Die zugehörige Pressekonferenz fand diesmal Anfang April in Halle statt. Da hatte nicht mal der zuständige Kulturbürgermeister aus Leipzig Zeit, nach Halle zu fahren. Auch sein hallescher Kollege, der Beigeordnete für Jugend, Schule, Sport, Soziales und kulturelle Bildung, Tobias Kogge, hatte keine Zeit. Er schickte seine Kulturreferentin Dr. Ursula Wohlfeld. Für Leipzig reiste Kulturamtsleiterin Susanne Kucharski-Huniat hinüber, um die 4. Museumsnacht zu verkünden.

Die Veranstaltung, noch vor wenigen Jahren als große Herzensangelegenheit der beiden benachbarten mitteldeutschen Großstädte gefeiert, läuft auf Referentenebene. Sie findet trotzdem statt. Denn für die 78 Museen und Sammlungen, ist dieses Ereignis, das in der Nacht vom 5. zum 6. Mai stattfindet, Marketing. Auch wenn drumherum fast kein Marketing stattfindet.

Programmhefte wurden am 14. und 28. April in den Innenstädten Halle und Leipzigs verteilt. Die Leuchttafel-Werbung ist eher verspielt als auffällig.

“Nachtaktiv” ist das Motto in diesem Jahr. “Das diesjährige Motto ist sowohl ein Zeichen für die gefestigte Partnerschaft der beiden Städte als auch ein Aufruf an alle Neugierigen, zur magischen Stunde auszuschwärmen”, versucht das Leipziger Rathaus die Sache zu vergolden.

78 Museen und Sammlungen bieten von 18 Uhr bis 1 Uhr Attraktionen wie geheimnisvolle Dunkelräume, einen schlaflosen Mendelssohn, oder Geistergeschichten aus dem Regenwald. Die jüngeren Museumsnachtbesucher können sich in der Moritzburg in Halle am Maskenbau und Suchspiel beteiligen und dann als Eule oder Fledermaus getarnt nach neuen Lebensräumen Ausschau halten. Für alle großen und kleinen “Nachtaktivisten” finden sich hier Abenteuer.

Die Eintrittskarten gelten wie gewohnt als Fahrausweis für die öffentlichen Nahverkehrsmittel und Sonderlinien in beiden Städten und für den Regionalverkehr zwischen ihnen. Der Preis bleibt stabil: die Karten sind für 8 Euro, ermäßigt für 6 Euro bzw. 4 Euro erhältlich. Für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre ist der Eintritt frei.

Neu bei der Museumsnacht in diesem Jahr sind in Leipzig die Gedenkstätte für Zwangsarbeit, das Literarische Museum, der Botanische Garten und als ein Höhepunkt die jüngst eröffnete Dauerausstellung “Zeichen – Bücher – Netze” des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Zentralbibliothek für Blinde zu Leipzig ist nach einer kurzen Pause wieder mit dabei und lädt dazu ein, die Welt im Dunkeln sinnlich zu begreifen.

Außergewöhnliches halten auch altbekannte Einrichtungen bereit. Im Kupferstichkabinett der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird die Ausstellung “Himmlischer Elefant”, eine Kollektion von Künstlern der Klassischen Moderne, wie Kokoschka, Dali, Miro, Tapis, Picasso oder Beuys, gezeigt.Universität Leipzig: Nachtleben in Ägypten, Rom und Botanischem Garten

Seitens der Universität sind das Ägyptische Museum, das Antikenmuseum und die Gipsabguss Sammlung, der Botanische Garten, die Geologisch-Paläontologische Sammlung, das Museum für Musikinstrumente, die Kustodie, die Mineralogisch-petrographische Sammlung, die Sammlung Ur- und Frühgeschichte sowie die Zoologische Lehr- und Studiensammlung dabei.

Das Ägyptische Museum Georg Steindorff widmet sich der Frage: “Was macht die Sonne eigentlich in der Nacht?” Zu jeder vollen Stunde werden unter anderem Texte aus den Nachtbeschreibungen des 3. bis 2. Jahrtausends v. Chr. rezitiert. Zudem werden verschiedene antike Spiele erklärt und stehen für Kinder und Erwachsene bereit. Stündlich gibt es auch Führungen für Kinder und Erwachsene zum Thema: “Ägyptens Tiere der Nacht”.

Im Antikenmuseum vermitteln griechische, zyprische, etruskische und römische Originalwerke ein Bild von Mythologie, Religion, Totenbrauch und dem täglichen Leben der antiken Mittelmeerwelt. Unter dem Titel “Wenn alles schläft” stehen in der Aula der Alten Nikolaischule Allnächtliches und Skurriles aus dem Nachtleben im antiken Rom in einer Persiflage von Studierenden der Archäologie
auf dem Programm.

Erstmals präsentiert sich der Botanische Garten bei der Museumsnacht. Die große botanische Vielfalt der Erde wird mit Beispielen aus dem gesamten Pflanzenreich sowohl im Freiland als auch in tropisch klimatisierten Gewächshäusern gezeigt. Von 20.00 Uhr bis Mitternacht erklären die Mitarbeiter in Kurzführungen unter anderem, was es mit Nachtschattengewächsen auf sich hat, warum die Ananas nachts sauer wird oder was Pflanzen im Dunkeln machen.

Die Mineralogisch-petrographische Sammlung der Universität Leipzig wurde 1809 begründet und gehört damit zu den ältesten ihrer Art an deutschen Universitäten. Die Ausstellung zeigt Minerale aus aller Welt, technische Produkte, Kristallmodelle sowie historische wissenschaftliche Geräte. Zur Museumsnacht werden Mineralien verkauft. Neben abendlichen Führungen durch die Sammlung werden den Besuchern Vorträge zu den Themen “Abschied von der Glühbirne” und “Leuchtende Minerale” geboten.

Auch für Kinder gibt es in diesem Jahr wieder spezielle Programme. Die Sammlung Ur- und Frühgeschichte in der Ritterstraße 14 lädt beispielsweise ab 18.00 Uhr unter dem Motto “An der Schwelle zwischen Tag und Nacht. Kinder und sonstige Tageslichtflüchter” zu antiken Spielen wie Knöchelspiel, Rundmühle oder Legionärsspiel ein. Wer auf dem Heimweg Angst vor Dracula und Co. hat, kann Amulette zum Schutz vor Vampiren basteln.

Außenstelle Leipzig der Stasi-Unterlagen-Behörde: Nacht-Puzzle und Grufties auf dem Südfriedhof

Die Außenstelle Leipzig der Stasi-Unterlagen-Behörde öffnet am 5. Mai ihre Pforten und bietet Nachtschwärmern einen Blick hinter die Kulissen. Um 19.30 Uhr lädt Bernd-Lutz Lange zur “Lesung in der Nacht”. In seinem neuen Buch “Das Leben ist ein Purzelbaum” erzählt er von Begebenheiten aus verschiedenen Epochen. Er hat sich umgesehen in Geschichte und Gegenwart und ein heiteres Buch mit einer Prise Melancholie geschrieben.

Ein Höhepunkt des Abends ist das sogenannte “Nachtpuzzeln”. Im Herbst 1989 versuchte die Stasi hastig, ihre Spuren zu beseitigen. Viele Unterlagen wurden zerrissen oder vernichtet. Mitarbeiter/ -innen der Projektgruppe “virtuelle Rekonstruktion” demonstrieren vor Ort, wie die Stasi-Schnipsel manuell zusammengesetzt werden. Zudem wird anhand des Filmes und Vortrages “Das größte Puzzle der Welt”, die Rekonstruktion vorvernichteter Stasi-Unterlagen gezeigt. Die Besucher können selbst “beleuchten”, welche Unterlagen durch die Stasi per Hand zerrissen und für den Abtransport zur Vernichtung in Müllsäcke verpackt worden sind. Bitte bringen Sie dazu eine Taschenlampe mit!

Rockig wird es um 21 Uhr mit dem “Duo Zeitlos”. In ihrem LiederGeschichtsAbend “Zwischen Liebe und Zorn” covern sie bekannte Lieder aus der Zeit der DDR von 1949 bis 1989.

Darüber hinaus laden szenische Lesungen, Filme und Ausstellungen zum Entdecken und Verweilen ein. Besonders die Ausstellung “Als der Südfriedhof mein Wohnzimmer war – Gruftis in der DDR” zeigt eine wenig bekannte Seite der DDR.

HTWK Leipzig: Lange Nacht der Computerspiele

Die HTWK Leipzig lädt während der Museumsnacht zur Langen Nacht der Computerspiele ein. Bis tief in die Nacht kann an zahllosen PCs, Konsolen und Heimcomputern aus vier Jahrzehnten gespielt werden. Geboten wird ein buntes Programm aus Vorträgen, Hardware-Basteleien, einer Filmnacht, Computermusik und einer Ausstellung. Erstmals gibt es einen Raum mit Brettspielen.

Seit jeher wird die Veranstaltung in enger Zusammenarbeit mit der Leipziger Szene ausgerichtet. Zu den Mitwirkenden gehören studentische und private Spiele-Entwickler, das Fußballroboter-Team der Hochschule, die ComputerSpielSchule, die Ludothek, Spielraum LE, das Privatmuseum Haus der Computerspiele und weitere Sammler, Vereine und Initiativen. Mitstreiter sind willkommen.

Die 6. Lange Nacht der Computerspiele ist am Samstag, 5. Mai , von 16.00 bis 3.00 Uhr an der HTWK Leipzig (Karl-Liebknecht-Straße 145) zu erleben. Die Veranstaltung ist für jedermann offen. Der Eintritt ist frei.

www.museumsnacht-halle-leipzig.de

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