Der Mythos Wagner lebt. In der deutschen Gegenwartskunst, und ganz besonders bis zum 7. Juli 2013 in der gleichnamigen Ausstellung im Klinger Forum in der Karl-Heine-Straße 2. Zu sehen sind Werke von Markus Lüpertz, Anselm Kiefer, Henning von Gierke, Jonathan Meese und Thorsten Brinkmann. Beste Gelegenheit, sich in Werk und Gedankenwelt des Maestro hinein zu graben.

Richard ist Leipziger. So will die Musikstadt Leipzig ihren bekannten Musensohn Richard Wagner (1813 – 1883) wieder so richtig zurück in ihren Schoß holen.

Und Richard Wagner ist ein deutscher Künstler, dessen Opernstoffe nebst zeitgenössischer Rezeption und politischer Instrumentalisation viel über das kollektive Gedächtnis der Deutschen und deren jeweiliger Selbstdefinition aussagen. Bekanntermaßen gehört dazu auch, dass Wagner post mortem zu so etwas wie dem Hof- und Staatskomponisten der Nationalsozialisten aufstieg.

Was den “Mythos Wagner” ausmacht, ist seit diesem Sonnabend in der Klinger-Villa in der Karl-Heine-Straße zu erkunden, zu besichtigen und auszugraben. Dem Klinger Forum ist es erneut gelungen, aussagestarke Arbeiten prominenter Künstler in den Leipziger Westen zu holen. Noch bis zum 7. Juli 2013 sind die Werke von Markus Lüpertz, Anselm Kiefer, Henning von Gierke, Jonathan Meese und Thorsten Brinkmann im Klinger Forum zu sehen.Mit Henning von Gierke kann man sich dabei tief in den Wagnerschen Kosmos aus Figuren, Motiven und Gedanken hinein graben. Und das im ursprünglichen Wortsinne. Die Rauminstallation “Fundstellen Archäologie” aus 2006 ist einem Grabungsfeld nachempfunden. Schicht für Schicht, mit der Sorgfalt eines Archäologen, werden die Fundstücke als Attribute des Wagnerschen Schaffens sichtbar.

Die Musik ist für Gierke der Leitfaden einer jeden Oper. “Ich höre die Musik und fange an, in der Historie zu graben”, beschreibt der Maler und Opernschaffende von Gierke seine Arbeitsweise. So habe er die Konzepte für seine Wagner-Inszenierungen entwickelt.

Und wie bei jeder guten Ausgrabung: Unter und hinter dem bereits Freigelegten schlummert das noch Verborgene. Man müsse, so von Gierkes Botschaft, nur weiter graben. Oder anders: Wagner gehört auch nach seinem 200. Geburtstag nicht ins Museum, sondern, auf neue Weise frei gelegt, immer wieder auf die Bühne.Einer anderen Facette der Persönlichkeit Wagners widmet sich Thorsten Brinkmann. Hierzu gestaltete er in der hiesigen Klinger-Villa das in rosa gehaltene Zimmer aus dem Bayreuther Haus Wahnfried nach. Das ist dort so etwas wie das Privatissimum des Maestros. Bei Brinkmann haben Wagners Helden keine heroischen oder schicksalsgefurchten Gesichtszüge. Ihre Häupter stellt Brinkmann als Attribute unserer modernen Gesellschaft dar: Brünhilde und Siegfried entpersönlichend behelmt mit dem, was wir sonst in die Wertstofftonne werfen.

“TOTALST BAYREUTH, dehn DICH aus”, postuliert Jonathan Meese auf einem seiner Werke. Er will Wagners Botschaft, so wie er sie versteht, in die heutige Welt tragen. Im Jahre 2016 darf Meese dazu den Ring in Bayreuth inszenieren. “Kein Dreckskonsens”, ist eine der anderen Botschaften Meeses.

Wagner als zeitlose Kultfigur braucht für Meese das Porträt, das sich optisch mit den Ikonen der heutigen Pop-Kultur messen kann. Wagner fast mit einer Elvis-Tolle. Auch diese Arbeiten sind in der Klinger-Villa zu sehen.

Wenn es um Wagner geht, geht es immer auch um die Unausweichlichkeit des Liebestods, germanische Mythen und den schicksalsbestimmten bis freudigen Opfertod der Recken und Helden. An sich zu weiten Teilen gängige Motive künstlerischen Schaffens.

Als Lebensprogramm nicht immer tauglich. Und als rechtfertigendes Rahmenprogramm einer weltweiten kriegerischen Auseinandersetzung im Namen der germanischen Rasse behaftet mit tiefen Schatten, die bis ins Heute reichen. Die deshalb nötige Erinnerungsarbeit leisten die Arbeiten Anselm Kiefers. Diese Wirkungen und Folgewirkungen im kollektiven Bewusstsein müsse man bewusst durcharbeiten, sie dürften nicht im Unterbewussten verschlossen bleiben, erläutert Kuratorin Margit im Schlaa die Botschaft des Künstlers.

Um mit Margit im Schlaa zu schließen: “Wagner ist wirklich überall, auch international Thema”. In der Kunst zeige sich ein kontinuierliches, wie polarisierendes Interesse an seiner Kunst.

Dieses weite künstlerische Interesse fokussiert die aktuelle Ausstellung gekonnt und prägnant.

MYTHOS WAGNER. Richard Wagner im Spiegel der deutschen Gegenwartskunst ? Anselm Kiefer, Markus Lüpertz, Henning von Gierke, Jonathan Meese und Thorsten Brinkmann”, 21. April – 7. Juli 2013 in der Klinger Villa, Karl-Heine-Straße 2, 04229 Leipzig. Öffnungszeiten: Freitags 14 – 18 Uhr, Sonnabend und Sonntag 10 – 18 Uhr sowie am 1., 9. und 16. – 26. Mai 2013. Der Eintritt ist frei, Führungen auf Anfrage.

www.klingerforum-leipzig.de

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