Wenige Wochen vor der Landtagswahl in Sachsen erschüttert der Rücktritt des mittelsächsischen Landrats Dirk Neubauer die politische Landschaft – zumindest jenen kleinen Teil, der nicht aktiv oder passiv mit dafür verantwortlich ist. Außerdem: Ampel und Union haben sich auf Änderungen im Grundgesetz verständigt, die das Bundesverfassungsgericht besser schützen sollen – vor allem vor der AfD. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 23. Juli 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Mittelsachsens parteiloser Landrat Dirk Neubauer hat seinen Rücktritt erklärt. In einer Videobotschaft erklärte er, dass es dafür mehrere Gründe gebe. Seit Monaten werde er massiv von Rechtsradikalen bedroht, weil er sich beispielsweise für besseren Klimaschutz einsetze. Die Bedrohungen hätten mittlerweile auch sein privates Umfeld erreicht.

Allein deswegen gehe er aber „nicht in die Knie“; damit könne er umgehen. „Ich gebe auf, weil da draußen zu viele den Mund halten“, so Neubauer. Damit meint er zum einen, dass sich zu wenige (Mandatsträger*innen) öffentlich gegen Rechtsradikalismus positionieren würden, und zum anderen, dass politische Beteiligungsmöglichkeiten im Landkreis kaum genutzt würden.

Als dritten Grund für seinen Rücktritt nannte Neubauer die Bundes- und Landespolitik, die aktuell für die Herausforderungen im Landkreis „nicht hilfreich“ sei.

Neubauer war vor zwei Jahren überraschend zum Landrat in Mittelsachsen gewählt worden. Er hatte damit die Dominanz der CDU-Landräte durchbrochen. SPD, Grüne und Linke hatten seine Kandidatur unterstützt. Wann ein neuer Landrat gewählt wird, steht noch nicht fest. Neubauer geht nach eigenen Angaben davon aus, dass dies noch 2024 passieren wird.

Reaktionen auf den Rücktritt

Henning Homann, Co-Vorsitzender der sächsischen SPD, bezeichnete den Rückzug als „menschlich nachvollziehbar“. Politisch sei er „eine Katastrophe“. Er machte unter anderem die CDU mit dafür verantwortlich. Diese habe sich im Landkreis „jeder Sacharbeit verweigert“. Ähnlich hatte sich auch Neubauer selbst geäußert. Homann gab sich aber auch kämpferisch: „Wir werden uns der Zermürbungstaktik der Rechten nicht beugen.“

Die Linkspartei möchte dafür kämpfen, „dass die vielen guten Entwicklungen, die Dirk Neubauer angestoßen hat, weiter vorangetrieben werden“. Das erklärten der Landesvorsitzende Stefan Hartmann und die Kreisvorsitzende von Mittelsachsen, Marika Tändler-Walenta, in einer gemeinsamen Mitteilung. Es sei nicht hinzunehmen, dass „Bedrohungen bis vor die eigene Haustür Politikerinnen und Politiker zum Rücktritt treiben“.

Ähnlich äußerten sich weitere Politiker*innen aus der Linkspartei, beispielsweise die beiden Landtagsabgeordneten Marco Böhme und Kerstin Köditz. Es sei „ein trauriger Tag für die Demokratie“, so Köditz. „Zutiefst traurig und bestürzend“ findet Böhme den Vorgang.

Schutz für das oberste Gericht

Ampelkoalition sowie CDU und CSU wollen das Bundesverfassungsgericht besser vor möglichen Angriffen durch die AfD schützen. Bestimmte Vorgaben sollen künftig im Grundgesetz stehen und könnten dann nicht mehr mit einer einfachen Mehrheit geändert werden. Dazu zählen beispielsweise Anzahl der Richter*innen, deren Amtszeit sowie die Festlegung, dass das Gericht seine Arbeitsweise selbst bestimmen darf.

Weiterhin gilt allerdings, dass die Richter*innen vom Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden müssen. Sollte die AfD mehr als ein Drittel der Sitze erlangen, könnte sie die Wahl also blockieren. Manche Expert*innen forderten auch hier eine Änderung, andere verweisen darauf, dass staatliche Institutionen auch darauf angewiesen seien, dass eine (deutliche) Mehrheit der Bevölkerung demokratische Parteien wählt.

Vorgänge wie in Ungarn oder Polen, wo rechtsautoritäre Regierungen die Gerichte durch Gesetzesänderungen teilweise entmachtet hatten, hatten ebenfalls Anlass zu den Änderungen gegeben. Bundestag und Bundesrat müssen den geplanten Änderungen mit Zweidrittelmehrheiten zustimmen.

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) bezeichnete den Kompromiss als „sehr gute Nachricht für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und unseres Grundgesetzes“. Diese Einigung sende auch ein wichtiges „parteiübergreifendes Signal der Geschlossenheit“.

Worüber die LZ heute berichtet hat: über die gesunkenen Geburtenzahlen in Leipzig,

über die gestiegenen Millionärszahlen in Sachsen und

über einen Totschlagprozess am Landgericht.

Worüber LZ TV berichtet:

Außerdem geht es um die Pressekonferenz von BSG Chemie. Schauen Sie gern in der Mediathek vorbei!

Was heute außerdem wichtig war: Rund 95 Prozent der sächsischen Schüler*innen haben im zurückliegenden Schuljahr ihren Abschluss geschafft. Das ist ein Prozentpunkt weniger als im Jahr zuvor. Der Notendurchschnitt im Abitur liegt bei 2,18; ein Rückgang von 0,02 Punkten. 348 Schüler*innen erreichten die Note 1,0.

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