Laut war er noch nie. Auch als Stadtrat in der Grünen-Fraktion nicht: Roland Quester. Aber selbst wenn er nie laut wurde, war sein Insistieren für ökologische Themen im Stadtrat stets unüberhörbar. Er hat ja bekanntlich die Seite gewechselt und arbeitet derzeit als Referent im Planungsdezernat. Dafür sieht man ihn öfter mit Kamera unterwegs. Denn in dem Burschen steckt auch ein gar nicht so heimlicher Fotograf.

Das kann man ab Freitag, 2. Oktober, mit eigenen Augen sehen. Dann wird im freiraum Leipzig seine Foto-Ausstellung “Aus dem Zusammenhang” eröffnet. Die Vernissage beginnt um 18:00 Uhr im freiraum Leipzig in der Härtelstraße 27.

Eine Ausstellung, auf die sich auch Jörg Müller vom Ideenquartier, das den freiraum betreibt, freut: “Gezeigt werden Fotografien des Leipzigers Roland Quester, der seit vielen Jahren Ansichten, Augenblicke und Alltägliches in Leipzig auf seinen Wegen durch die Stadt festhält.”

„Die Frage nach der Ernsthaftigkeit meines Fotografierens ist keine Frage mehr, das Fotografieren ist für mich eindeutig eine Freizeitbeschäftigung und die Lust, in Bildern zu reden oder vielleicht vielmehr: visuelle Gedanken festzuhalten.“ So beschreibt Roland Quester die Intention seines fotografischen Wirkens.

Dem Betrachter eröffnen die Fotografien immer wieder neue Entdeckungen der Stadt Leipzig und von an sich bekannten Orten und Gegebenheiten. Darunter finden sich in Hinterhöfen verborgene Skurrilitäten des Alltages, im täglichen Bewegungsradius nie wahrgenommene Kunstwerke an Fassaden und Begegnungen, die erst durch den bewussten Blick und das fotografische Festhalten zum Besonderen werden.

Roland Quester ein Künstler? Oder doch eher einer, der noch die Augen offen hält und im scheinbar Alltäglichen das Besondere sieht?

Eigentlich ist der 1965 geborene Roland Quester gelernter Möbeltischler, Umweltberater und Freizeitfotograf. Er arbeitete zu DDR-Zeiten als Möbeltischler, Model für Studenten der HGB und – offiziell „ohne Beschäftigungsverhältnis“ – als Sekretär der oppositionellen AG Umweltschutz beim Jugendpfarramt. Nach der “Wende” leitete er die Leipziger Umweltbibliothek des Ökolöwen und war fast zwei Jahrzehnte zusätzlich als parteiloser Stadtrat für Bündnis90/Die Grünen engagiert. Seit nunmehr fast zwei Jahren ist er persönlicher Referent der Leipziger Baubürgermeisterin.

Manchmal braucht man solche neuen Etappen, um auch mal für all das Zeit zu haben, was man sonst in Doppelt- und Dreifachbelastungen nicht geschafft hat. Wie zum Beispiel die Auswahl einer solchen Foto-Ausstellung. Denn auch für den besonderen Moment braucht man Zeit – und die nötige Ruhe, die Dinge regelrecht “aus dem Zusammenhang” zu nehmen, für sich stehen zu lassen und damit auch zu zeigen, wie viel uns einfach nicht auffällt, weil es “im Zusammenhang” einfach untergeht.

Es wirkt fast wie ein Kommentar zur Zeit, da Leute und Meinungen die Medien beherrschen, die tagtäglich alles und jedes in einem großen bunten Brei verrühren, verabsolutieren und verallgemeinern. Da geht das Besondere, Persönliche und Unverwechselbare einfach unter. Alles wird gleich und beliebig.

So gesehen also auch ein kleines Kontra direkt aus dem Baudezernat: Nichts ist beliebig. Und das Ernst- und Wahrnehmen beginnt nun einmal damit, dass man stehen bleibt, genau hinschaut und einen Blick entwickelt für das Einzigartige.

Vielleicht – aber das ist jetzt wirklich nur ein vielleicht – lernt man so auch wieder ein wenig zu differenzieren und mit den schönen Unterschieden freundlicher umzugehen.

In der Ausstellung „Aus dem Zusammenhang“ sind vom 5. Oktober bis 13. November eine Auswahl von Fotografien zu sehen, die in den letzten fünf Jahren in Leipzig entstanden sind.

Zur Ausstellungseröffnung am Freitag, 2. Oktober, ab 18 Uhr ist natürlich auch der Fotograf anwesend.

freiraum-Öffnungszeiten: Mo – Fr, 14 – 18 Uhr

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar