Zum internationalen Arbeiter*innenkampftag demonstrierten in Leipzig Gewerkschaften, anarchistische, sozialistische, kommunistische und internationalistische Gruppen. Auch bundesweit schlagen die Demonstrationen zum 1. Mai Wellen. Und: Die Verkehrsverbünde ziehen eine durchwachsene Bilanz für das Deutschlandticket: Sowohl Stadt-Land-Unterschiede als auch die ungesicherte Finanzierung machen dem Projekt zu schaffen. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 1. Mai 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Zahlreiche Demonstrationen zum 1. Mai
Zum internationalen Arbeiter*innenkampftag demonstrierten Gewerkschaften und politische Gruppen in Leipzig. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Leipzig-Nordsachsen traf sich 10 Uhr im Clara-Zetkin-Park zu einer Fahrrad-Demo. Ab 10:30 Uhr hatte der Gewerkschaftsverbund zudem zu einer Laufdemo ab dem Volkshaus in der Karl-Liebknecht-Straße aufgerufen. Die Demonstrationen trafen sich auf dem Marktplatz mit rund 2.200 Teilnehmenden. Einem Aufruf des Zentralverbands der Deutschen Schornsteinfeger e.V. (ZDS) zur Beteiligung an der DGB-Demo folgend, beteiligten sich unter anderem auch rund 150 Schornsteinfeger*innen.
Auf dem Leipziger Markt präsentierten sich verschiedene Gewerkschaften mit ihren Ständen. Auch Parteien, darunter die Linke, SPD, Grüne und das neugegründete Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) beteiligten sich.
Der DGB sprach sich bundesweit in diesem Jahr für „Mehr Lohn, Freizeit und Sicherheit“ aus und fordert unter anderem fünf Tage Bildungszeit, Solidarität anstatt einem „Streikrecht“ und eine Erhöhung der Tarifbindung in Sachsen.
Sozialistische, kommunistische und internationalistische Demos
Auch die Leipziger Palästina-Gruppe „Handala“ beteiligte sich an der DGB-Demonstration. Die Personen wurden wegen des Tragens von Palästina-Flaggen von der Demonstration ausgeschlossen. Nachdem die Flaggen entfernt wurden, durften die Personen wieder an der Demonstration teilnehmen. Bereits zum 8. März hatten DGB und die Gewerkschaft ver.di eine Demonstration abseits des 8. März-Bündnis veranstaltet, nach eigenen Angaben weil das Nationalflaggenverbot auf Demonstrationen in der Satzung festgelegt sei.
Am Südplatz startete am Nachmittag eine Großdemonstration mit verschiedenen thematischen Blocks mit insgesamt 2.500 Teilnehmenden. Unter anderem hatte die Gruppe „Rote Wende Leipzig“, die sich selbst als kommunistisch bezeichnet unter dem Motto „Den politischen Streik erkämpfen!“ mit dem Schwerpunkt, Arbeitskämpfe zu politisieren dazu aufgerufen. Im „Sozialistischen Block“ trafen sich die sogenannten „roten Gruppen“, darunter die Jugendgruppen „Zora“ und „Young Struggle“.
Mehrmals wurde die Demonstration noch vor dem Innenstadtring wegen dem Einsatz von Pyrotechnik und der Parole „From the river to the sea“ von der Polizei gestoppt.
Am Rabet rief das feministische Kollektiv „Abya Yala Libre“ von 15 bis 19 Uhr zu einer Versammlung mit dem Titel „1st of May for all“ auf. Auch sie kritisierten Kriegsdiskurse und forderten Frieden und Gerechtigkeit. Zudem stellten die Gruppen antirassistische und dekoloniale Perspektiven in den Vordergrund. Sie sprachen sich mutmaßlich mit Bezug auf Nahost-Diskurse für einen „1. Mai, der den Flüchtlingen und MigrantInnen gewidmet ist, die sich in den letzten 6 Monaten sichtbar gemacht und mutig ihre Stimme erhoben haben, trotz Phobien, Rassismus und zynischer deutscher Moral“ aus.
Anarchistische Gewerkschaftsdemo und Vorabenddemo
Zudem traf sich eine Demonstration der Freien Arbeiter*innen Union (FAU) auf dem Richard-Wagner-Platz. Unter dem Motto „Revolution ist Alltagssache“ versammelten sich rund 400 Menschen. Die FAU plädierte dafür, in einer von Klimakrise, Fluchtbewegungen, Kriegen und dem Abbau von Absicherungen und öffentlichen Infrastrukturen und einer Autoritarismus-Tendenz bestimmten Gesellschaft, für die Verbesserung der eigenen Lebenssituation zu kämpfen, „um zugleich das Ganze zu verändern.“ Der Aufzug endete am Rabet im Leipziger Osten.
Am Vorabend hatte sich bereits eine anarchistische „Take back the night“-Demonstration im Leipziger Westen getroffen. Im Verlauf des Aufzugs hielt die Polizei die Demonstrierenden mehrmals wegen Vermummung und des Verwendens von Pyrotechnik angehalten. Im Verlauf des Abends berichten Augenzeug*innen von erhöhter Polizeipräsenz rund um die Karl-Heine-Straße. Die freie Journalistin Armilla Brand berichtete auf X, dass polizeiliche Maßnahmen zur Personenkontrolle stattfanden.
Ein ausführlicher Bericht zur anarchistischen Vorabend-Demo auf der LZ wird folgen.
Demonstrationen sachsen- und bundesweit: Massive Polizeipräsenz in Hamburg und Berlin
Insgesamt hatte der DGB sachsenweit zu 17 Demonstrationen aufgerufen, unter anderem auch in Aue, Zwickau, Bautzen, Dresden, Riesa, und im Leipziger Umland in Borna, Torgau und Delitzsch. Unterschiedliche Gruppen und die Partei Die Linke schlossen sich regional den Demonstrationen an. Der DGB Dresden rief nach eigenen Angaben zur ersten gewerkschaftlichen Demonstration der Stadt auf. Mit seinen acht Gewerkschaften wollte der Verband „auf den wachsenden Arbeitsdruck und ungerechte Löhne aufmerksam.“
Laut einem Bericht der Tagesschau sind in Berlin rund um die 1. Mai-Demonstrationen 5.600 Polizeibeamte im Einsatz. So wird auch bei der „revolutionären“ Demonstration, die am Abend in Neukölln startet eine hohe Polizeipräsenz erwartet. Insbesondere propalästinensische Berliner Gruppen, die vor allem migrantische Personen ansprechen, sprachen bereits in ihren Demoaufrufen von zu erwartender Polizeigewalt.
Auch die Hamburger Polizei war laut Tagesschau im Großeinsatz rund um drei Demonstrationen. Ebenso wie in Berlin wurde mit der Gewaltbereitschaft linker und linksextremer Gruppen für den Einsatz argumentiert. Im vergangenen Jahr war ein Mann bei einer 1. Mai-Demo durch die Polizei in Hamburg schwer verletzt worden.
Die bundesweite DGB-Chefin Yasmin Fahimi sprach sich unterdessen bei der Hauptveranstaltung des DGB in Hannover für die Rolle der Gewerkschaften in der Demokratie und einem Stoppschild für die extreme Rechte aus: „Gewerkschaften, das ist der solidarische Zusammenschluss der Beschäftigten, um eine selbstorganisierte Macht zu entfalten – unabhängig von Regierungen.“
Erfolgsmodell Deutschlandticket: Stadt-Land-Unterschiede in Sachsen
Zum ersten Geburtstag des Deutschlandtickets ziehen die Verkehrsverbände in Sachsen und die Deutsche Bahn eine positive Bilanz. Insbesondere die Unabhängigkeit von Landesgrenzen und der niedrige Preis seien Teil des Erfolgs. Damit es sein ganzes Potenzial entfalten könne, sei nun eine langfristig gesicherte Finanzierung erforderlich, die auch ein weiter ausgebautes Verkehrsangebot beinhalte, so der Bundesverband Schienennahverkehr.
„Das ein Jahr junge Angebot zieht auch neue Zielgruppen an und verlagert über 7 % von Autofahrten in den öffentlichen Verkehr. Jede:r dritte Deutsche hat dieses Ticket bereits mindestens einmal erworben. Hochrechnungen zeigen eine Einsparung von 1,2 Mio. Tonnen CO2 in den ersten 12 Monaten nach Einführung des Tickets“, hieß es vom Bundesverband.
Laut einer Umfrage des MDR Sachsen bei den zuständigen Unternehmen haben sich auch die Ticket-Zahlen in einigen Regionen seit dem 1. Mai 2023 verdoppelt. So würden vom Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) in Dresden aktuell 155.000 Tickets ausgegeben. Vor einem Jahr seien es noch 74.000 gewesen. In ganz Sachsen hätten sich die Fahrgastzahlen vor allem in den Städten nach oben entwickelt, so das Umfrage-Ergebnis. In den ländlichen Regionen hätten sich die Zahlen jedoch nach unten entwickelt.
Bund, Länder und die Branche stünden nun vor einem „Kompromiss-Marathon“, so der Bundesverband Schienennahverkehr, denn aktuell ist die Finanzierung für 2025 noch nicht geklärt.
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Neue Regelungen zum 1. Mai und propalästinensische Proteste in den USA
Zahlreiche neue Regelungen treten zudem zum 1. Mai 2024 inkraft. Darunter ein plus von 3,3 Prozent bei den Gehältern in der Elektro- und Metallindustrie, eine Steigerung des Mindestlohns in der Pflege für Ungelernte von 14,15 Euro auf 15,50 Euro, sowie für Fachkräfte von 18,25 Euro auf 19,50 Euro und die Kennzeichnung von mit KI-erstellten oder bearbeiteten Fotos auf Facebook, Instagram und Threads.
An mehreren Universitäten in den USA eskalierte in den vergangenen Wochen die Gewalt gegen propalästinensische Proteste. Laut dem Sender CNN gingen zuletzt propalästinensische und proisraelische Demonstrierende an der University of California in Los Angels (UCLA) aufeinander los. Vor einigen Tagen war mehrmals ein Camp propalästinensischer Studierender an der Columbia University geräumt worden. Rund 133 Menschen wurden allein am 23. April in New York in Gewahrsam genommen, 47 Personen waren es an der Universität Yale.
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