuttgart ab 1948 an die alte Tradition von Reclam angeknüpft wurde, bekamen die Leipziger Reclam-Bände im Lauf der Zeit ein eigenes Design und Format. Nach 1990 kam es auch beim Reclam zur Wiedervereinigung. In neuer Ausstattung erschien ab 1993 auch die neue Reihe “Reclam Bibliothek Leipzig” in der deutlich verkleinerten Dependance in Leipzig. Doch 2005 wurde die Dependance endgültig geschlossen.

Die Ausstellung in der Hochschulbibliothek der HTWK Leipzig in der Gustav-Freytag-Straße wird am Dienstag, 3. November, um 18 Uhr eröffnet.

Führungen gibt es am Montag, 9. November, um 14:30 Uhr und am Mittwoch, 2. Dezember, um 18 Uhr.

Öffnungszeiten der Hochschulbibliothek: Montags bis freitags von 9 bis 20 Uhr und samstags von 9 bis 16 Uhr.

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