Kann man aus Geschichte(n) lernen? Die Stiftung Friedliche Revolution und die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig meinen Ja und präsentieren - 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution - vom 4. September bis 12. Oktober auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz in Leipzig einen "Herbstsalon".
In dem von Studierenden der Hochschule konzipierten Pavillon werden fast sechs Wochen lang Dokumentar- und Spielfilme über und aus der DDR gezeigt, die den Bogen von der Zeitgeschichte bis zur Gegenwart spannen.
Vorgesehen ist ein umfangreiches Filmangebot, das sich täglich als offenes Kino zwischen 10 und 22 Uhr präsentiert und durch Vorträge, Diskussionen, Zeitzeugengespräche und Workshops ergänzt wird. Die Palette der Themen reicht vom Alltag in der DDR bis zur ostdeutschen Opposition und vom Friedens- und Umwelt-Engagement kleiner Basisgruppen bis zu den Großdemonstrationen im Herbst 1989.
Die Stiftung Friedliche Revolution, die sich in besonderer Weise den Werten des friedlichen Umbruchs von 1989 in der DDR verpflichtet fühlt, will mit diesem Projekt nicht nur den Blick in die Vergangenheit schärfen, sondern ebenso – besonders unter jungen Menschen – für Charakter und Gefahren totalitärer Systeme sensibilisieren. So soll die Auseinandersetzung mit diesen Themen motivieren, für Freiheit und Demokratie heute einzutreten.
Das Medienzentrum “Herbstsalon” wird sich über einige Wochen, angeregt durch die Auseinandersetzungen mit historischen Zeitzeugnissen, zu einem Raum des generationsübergreifenden Austauschs zu Themen der Geschichte, Gegenwart und Zukunft entwickeln. Der Name “Herbstsalon 2014 Leipzig” führt zurück auf eine von kritischen Künstlern 1984 organisierte Ausstellung im Leipziger Messehaus am Markt. Die Stiftung will mit dem Projekt den Mut derer würdigen, die sich an der damaligen Ausstellung beteiligt haben.
Unter Einbeziehung der Fakultäten Architektur/Sozialwissenschaften und Medien der HTWK, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig, entsteht – von Studenten entwickelt – ein Veranstaltungsraum für bis zu 80 Personen. Für ihn wird eine offene, niedrigschwellige, optisch einladende Gestaltung angestrebt.
Als Ort für die Präsentation des “Herbstsalon” bietet sich wie kein zweiter die gegenwärtige Brachfläche des Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platzes an. Dieser in der Stadtgeschichte als ehemaliger Königsplatz verankerte Stadtraum, der demnächst das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal tragen soll, erfährt durch das temporäre Medienzentrum gleichsam eine öffentlichkeitsträchtige Hinführung zu seiner zukünftigen Rolle als stadtgeschichtlicher Bedeutungsträger.
Der “Pavillon” ist sowohl als ein Funktionsraum, aber auch als öffentlichkeitswirksame Installation gedacht. Ausgehend von der Erfüllung der Anforderungen an einen multifunktional nutzbaren, temporären Präsentationsraum wird die Betonung im Innenraum auf einer konzentrierten Atmosphäre liegen, die die Programminhalte unterstützt.Der “Herbstsalon” soll von interessierten Besuchern ebenso genutzt werden können wie von beiläufigen Betrachtern. Im weitesten Sinne ist der Charakter eines Off-Kinos denkbar. Neben der Aufführung von Filmdokumenten in ihrer vielfältigen Form soll der Raum auch Möglichkeiten bieten, die Begegnung von kleineren Gruppen, z.B. Schulklassen, mit Zeitzeugen oder Protagonisten der Filme zu fördern und über Eindrücke und Meinungen zu diskutieren. Damit soll der Pavillon auch zu einem Ort werden, der dem Stiftungsmotto entsprechend zum “weiter gehen” einlädt.
Das Filmmaterial setzt sich zusammen aus in der ehemaligen DDR entstandenen, kritischen Spielfilmen sowie Dokumentationen und Berichten, die u.a. für westdeutsche Medien gedreht wurden, aber auch Spielfilmen, Mitschnitten, Dokumentation und anderen Filmbeiträgen, die während der historischen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit entstanden sind. Die Auswahl soll historische Entwicklungen widerspiegeln, zugleich aber so angelegt sein, dass generationsübergreifende Diskurse zu Themen von Demokratie und Freiheit angeregt werden.
Das Programm bietet die Chance, die wichtigsten Zentren der Friedlichen Revolution in den Blick zu rücken. Mit Filmmaterial von Dokumentationen und Zeitzeugeninterviews z.B. aus Berlin, Dresden, Halle, Leipzig, Magdeburg, Potsdam und Rostock können die Entwicklungen des Frühherbstes bis zum 8.10.1989 verdeutlicht werden, wobei auch das Wachsen einer flächenweiten emanzipatorischen Bewegung aus dem vormundschaftlichen Staat der DDR sichtbar werden soll.
Der 9. Oktober 1989 in Leipzig als Wendepunkt nach den gewaltvollen Auseinandersetzungen in Dresden, Plauen, Berlin oder Halle in den Tagen um das 40. Gründungsjubiläum der DDR am 7. Oktober 1989 wird genauso zur Sprache kommen wie die friedlichen Massenproteste in den Wochen danach. Weitere Themen sind die Entwicklungen bis zur ersten freien Wahl im März 1990 als Meilensteine auf den Weg zur deutschen Wiedervereinigung sowie die Freiheitsbewegungen in den anderen osteuropäischen Ländern. Einen Brückenschlag in die Gegenwart bildet das Thema Ukraine 2014. Darauf beziehen sich eine Open-Air-Fotoausstellung sowie ein Konzert und ein Podiumsgespräch am 9. Oktober 2014, die das Programm europäisch öffnen.
Keine Kommentare bisher