Es war ein Tag des Gedenkens: In Dessau gingen hunderte Menschen auf die Straße, um an den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh im Dessauer Polizeirevier vor 20 Jahren zu erinnern. Jalloh soll nach offizieller Darstellung durch einen selbst gelegten Brand ums Leben gekommen sein, was vielfach bezweifelt wird. Und: In Frankreich gab es Gedenkakte aufgrund des islamistischen Anschlags auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo heute vor zehn Jahren. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 7. Januar 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Oury Jalloh: In Dessau wurden beim Gedenken wieder schwere Vorwürfe laut

Mit einer Demonstration haben am Dienstag in Dessau (Sachsen-Anhalt) nach Angaben der Polizei etwa 700 Menschen, die teils etwa auch aus Halle, Berlin und Leipzig angereist waren, an den grausamen Tod von Oury Jalloh erinnert. Der Asylbewerber aus Sierra Leone war heute vor genau 20 Jahren in einer Gewahrsamszelle des Dessauer Polizeireviers verbrannt. Nach offizieller Darstellung soll es dem 36-Jährigen am 7. Januar 2005 gelungen sein, im angetrunkenen Zustand und gefesselt die Matratze zu entzünden, auf der er lag.

Dass das angeblich benutzte Feuerzeug bei einer Vorab-Durchsuchung des Mannes nicht gefunden worden war, ist für Kritiker nur eine von vielen Ungereimtheiten, die das Geschehen zu einem der umstrittensten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte machen. Jalloh war damals unter dem Vorwurf festgenommen worden, er habe Frauen belästigt und sich der Polizei widersetzt. Sein Unterstützer- und Freundeskreis weist dies zurück.

Und hält darüber hinaus an dem Verdacht fest: Das Feuer sei nicht zufällig ausgebrochen, vielmehr hätten Polizisten Jalloh getötet, um möglicherweise vorangegangene Misshandlungen zu vertuschen. Trotz aller Zweifel, dass das Opfer selbst das Feuer habe legen können, wurden Ermittlungen eingestellt, da es keine Ansätze hierfür gäbe, und eine Wiederaufnahme abgelehnt, zuletzt Anfang 2023 durch das Bundesverfassungsgericht. Gutachten, die auf zivilgesellschaftliche Initiativen zurückgingen, halten dagegen an der These eines Mordes fest.

In einer mehrteiligen ARD-Doku zum Tod Oury Jallohs hatte sich 2024 mit dem früheren Leiter des Revierkriminaldienstes Dessau erstmals auch ein Angehöriger der damaligen Dienststellenbesetzung offen vor der Kamera geäußert. Einer seiner Kollegen hatte 2012 im Zusammenhang mit dem Fall eine Geldstrafe von 10.800 Euro wegen fahrlässiger Tötung erhalten. Doch die tiefergehende Frage, ob Dritte beim Ausbruch des Feuers involviert waren, gilt aus Sicht von Skeptikern bis heute als ungelöst.

In Leipzig steckten bisher Unbekannte bereits in der Nacht auf Dienstag im Bereich Herrmann-Liebmann-Straße/Eisenbahnstraße symbolisch eine Matratze in Brand, direkt vor einem Hauswand-Schriftzug: „Oury Jalloh – 20 Jahre Mord ohne Gerechtigkeit“ und just an dem Ort, wo ein neuer Polizeiposten eingerichtet werden soll.

Unbekannte Personen verbrannten an der Eisenbahnstraße eine Matratze. Foto: Gregor Wünsch
Unbekannte verbrannten an der Eisenbahnstraße eine Matratze. Foto: Gregor Wünsch

Charlie Hebdo und weitere Angriffsziele: Gedenken an Terrorwelle in Frankreich 2015

Ein anderes, trauriges Ereignis jährte sich heute zum zehnten Mal: Mit einem offiziellen Gedenkakt wurde in Frankreich des Anschlags auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo vom 7. Januar 2015 gedacht. Zwei islamistische Terroristen waren seinerzeit in die damaligen Pariser Büroräume des Magazins eingedrungen und hatten ein Massaker angerichtet.

Am Ende waren zwölf Menschen tot, darunter neben Redaktions-Mitarbeitern auch zwei Polizisten. Begründet wurde die grausame Tat mit dem Zeigen von Karikaturen des Propheten Mohammed durch die Satirezeitschrift, was einer todeswürdigen Gotteslästerung gleichkäme. Die Attentäter, ein Brüderpaar, wurden zwei Tage später auf der Flucht im Feuergefecht mit Polizeikräften erschossen.

Im Zusammenhang mit der Gewalttat kam es zudem zu einem Angriff auf eine Polizistin und einen koscheren Supermarkt in Paris, in der Summe waren 17 Todesopfer zu beklagen. Auch an den anderen Tatorten gab es heute Gedenkveranstaltungen. Vor dem ehemaligen Redaktionssitz von Charlie Hebdo im 11. Pariser Arrondissement wurden nach einer Schweigeminute die französische Nationalhymne abgespielt und ein Kranz niedergelegt. Anwesend waren unter anderem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron (48) und die Oberbürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo (65).

Der Terroranschlag auf Charlie Hebdo hatte 2015 zu einer großen Solidaritätswelle zugunsten von Meinungsfreiheit und gegen extremistische Tendenzen geführt, zugleich brach eine große Debatte über Sicherheit und Radikalisierung los. Im selben Jahr wurde Frankreich erneut bis ins Mark erschüttert, als Terroristen im November an mehreren Orten in Paris zuschlugen, 130 Menschen töteten und hunderte verletzten, unter anderem im Bataclan-Theater.

Auch heute gilt die Terrorgefahr als unverändert hoch, warnte Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau (64) mit Blick auf jüngste Vorfälle in Magdeburg oder New Orleans.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

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Was sonst noch wichtig war:

Ein Polizeibeamter aus Sachsen kam heute während eines Einsatzes in Südbrandenburg ums Leben: Der 32-Jährige habe in Lauchhammer ein mutmaßlich gestohlenes Fahrzeug kontrollieren wollen, dieses habe ihn erfasst und schwer verletzt, heißt es. Trotz medizinischer Notversorgung verstarb der Polizist, er hinterlässt eine Partnerin und eine Tochter. Drei Verdächtige wurden festgenommen.

Kann man geflüchtete Syrer aus Deutschland ausweisen? Dafür gäbe es in der Praxis trotz des Sturzes der brutalen Assad-Diktatur im Dezember 2024 noch immer viele Hürden, heißt es am Dienstag.

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