Jacques Goudstikker und Nathan Katz flรผchteten im Mai 1940 aus ihrer niederlรคndischen Heimat โ kurz bevor die deutsche Wehrmacht das neutrale Land besetzte. Die beiden Kunsthรคndler mussten ihren gesamten Besitz, inklusive der erworbenen Gemรคlde, zurรผcklassen. Die Kunstwerke gerieten in die Hรคnde des Reichsmarschalls Hermann Gรถring und wurden an den Sammler Alfred Kummerlรฉ verkauft.
Das Schicksal der jรผdisch-niederlรคndischen Hรคndler und Sammler Goudstikker und Katz ist kein Einzelfall. Zwischen 1933 und 1945 wurden ungefรคhr 600.000 Kunstwerke durch die Nationalsozialisten beschlagnahmt. Zwar konnte schon ein Groรteil der Kunstschรคtze an die ehemaligen Eigentรผmer oder Erben zurรผckgegeben werden. Trotzdem ist der Prozess der Wiedergutmachung noch lange nicht beendet.
1998 verpflichtete sich Deutschland im Rahmen der Washingtoner Konferenz NS-verfolgungsbedingte Kulturgรผter zu identifizieren, ihre Eigentรผmer ausfindig zu machen und eine โgerechte und faire Lรถsungโ zu finden. Diese Erklรคrung stellte jedoch eine reine Selbstverpflichtung ohne rechtliche Verbindlichkeit dar, weshalb es keine konkreten Anhaltspunkte fรผr die Umsetzung gab. 2001 wurde eine Handreichung verรถffentlicht, die 2019 noch einmal grundlegend รผberarbeitet wurde โ um beispielsweise Museen bei der Untersuchung und Rรผckgabe von NS-Raubgut zu unterstรผtzen. Diese Wiedergutmachung ist Teil der sogenannten Provenienzforschung, die die Herkunft von Werken aufarbeiten soll. Hierfรผr wird jedoch Expert/-innenwissen benรถtigt, wie Stefan Weppelmann, Direktor des Museums der bildenden Kรผnste (MdbK), erklรคrt: โDie Provenienzforschung ist heute ein Spezialist/-innengebiet mit einigermaรen hohen Anforderungen an die wissenschaftliche Integritรคt und Qualifikation.โ Provenienzforschungsstellen an Museen werden zumeist durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste finanziert. Der staatlichen Stiftung stehen jรคhrlich vier Millionen Euro fรผr verschiedene Projekte zur Verfรผgung โ seit 2017 kรถnnen so auch private Einrichtungen und Personen Unterstรผtzung beantragen.
Mit der Museumskonzeption 2030 setzte Leipzig einen verbindlichen Rahmen fรผr die vier stรคdtischen Museen. Auf Platz eins der acht Schwerpunkte fรผr das Stadtgeschichtliche Museum, das Naturkundemuseum, das Museum der bildenden Kรผnste und das โGrassiโ-Museum fรผr Angewandte Kunst steht das Thema Provenienzforschung. Und schon davor hatte vor allem die Restitution von unrechtmรครigem Besitz einen hohen Stellenwert in รถffentlichen Einrichtungen.
In den folgenden Monaten stellt die โLeipziger Zeitung (LZ)โ Fragen, die im Zusammenhang mit dem Festjahr 2021 โ โ1700 Jahre jรผdisches Leben in Deutschlandโ beantwortet werden sollten. Was bedeutet Provenienzforschung fรผr die Leipziger Museen? Was konnte bisher geleistet werden und was wird zukรผnftig in die Wege geleitet? In der jetzigen Ausgabe wird die Provenienzforschung am Museum der bildenden Kรผnste (MdbK) beleuchtet.
โGibt es Gewinner in der Pandemie?โ erschien erstmals am 26. Februar 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 88 der LZ finden Sie neben Groรmรคrkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehรคndlern.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der โCoronakriseโ haben wir unser Archiv fรผr alle Leser geรถffnet. Es gibt also seither auch fรผr Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. รber die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstรผtzen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tรคgliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikรคufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den tรคglichen, frei verfรผgbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit fรผr Sie.
Vielen Dank dafรผr.
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher