Körperschaftssteuer in Ungarn: Nur 9 Prozent

Zuletzt aktualisiert:  19.11.2024

Ungarns attraktive Körperschaftssteuer: Ein Magnet für Investoren?

Ungarns Steuerpolitik hat in den letzten Jahren für Aufsehen gesorgt. Mit einem der niedrigsten Körperschaftssteuersätze in Europa lockt das Land ausländische Investoren an.

Der Körperschaftssteuersatz beträgt ab 2017 nur noch 9%.

Doch was steckt hinter dieser Strategie? Und welche Auswirkungen hat sie auf Unternehmen und die ungarische Wirtschaft?

Der Steuersatz: Ein Blick auf die Zahlen

Seit 2017 gilt in Ungarn ein einheitlicher Körperschaftssteuersatz von nur 9%. Diese Zahl allein lässt so manchen Unternehmer aufhorchen. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern, wo Steuersätze von 20% oder mehr keine Seltenheit sind, erscheint Ungarn wie ein Steuerparadies.

Doch Vorsicht: Niedrige Steuern allein machen noch kein Investitionsparadies. Kluge Unternehmer wissen, dass viele Faktoren eine Rolle spielen. Infrastruktur, Fachkräfte, politische Stabilität – all das will bedacht sein. Trotzdem: Der 9%-Satz ist ein starkes Argument in Ungarns Gunsten.

Die Mindeststeuer: Ein zweischneidiges Schwert?

Interessanterweise kennt das ungarische Steuerrecht auch eine Art Mindeststeuer. Unternehmen, die bestimmte Gewinnschwellen nicht erreichen, stehen vor einer Wahl:

  1. Sie zahlen Steuern auf Basis eines „erwarteten Mindestgewinns“
  2. Sie erklären detailliert, warum sie weniger Gewinn gemacht haben

Option 2 klingt verlockend, zieht aber oft eine Steuerkontrolle nach sich. Ein geschickter Schachzug der Behörden, um Steuervermeidung vorzubeugen?

Bemessungsgrundlage: Das Kleingedruckte im Steuergesetz

Wie überall gilt auch in Ungarn: Der nominale Steuersatz ist nur die halbe Miete. Entscheidend ist, was am Ende als steuerpflichtiger Gewinn gilt. Hier einige Punkte, die die Steuerlast erhöhen können:

  • Rücklagen für ungewisse Verbindlichkeiten
  • Bußgelder und Verzugsstrafen
  • Zahlungen an Unternehmen in Steueroasen

Andererseits gibt es auch steuermindernde Faktoren:

  • Verlustvorträge (bis zu 50% des aktuellen Gewinns)
  • Spenden an gemeinnützige Organisationen
  • Investitionen in bestimmte Regionen oder Technologien

Eine detaillierte Übersicht finden Sie in der folgenden Tabelle:

Steuerlasterhöhend Steuerlastmindernd
Rücklagen für Unsicherheiten Verlustvorträge (max. 50%)
Bußgelder Spenden (50% absetzbar)
Zahlungen an Steueroasen Investitionen in benachteiligte Regionen
Nicht betriebsnotwendige Ausgaben Forschungs- und Entwicklungsausgaben

Transferpreise: Ein heißes Eisen

In den letzten Jahren hat die ungarische Steuerbehörde ihr Augenmerk verstärkt auf Transferpreise gelegt. Für international tätige Unternehmen ist das ein wichtiges Thema.

Folgende Methoden zur Dokumentation von Transferpreisen sind zulässig:

  1. Vergleichspreismethode
  2. Wiederverkaufspreismethode
  3. Kosten-Gewinn-Methode
  4. Nettogewinn-Methode
  5. Gewinnaufteilungs-Methode
  6. Sonstige Methoden (in Ausnahmefällen)

Interessant: Bei Transaktionen unter 50 Millionen Forint (ca. 135.000 Euro) entfällt die Dokumentationspflicht. Für bestimmte konzerninterne Dienstleistungen gibt es vereinfachte Regelungen.

Country-by-Country Reporting: Ungarn macht mit

Seit Dezember 2016 ist Ungarn Teil des internationalen Country-by-Country Reporting (CbCR) Systems. Was bedeutet das konkret?

  • Betroffen sind multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz über 750 Millionen Euro
  • Ungarische Muttergesellschaften müssen ab dem Geschäftsjahr 2016 berichten
  • Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne ab 2017
  • Meldepflicht besteht auch für Unternehmen, die selbst nicht berichtspflichtig sind

Achtung: Verstöße gegen die CbCR-Pflichten können mit Bußgeldern bis zu 20 Millionen Forint (ca. 54.000 Euro) geahndet werden.

Fazit: Chancen und Risiken abwägen

Ungarns Körperschaftssteuersystem bietet zweifellos Anreize für Investoren. Der niedrige Steuersatz von 9% sticht heraus. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Komplexe Regelungen zu Transferpreisen und internationaler Berichterstattung erfordern sorgfältige Planung.

Für Unternehmen, die nach Osteuropa expandieren wollen, ist Ungarn definitiv einen Blick wert. Doch eine Entscheidung sollte nie allein auf Steuergründen basieren. Wer erfolgreich in Ungarn investieren will, sollte das gesamte wirtschaftliche und politische Umfeld im Auge behalten.

Eines ist klar: Mit seiner aggressiven Steuerpolitik hat Ungarn sich als ernstzunehmender Player im europäischen Steuerwettbewerb positioniert. Ob diese Strategie langfristig aufgeht, bleibt abzuwarten. Für den Moment jedenfalls hat das Land die Aufmerksamkeit internationaler Investoren gewonnen.

Ausblick: Was bringt die Zukunft?

Die Steuerpolitik ist bekanntlich ein dynamisches Feld. Änderungen können schnell kommen. Experten raten daher, die Entwicklungen in Ungarn genau zu beobachten. Mögliche Themen für die Zukunft:

  • Anpassungen im Bereich der digitalen Wirtschaft
  • Weitere Harmonisierungsbestrebungen auf EU-Ebene
  • Reaktionen auf den internationalen Steuerwettbewerb

Wer in Ungarn investieren oder Geschäfte machen möchte, tut gut daran, sich regelmäßig über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Eine gute Steuerstrategie kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen.

Letztendlich bleibt Ungarns Körperschaftssteuermodell ein spannendes Experiment im europäischen Kontext. Es wird sich zeigen, ob andere Länder nachziehen oder ob der Druck zu einer Angleichung der Steuersätze führt. Für Unternehmer und Investoren bietet die aktuelle Situation jedenfalls interessante Möglichkeiten – vorausgesetzt, man navigiert klug durch die Untiefen des Steuerrechts.

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