Wenn jedermensch in Zeiten des Tittytainment seine Neu-Rosen-Schau übers Künstlersein auslebt, wird's Künstlersein zur Beliebigkeit und subversiv nur noch das Sich-Dagegen-Sträuben. Susanne Zaza Gläser nennt sich darob Unterhaltungsillustratorin und nutzt die reichen Schatzkästchen der hiesigen Sprache um zu Verwirren, zu Bekirren und Geistanzuregen. Anfang März ist Damenwal. Hääää? Was ist? Damenwal! Das verstehe, wer will - und hoffentlich wollen Viele!
Nun denn, ran ans Interviewscharmützel mit der faszinierenden Bild & Sprachverliebten:
Am 1. März gibt es die Vernissage Deiner Ausstellung “Damenwal” – eine öffentliche Bilderhenkung. Nun fragt sich der geneigte Leser: Legasthenie oder Wortspiel? Was gibt’s im Frauenkultur e.V. von Zaza Gläser?
Klarer Fall von Legasthenie, wenn Du die ganz Jungen unter uns fragst. Denn das Wort geht grad unter. Aber da in meinen Rätseln hin und wieder auch ein wenig Galgenhumor durch die Semantik blinzelt, habe ich mir erlaubt, ES mal wieder hervor zu kramen. Und wie das bei Henkungen so ist, machen wir das Ganze öffentlich und zu einem klitzekleinen Minispektakel. Selbstverständlich darf das Publikum mitmachen. Denn wir wollen gen Ende dann einen Publikumsliebling küren.
Dann hauchen wir einem noch unbekannten Wort etwas Leben ein und hoffentlich gehen letztlich alle mit einem Schmunzeln und geschärftem Sprachsinn nach Hause zurück in ihre Leben. Wenn ihnen am Morgen danach die sich leerende VOLL-Milch beim ersten Kaffee des Tages ein Lächeln ins Gesicht zaubert, haben sie verstanden …
Du selber sprichst von Dir nicht als von einer Künstlerin, sondern als einer Unterhalterin. Nun ist Unterhaltung ja auch Mario Barth und seine Holterdipolterwitze oder diese dicke rosa Frau aus einem Berliner Problembezirk. Was ist Dein philosophisches Hinterland? Verwüsteter Kulturboden oder hoffnungsvolles Neuanpflanzen?
Mein philosophisches Hinterland? Ich bin groß geworden mit zwei Vätern. Des einen größter Spaß ist es, alles immer holterdipolter und grundsätzlich falsch zu verstehen und der andere hat Sprache zu Musik gemacht und damit ihren Rhythmus offengelegt. Und meine dazu gehörigen Mütter … nun, die lieben es beide, mit Worten Bilder zu zeichnen – sehr treffsicher übrigens – ich für meinen Teil habe das mit dem Zeichnen nun auch noch wörtlich genommen.
Ich würde da also gar nicht so einen großen Unterschied machen. Verwüstung ist ein guter Boden für Neues. Manchmal muss man einreißen, um neu aufzubauen. Worte auseinander pflücken und neu zusammensetzen … Und klar bin ich hoffnungsvoll, sonst würde ich doch so einen Damenwal der Öffentlichkeit gar nicht erst anbieten.
Schwierig stelle ich mir vor, mit Deinen Rätsel & Wortspielbildern den Kühlschrank zu befüllen. Wo kommt die Kohle her die Deine und die Bedürfnisse Deines Nachwuchses befriedigt? Noch irgendein trauriger Job am Fließband in der Hinterhand?
Ach, mein Goldspross ist ein genügsames Kind. Die Katze hat da schon ganz andere Ansprüche … Aber im Ernst: Natürlich verkaufe ich auch Rätsel. Oder mache das Ganze life – für Geld. Oder erdenke mir Rätsel auf Bestellung für Firmen oder auch privat. Die Sprache gibt ja genug her für alle erdenklichen Themen. Aber davon leben scheint schier unmöglich. Und doch hab ich die Hoffnung natürlich noch nicht aufgegeben. Es gibt noch genug sprachsensible Menschen. Die Schwierigkeit liegt eher im Glauben der Verleger und Redakteure, dass uns nur noch eine allgemeine Verwahrlosung der Geister, eine Desensibilisierung und Verarmung unserer Sprache und der Verkleinerung unserer Hirne umgeben, was sie dann lieber bedienen.
Ich bin denen einfach nicht massenkompatibel genug. Die meisten haben Angst, es versteht keiner und die Seite mit dem Rätsel ist letztlich umsonst eingekauft. Da helfen manchmal so Zugaben wie zusätzlich eingebaute 10 Unterschiede, die zu finden sind oder ein Text, der die Lösung dann schon anmoderiert. Aber leider nicht immer. Drum arbeite ich auch noch freiberuflich als Grafikerin. Aber das ist zum Glück artverwandt genug. Hier darf mein Wortwitz öfter mit ins Boot. Werbung ist da etwas mutiger (mit der Betonung auf etwas). Und selbst wenn es mal ein reines Abarbeiten ist, empfinde ich das nicht als Fließband. Denn “der Kopf hat immer frei dabei” …
Bist Du eigentlich mittlerweile zur Ehrenvorsitzenden des Vereins zur Rettung der deutschen Sprache ernannt worden? Mit Deiner Arbeit bringst Du schließlich den Reichtum unserer Sprache äußerst liebevoll und charmant zur Geltung.
Danke für das Kompliment. Jaja … der Verein Deutsche Sprache e. V., der auf seinen Fahnen stehen hat: “Für einen bewussteren Umgang mit der deutschen Sprache”. Denen hatte ich in der Tat meine Rätsel angeboten für ihre Vereinszeitschrift. Die haben aber dankend abgelehnt. Begründung: Zu schwierig. Versteht ja keiner. Das war einer meiner seltenen sprachlosen Momente.
Wer soll sich eigentlich angesprochen fühlen, zur Vernissage zu erscheinen – und aber auch danach bis zum 20. April den “erhenkten” Bildern den Inhalt abzutrotzen?
Alle und Jeder. Alt. Jung. Klar im Kopf oder wirr. Fröhlich oder traurig. Offen oder zugeknöpft. Von der Straße oder aus intellektuellen Lagern angereist … Ich mache da keinen Unterschied. Mich interessiert der Mensch, den will ich erreichen und nicht die Schublade, in der er steckt.
Damit also auch der Besucher “danach” noch versteht, was das alles soll, hängen die Bilderrätsel kommentiert an den Wänden der Frauenkultur. Meiner Erfahrung nach werden die meisten zumindest schmunzeln können und ihre ganz eigenen Aha-Momente mit nach Hause nehmen. Gesprächsstoff für den Besuch im Café ist es allemal. Das war zumindest bisher immer so.
Nun noch ein Motto, beste Zaza, etwas wirklich Geistvolles zur Lage der Nation, der abendländischen Kultur und des Verwirrens in den Zeiten der neoliberalen Pest und Cholera. Haste was (biste was) auf Lager und zum Abschuss bereit?
Ein Motto, ja? Nun, darüber sinnierend, dass ausgerechnet Verleger und Autoren darüber diskutieren, wo an bestehender Welt(!)-Literatur am besten herum kastriert werden kann oder sogar muss, statt einfach den entsprechenden Werken erklärende Anhänge beizufügen und sie damit in ihrer Gänze und Echtheit zu erhalten … würde ich gern Herrn Horst zitieren, einen zeitgenössischen Poeten und Dichter:
Negation ohne Negation
Das rechte Wort
am rechten Ort
ist meist nicht dort.
Ich stimme ihm hiermit zu und ergänze: OFFENBAR!
Danke für das erhellende Zusammentreffen.
Ich danke Dir! Es war mir eine Ehre. Und wird mir eine sein … Denn Du wirst ja den Damenwal als roter Faden thematisch zusammenhalten. Ich freu’ mich drauf!
Zaza Gläser – Damenwal – eine öffentliche Bilderhenkung; 01.03.2013; 19:00 Uhr; Frauenkultur Leipzig in der Kulturfabrik
www.frauenkultur-leipzig.de
Und Zaza im Internet:
http://verraetselt.blogspot.de
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