Auch wenn es derzeit vielerorts vorweihnachtlich leuchtet – um die große Mehrheit der deutschen Innenstädte macht man sich bereits große Sorgen. Zurückgehende Besucherzahlen in den Cities bereiten nicht nur dem Handel großes Kopfzerbrechen. Es werden daher vielerorts Ideen gesucht, diesen Trend womöglich sogar wieder umzukehren.
Für markige Botschaften ist Deutschlands führendes Boulevard-Medium immer die richtige Adresse: „Wer heute einkaufen geht, sollte sich die Läden noch mal gut anschauen. Sie könnten bald schon weg sein!“, warnte „Bild“ im Februar 2024. Und zitierte dabei den Präsidenten des Handelsverbands HDE.
Alexander von Preen: „Rund 5.000 Geschäfte werden in Deutschland noch dieses Jahr für immer schließen! Viele Innenstädte erreichen Kipppunkte, da gibt es dann auf absehbare Zeit keine Hoffnung mehr auf Wiederbelebung. Leerstand folgt auf Leerstand. Steht eine gewisse Zahl an Geschäften leer, wird die Innenstadt unattraktiv.“
Viele Innenstädte sind nach den Worten des HDE-Präsidenten „schon seit Jahren in kritischem Zustand“. Seine düstere Prognose: 46.000 Geschäfte werden bis Ende 2024 von 2020 an gerechnet aufgegeben haben. Von Preen: „Wenn der Handel Schnupfen hat, bekommt die Innenstadt eine Lungenentzündung.“
Wesentlich beigetragen zum Niedergang vieler deutscher Innenstädte hat die Corona-Pandemie: Mehr und mehr Menschen sind damals, notgedrungen, auf Onlinekäufe umgestiegen – und auch nach dem Ende der Pandemie nicht mehr zum physischen Shoppen in die Innenstädte zurückgekehrt. Hinzu kommen die derzeit schwache Wirtschaftslage und zunehmende Sorgen um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes, die viele Menschen vom City-Bummel früherer Tage abhalten.
Die Idee: Smarte Gutscheine bringen das Lächeln in die Ladenzeilen zurück
Experten wie Alexander Arend, CEO der Zmyle GmbH aus Coesfeld, wollten nicht einstimmen in den aus ihrer Sicht verfrühten Abgesang auf die Innenstadt – und halten mit ihren Konzepten dagegen. Zmyle bietet professionelle Gutscheinlösungen zur Stärkung des stationären Einzelhandels an – und möchte laut eigenen Angaben wieder ein „Lächeln“ verschenken. Ob für einzelne Unternehmen, Filialisten, Städte oder ganze Regionen – mit ihrem „Zmyle“ binden die Business-Partner wichtige Kaufkraft vor Ort und erhöhen so auch automatisch langsam wieder den Puls der City.
Die Idee selbst ist nicht neu, doch ein gut etabliertes Stadtgutscheinsystem stärkt unbedingt das Gewerbe, den Handel und die Gastronomie direkt vor Ort. Beim Zmyle-Projekt haben dessen Entwickler die Erfahrung gemacht, dass gerade Arbeitgeber ihren Beitrag zur lokalen Wirtschaft leisten können, indem sie Stadtgutscheine als steuerfreien Sachbezug nutzen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren, der Einzelhandel vor Ort ebenso, und die Stadt bleibt lebendig und attraktiv. Unternehmen, die ihre Gutscheine bislang bei großen Onlinehändlern beziehen, sollten überlegen, wie sie die Wertschöpfungskette regional halten und so die Wirtschaftskraft vor Ort unterstützen. Jeder Gutschein, der vor Ort eingelöst wird, festigt das Miteinander und lässt oft sogar ein bisschen Lokalpatriotismus sprießen.
Ein interessantes Beispiel, dass so ein Stadtgutschein auch wirklich funktionieren kann, ist der Altmühlfranken-Gutschein. Seit dem Start am 01.12.2020 hat dieses Netzwerk beeindruckende 1,5 Millionen Euro Umsatz erzielt. Besonders bemerkenswert ist hier die starke Einbindung von Arbeitgebern, die den Gutschein als Sachzuwendung nutzen.
Während der Jahresumsatz für Sachzuwendungen im Jahr 2023 bei rund 200.000 Euro lag, stieg er 2024 auf beinahe 350.000 Euro an, mit weiter wachsender Tendenz. Dies zeigt, wie ein Netzwerkgutschein für das Gebiet Altmühlfranken nicht nur eine wirtschaftliche Stärkung der Region bewirken konnte, sondern auch ein Bewusstsein bei den Bürgern und Unternehmern schaffte, dass solch eine Investition die regionale Wirtschaft fördert und dazu auch noch den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft stärkt.
Auch die innerstädtische Mobilität braucht frische Impulse
Neben dem System der Stadtgutscheine nennt Alexander Arend weitere Faktoren, die für einen neuen Schwung in deutschen Innenstädten entscheidend sind. Dazu gehören auch „neue Anreize und Erlebnisse“. Arend: „Pop-up-Events und temporäre Märkte sind hervorragende Methoden, um Leben in die Stadt zu bringen. Ein gut organisiertes Event kann mehr bewirken als jeder Hochglanzprospekt. Lokale Händler und Gastronomen erhalten eine Bühne und können sich so präsentieren, wie sie es im Onlinehandel nie könnten – nahbar und persönlich, gleichzeitig vernetzen sie sich.“
Ein weiterer wichtiger Punkt für mehr Leben und Erleben in den Innenstädten ist ein funktionierender und nachhaltiger Verkehr, der Autos einschließt und nicht ausgrenzt. Experte Arend: „Autos wurden in den vergangenen Jahren verbannt. Aber viele Leute kommen nur in die Stadt, wenn die Anreise einfach und der Aufenthalt unkompliziert und attraktiv ist.
Ansätze wie Carsharing, Fahrradverleihstationen und ja: auch ausreichend Parkmöglichkeiten tragen dazu bei, dass die Menschen nicht nur ankommen, sondern auch verweilen. Und wie wäre es, Strafzettel in Stadtgutscheine umzuwandeln? Zugegeben, eine verwegene Idee. Doch wer sein Knöllchen bezahlt, erhält einen Gutschein, den er beim nächsten Stadtbesuch einsetzen kann. Vielleicht auch für die Reparatur des Fahrrads. Auf diese Weise bleibt das Geld im Kreislauf der Stadt und trägt zur Belebung bei.“
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