Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das rechtsextreme Monatsmagazin „Compact“ des Publizisten Jürgen Elsässer sowie die „CONSPECT Film GmbH“ verboten, in mehreren Bundesländern kam es heute zu Hausdurchsuchungen. Und: Die AfD Sachsen ist am Verwaltungsgericht Dresden mit dem Antrag gescheitert, die Einstufung des Landesverbands als „erwiesen rechtsextrem“ zu stoppen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 16. Juli 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Schlag gegen neurechtes Milieu: Magazin „Compact“ wurde verboten

Es war die große Nachricht am Beginn des Dienstags: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (54, SPD) hat ein Verbot für die rechtsextreme „Compact Magazin GmbH“ sowie die „CONSPECT FILM GmbH“ verfügt.

In Brandenburg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kam es seit den Morgenstunden zu Durchsuchungen von Wohnungen und Geschäftsräumen, bei denen Beweismittel konfisziert wurden.

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser beim SPD-Forum „Sag mal, Sachsen ..: Demokratie in Gefahr! Wie sichern wir unsere Freiheit?“ am 13. Mai 2024 im Ariowitsch-Haus, Leipzig. Foto: Jan Kaefer
Bundesinnenministerin Nancy Faeser beim SPD-Forum „Sag mal, Sachsen …: Demokratie in Gefahr! Wie sichern wir unsere Freiheit?“ am 13. Mai 2024 im Ariowitsch-Haus in Leipzig. Foto: Jan Kaefer

Das Verbot stützt sich laut Bund auf das Grundgesetz und das Vereinsrecht. Demnach würde der Adressat des Verbots verfassungsfeindliche und gegen die Menschenwürde gerichtete Ziele verfolgen.

Es dürfte vor allem ein empfindlicher Schlag für den neurechten Aktivisten Jürgen Elsässer sein, dessen Person sich wie keine andere mit dem „Compact“-Magazin verbindet. Der 67-jährige Ex-Linke ist Chefredakteur dieser Monatszeitschrift, die 2010 mit einem überschaubaren Startkapital an den Markt ging und über die Jahre ein Massenpublikum aufbauen konnte.

Compact und sein Potpourri an problematischen Weltbildern

Wohl nicht zuletzt deshalb, weil das Medium samt Online-Kanal und Internet-Shop (beide waren am Dienstagnachmittag nicht mehr erreichbar) in reißerisch-manipulativer Art ein breites Themenspektrum bedient(e). Immer wieder wurden antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, verschwörungsideologische und geschichtsrevisionistische Weltbilder gefüttert, in denen es etwa gegen Migranten, die USA, die NATO, „jüdische Finanzeliten“, regierende Politiker oder den baldigen Untergang Deutschlands geht.

„Compact“ gilt laut Bundesamt für Verfassungsschutz seit Dezember 2021 als gesichert rechtsextrem, sprang während der Jahre auf alle Krisen von Migration über Corona bis hin zur Ukraine auf. Zuletzt wurde auch der Anschlagsversuch auf Ex-US-Präsident Donald Trump im Netz thematisiert.

„Es ist zu befürchten, dass Rezipienten der Medienprodukte durch die Publikationen, die auch offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“, heißt es seitens des Bundes.

Jürgen Elsässer als Redner bei einer Legida-Kundgebung in Leipzig (2016). Archivfoto: Alexander Böhm
Jürgen Elsässer als Redner bei einer Legida-Kundgebung in Leipzig (2016). Archivfoto: Alexander Böhm

Ex-Kommunist Elsässer, der auch innerhalb der neurechten Szene nie unumstritten war, aber als gut vernetzt im Milieu gilt, kann gegen das Verbot klagen. Aufschiebende Wirkung hätte dieser Weg allerdings nicht. Zudem bezieht sich das Verbot auf sämtliche Aktivitäten des Unternehmens, sodass auch eine Fortsetzung der Tätigkeit unter anderem Label keine Option darstellt.

AfD Sachsen vs. Verfassungsschutz: Eilantrag scheitert vor Gericht

Eigentlich kann man elegant überleiten: „Compact“ hatte bis zuletzt auch engste Verbindungen zur AfD – die das Verbot übrigens scharf kritisiert hat. Ihr sächsischer Landesverband jedoch schlägt sich gerade noch mit anderen Dingen herum. Zwar geht es derzeit um kein Verbot, aber immerhin um die Einstufung des Landesverbands als erwiesen rechtsextrem, wie sie Sachsens Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) im Dezember 2023 vorgenommen hatte.

Nun ist die AfD Sachsen mit einer Klage dagegen im Eilverfahren gescheitert: Das Verwaltungsgericht Dresden erklärte die Einstufung durch das LfV für rechtmäßig, da es genügend Anhaltspunkte gäbe, wonach der Landesverband Menschengruppen pauschal degradiere und sich gegen die Demokratie im Allgemeinen stelle.

Im öffentlich einsehbaren Gerichtsurteil listeten die Richter am Beispiel des Reizthemas Migrationspolitik eine Vielzahl öffentlicher Äußerungen von AfDlern auf, um zu dem eindeutigen Schluss zu kommen: „Die Vielzahl der diffamierenden und die menschliche Würde missachtenden Positionierungen dokumentieren in der Gesamtschau (…), dass es sich nicht um einzelne Entgleisungen, sondern um eine charakteristische Grundtendenz handelt.“ Mit Pointierung und überspitzter Kritik habe all dies nichts mehr zu tun.

Solange die AfD Sachsen als gesichert rechtsextrem gilt, darf der Verfassungsschutz die Partei auch umfangreicher mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Gegen den heute publizierten Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden ist eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bautzen möglich. Ob es dazu kommt, steht bislang nicht fest.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

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Warum werden nicht endlich all die islamistisch-religiösen Vereine verboten, die ebenfalls nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen? Laut Auskunft des Bundestags gibt es (Stand April 2024) 1.680 als „islamistisch-terroristisch“ ausgemachte Terroristen im Land. Dazu kommen eine Reihe Vereine, die ihnen einen sicheren Hafen, Geld, Kontakte und Infrastruktur bieten.

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