Bereits zum 20. Mal veranstaltet der Leipziger Psychiatrieverein Durchblick e.V. vom 2. bis 17. Oktober das Festival "kunst : verrueckt". Thema des Festivals sind die vielfältigen Beziehungen zwischen Psychiatrie und Kunst bzw. Kreativität und Verrücktheit. Das Festivalprogramm mit 12 Veranstaltungen versucht sich diesem Thema auf sehr unterschiedliche Weise zu nähern.
Es finden Lesungen, Filmaufführungen, Ausstellungen und Vorträge statt. Auch das Spektrum der Beteiligten ist breit: präsentiert werden professionelle Künstler, die sich in ihrer Arbeit mit der Thematik auseinandersetzen, aber auch Menschen, die ihre psychischen Krisenerfahrungen produktiv gemacht haben.
Zum Festivalauftakt zeigt das Sächsische Psychiatriemuseum die Ausstellung “Der dreifach diplomierte Idiot – Das Phänomen Erich Spießbach”.
Eröffnet wird die Ausstellung “Der dreifach diplomierte Idiot – Das Phänomen Erich Spießbach” am Donnerstag, 2. Oktober, um 19 Uhr im Sächsischen Psychiatriemuseum (Mainzer Straße 7). Zur Eröffnung spricht Thomas Huck, Direktor der Sammlungen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, über Erich Spießbach und sein Werk.
In weniger als zwei Jahren hat der als “querulierender Paranoiker” in einem psychiatrischen Krankenhaus in Münster lebende Erich Spieß (1901-1956) zwischen 1952 und 1953 ein erstaunliches zeichnerisches Werk geschaffen. Im Dialog mit dem behandelnden Arzt kommentierte er sein tragisches Schicksal mit einfallsreichen Bildern voller Ironie, Witz und Sarkasmus. Mit Blick auf die wiederholten amtlichen Feststellungen seiner Geisteskrankheit bezeichnete er sich selbst als “dreifach diplomierten Idioten”.
Nach einer Tätigkeit als Präparator und Grabungshelfer im Heimatmuseum auf Schloss Friedenstein arbeitete der im Gotha geborene Spießbach am Landesmuseum Münster. Aufgrund dienstlicher Konflikte, in denen sich seine Krankheit bereits abzeichnete, wurde er fristlos entlassen. Nach seiner Entmündigung und der Einweisung in die Psychiatrie, 1943, bäumte er sich jahrelang gegen sein Schicksal auf, indem er zahllose Briefe an Behörden verfasste. Im Oktober 1956 stürzte Erich Spießbach, der bereits mehrmals erfolgreich aus der Anstalt ausgebrochen war, beim Abseilen aus seiner Zelle in den Tod.
Die Ausstellung wird in Kooperation mit der Sammlung in der Beeck und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha veranstaltet.
Zu sehen ist “Der dreifach diplomierte Idiot – Das Phänomen Erich Spießbach” vom 3. Oktober bis 15. November jeweils 13 bis 18 Uhr im Sächsischen Psychiatriemuseum (Mainzer Straße 7).
Weitere Höhepunkte beim Festival “kunst : verrueckt”:
Am 6. Oktober bestreiten Leipziger Künstler und Persönlichkeiten eine Benefizveranstaltung unter dem Festivaltitel “kunst : verrueckt”. Mit dabei sind unter anderem der Schriftsteller Clemens Meyer, der Schauspieler Peter Schneider, Enno Seifried (Lost Place) und das Kabarett academixer, die Soulsongwriterin Maria Schüritz und die Band “Stadtasyl”..
Am 7. Oktober liest die Berliner Autorin Sophie Dannenberg (zuletzt “Das bleiche Herz der Revolution”) aus ihrem Psychiatrie-Roman “Teufelsberg”.
Wie Ritalin, Antidepressiva und Aufputschmittel uns zu Sklaven der Leistungsgesellschaft machen, beschreibt die Psychologin Lena Kornyeyeva in ihrer Streitschrift “Die sedierte Gesellschaft” am 8. Oktober.
Das Filmprogramm startet am Freitag, 3. Oktober, aus Anlass des 190. Todestages von J.C. Woyzeck, der auf dem Leipziger Markt hingerichtet wurde, mit der Woyzeck-Verfilmung von Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Hauptrolle.
In Kooperation mit der Kinobar Prager Frühling stellt die Regisseurin Andreschka Großmann am 16. Oktober ihren Dokumentarfilm “Die schönste Krankheit der Welt” vor, der sich sehr persönlich mit Manie und Depression beschäftigt.
Dem Flugradbauer, Visionär und Psychiatriepatienten Gustav Mesmer (1903-1994) ist der Vortrag von Wolfram Voigländer (Berlin) am 14. Oktober gewidmet.
Zum Abschluss des Festivals wird am 17. Oktober in der Durchblick-Galerie die Ausstellung “Perfection” von Thomas Riesner eröffnet. Im Anschluss findet eine Lesung der Gruppe “Kauderwelsch” statt.
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