Einen Tag nach einem CDU-Antrag im Bundestag, der nur dank einer Mehrheit mithilfe der AfD knapp durchkam, hallt das Entsetzen über Parteichef und Kanzlerkandidat Merz nach. In Leipzig wurde am Nachmittag protestiert. Kritik an Merz kommt auch von Altbundeskanzlerin Merkel sowie Kulturschaffenden. Und: In Washington sind wahrscheinlich 67 Menschen bei der Kollision eines Militärhubschraubers mit einem Flugzeug gestorben. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 30. Januar 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Hunderte protestieren in Leipzig gegen Merz und CDU
Kritiker sprechen von einem unglaublichen Wort- und Tabubruch, einem schwarzen Tag für die deutsche Demokratie, der sich gestern ereignet habe: Nach der Abstimmung über einen CDU-Antrag, der im Bundestag eine Mehrheit mithilfe der teils rechtsextremen AfD erhielt, ebbt die Wut und Empörung vieler Menschen nicht ab.
In Leipzig versammelten sich am Nachmittag hunderte Personen vor der Kreisgeschäftsstelle der CDU in der Leipziger Innenstadt, um ihrem Ärger Ausdruck zu verleihen. Einem Aufruf folgend, hatten die Protestierenden viele Umzugskartons mitgebracht, auf denen etwa „FCK CDU“, „FCK AfD“ und „FCK MRZ“ zu lesen war. Mit den Kisten wurde eine symbolische Brandmauer errichtet.
CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte gestern im Bundestag ankündigungsgemäß über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion abstimmen lassen, der unter anderem die Zurückweisung von Migranten ohne Einreisepapiere an der deutschen Grenze vorsieht – auch dann, wenn sie ein Asylgesuch äußern. Der rechtlich nicht bindende Antrag, der nur die Regierenden zum Handeln auffordert, bekam unter anderem mithilfe der AfD eine knappe Mehrheit von 348:344 Stimmen im Parlament.
Merz verteidigt sein Vorgehen, Kritik von Regierung, Kulturschaffenden und Altkanzlerin
Das Entsetzen über Merz und die CDU war groß, da im Bundestag erstmalig eine Mehrheit zustande gekommen war, die ohne die teils rechtsextreme AfD nicht möglich gewesen wäre: Merz habe mit der einkalkulierten Zustimmung der AfD die beschworene „Brandmauer“ Konservativer zu Rechtsradikalen preisgegeben und damit jede Glaubwürdigkeit verspielt, heißt es seitens von SPD, Grünen und Linken. Nicht zuletzt habe der Kanzlerkandidat Wortbruch begangen, hatte er doch vor Kurzem noch sowohl eine Kooperation als auch Zufallsmehrheiten mit der Rechtsaußen-Partei abgelehnt.
Der 69-jährige Merz verteidigte sein Vorgehen, dass eine sachlich richtige Entscheidung nicht falsch werde, wenn die Falschen dafür sind. Zudem habe sich nach der grauenhaften Gewalttat von Aschaffenburg am 22. Januar, bei der mutmaßlich ein Afghane einen kleinen Jungen und einen eingreifenden Mann ermordete, die Situation grundlegend geändert, sagte Merz gestern während eines äußerst turbulenten Schlagabtauschs im Bundestag.
In einem Offenen Brief haben sich heute hunderte Kunst- und Kulturschaffende dagegen entsetzt geäußert. Kritik an Merz kommt auch von Parteifreundin und Altbundeskanzlerin Angela Merkel (70): Mit Blick auf ein Merz-Zitat vom November 2024, das ausschloss, die AfD gezielt oder zufällig für eine Mehrheit zu nutzen, schrieb Merkel, es sei für sie falsch, „sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“
Flugzeug und Hubschrauber kollidieren über Washington: Wohl keine Überlebenden
In Washington sind ein Passagierflugzeug und ein Militärhubschrauber kollidiert. Die Behörden gehen aktuell davon aus, dass niemand das Unglück überlebt hat. Sofern sich dies bestätigt, wären insgesamt 67 Todesopfer zu beklagen.
Der schreckliche Vorfall ereignete sich am Donnerstagmorgen bzw. späten Mittwochabend (Ortszeit), als die aus Kansas kommende Maschine der American Airlines mit 64 Menschen an Bord im Landeanflug auf den Hauptstadtflughafen Ronald Reagan National war. Sowohl das Flugzeug als auch der Hubschrauber mit drei US-Soldaten stürzten in den Potomac River. An Bord des verunglückten Fliegers befanden sich unter anderem Mitglieder und Trainer einer Eiskunstlaufgruppe sowie deren Angehörige, sie wollten von einem Trainingslager zurückkehren.
Aktuell sind etwa 300 Bergungskräfte vor Ort im Einsatz, der sich aufgrund von Dunkelheit und eisigen Temperaturen herausfordernd gestaltet. Die Ursache des Zusammenstoßes ist bislang ungeklärt und wird untersucht. Hinweise auf ein Verbrechen oder Terrorismus liegen laut US-Bundespolizei FBI momentan nicht vor.
Worüber die LZ heute berichtet hat:
BUND Leipzig bleibt hartnäckig: „Kommunale Verpackungssteuer jetzt umsetzen“
Trump vs. Merz: Warum der eine kann, was der andere nicht darf – ein Kommentar
Der KühnFaktor: Die Autobiografie des in Leipzig geborenen Jazz-Pianisten Joachim Kühn
Was sonst noch wichtig war:
In Thüringen gibt es Probleme bei der Wahl von Landtagsausschüssen.
Mit öffentlichen Koran-Verbrennungen sorgte er für Furore und löste politische Verwicklungen aus: Nun wurde der 38-jährige Iraker Salwan Momika in Schweden offenbar ermordet.
Im Gazastreifen kamen acht weitere Personen aus Geiselhaft der islamistischen Hamas frei, darunter eine Deutsch-Israelin. Israel hatte heute mit Blick auf die demütigende Behandlung der Gefangenen bei der Übergabe an das Rote Kreuz die im Gegenzug vereinbarte Entlassung palästinensischer Häftlinge zunächst für ausgesetzt erklärt. Seit 19. Januar gilt für den Gazastreifen eine Waffenruhe von sechs Wochen.
Kalenderblatt:
Heute vor 80 Jahren fabuliert Adolf Hitler (genau zwölf Jahre nach der „Machtergreifung“) in seiner letzten Rundfunkansprache ernsthaft vom „Endsieg“ im Zweiten Weltkrieg, der de facto längst entschieden ist, und droht bei Kapitulation den Tod an. Drei Monate später erschießt sich der 56-jährige Diktator im Berliner Bunker der Reichskanzlei kurz vor Ankunft der Roten Armee. Zwischen dem 30. Januar 1945 und dem Kriegsende auf dem europäischen Kontinent im Mai sterben auf allen Seiten noch unzählige Menschen, allein geschätzt 80.000 Sowjetsoldaten beim Kampf um die Hauptstadt.
Was morgen wichtig wird:
Im Bundestag wird es erneut heiß hergehen, denn er stimmt über ein Gesetz ab, das beispielsweise eine Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte vorsieht. Wieder könnte die AfD hier für eine Mehrheit sorgen. Der Entwurf ist zwar im Gegensatz zum Antrag der CDU von gestern bindend, dürfte jedoch im Bundesrat scheitern.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Keine Kommentare bisher