Am vergangenen Mittwoch hat der Leipziger Stadtrat den kommunalen Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 beschlossen. Darin enthalten ist mit einem Posten natürlich auch die hiesige Kultur. Wobei – so natürlich ist das längst nicht mehr, muss doch überall der Gürtel enger geschnallt werden. Gerade Kunst und Kultur werden gern von manchen in ihrer Bedeutsamkeit unterschätzt und zur Kürzung freigegeben.
In Leipzig ist das in der letzten Woche nicht passiert. Die Kommune leistet sich – vor allem im Vergleich zu vielen anderen Städten – eine vielfältige kulturelle Landschaft. Man weiß um den Sog, den Veranstaltungen der sogenannten „Hochkultur“ und der hiesigen Freien Szene auf Tourist*innen und Zugezogene ausüben.
Schaut man sich die Zuwendungen an, die die Stadt aus dem Sächsischen Kulturraumgesetz erhält, könnte man Leipzig gar als übervorteilt bezeichnen. Jeweils rund 35 Millionen Euro aus dem Freistaat flossen in den letzten Jahren direkt in die kommunalen Kassen – während Chemnitz mit jeweils zehn bis 15 Millionen Euro- und die Landeshauptstadt Dresden sogar nur mit zwei bis drei Millionen Euro bedacht wurde.
Diese Zahlen präsentierte Dr. Mario Hesse am Montagabend im Leipziger Kulturamt. Hesse und seine Kollegin Katharina Dziurla vom „Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V.“, „KOWID“, wurden vor einiger Zeit von der Stadt mit der Studie zur „Fiskalische[n] Bedeutung und Finanzierungsmöglichkeiten der kommunalen Kultureinrichtungen im Freistaat Sachsen“ beauftragt. Damit erhoffte man sich im hiesigen Dezernat Kultur, geleitet von Dr. Skadi Jennicke (Die Linke), ein paar handfeste Zahlen im Hinblick auf die mit großer Wahrscheinlichkeit aufkommende Debatte zur Reform des Sächsischen Kulturraumgesetzes. Letzteres trat im Jahr 1994 in Kraft und wurde das letzte Mal in 2008 reformiert. Höchste Zeit also für eine Anpassung an die aktuelle Lage.
Das Gesetz teilt den Freistaat in acht Kulturräume ein – das sind zum einen die drei großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz, und zum anderen fünf Räume, in welchen je zwei Landkreise zusammengefasst werden. Kultur ist in Sachsen eine Pflichtaufgabe, der Anteil der Förderung aus den Landesmitteln darf die 30 Prozent jedoch nicht überschreiten. Den Rest schießen die Kommune, der Bund oder Stiftungen zu. Hesse betonte noch einmal: „Davon profitiert vor allem die Stadt Leipzig.“
Die Förderung durch das Kulturraumgesetz ist allerdings nur eine von zwei fundamentalen Säulen der Landesförderung. Der zweite Anteil ist der Topf für die direkt geförderten Kultureinrichtungen im Freistaat – also die Dresdner Semperoper, das Leipziger Gewandhaus, das Städtische Theater in Chemnitz etc.
Rechnet man beide Instrumente gegeneinander auf, ergeben die Grafiken auf einmal ein ganz anderes Bild: So fallen in Leipzig und Chemnitz etwa 200 Euro jährlich auf jede*n Einwohner*in, in Dresden dagegen sind es 400 Euro. Und das, wie die Erhebungen ebenfalls zeigen, bei relativ gleicher Anzahl von Besucher*innen. Dieses Ungleichgewicht sei mit Zahlen also kaum zu erklären und eher historisch gewachsen, so Hesse.
Ein Großteil des Geldes komme der Dresdner Semperoper zu. Vorstellbar wäre auch ein „Hauptstadteffekt“. Den Vergleich zu anderen Landeshauptstädten gibt es bisher allerdings nicht, es bleibt eine These.
In den ländlichen Räumen fallen jeweils 50 bis 100 Euro auf eine*n Bürger*in. Das jedoch liege auch daran, dass die drei großen Städte eine Mitversorgerfunktion erfüllten und gehöre laut Hesse zum Wesen der Kultur. Es liegt in der Natur der Sache, dass große Veranstaltungshallen und Spielstätten in den Städten angesiedelt sind und bis in ländliche Regionen ausstrahlen.
Auch Jennicke sieht an diesem Abend die Debatte weniger im Kampf um die Mittel zwischen urbanem und ländlichem Raum. „Das würde zumindest nicht zu mehr Gerechtigkeit führen.“ Dennoch befürchtet Leipzigs Kulturdezernentin, „dass in der Debatte zum Sächsischen Doppelhaushalt der Schlüssel zulasten von Leipzig verändert werden soll.“ Die Ergebnisse der Studie könnten zumindest ein paar geeignete Gegenargumente liefern.
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