Bundesweit haben heute Beschäftigte der Sicherheitsbranche ihre Arbeit niedergelegt, auch in Leipzig. Außerdem geht aus der sächsischen Kriminalstatistik hervor, dass die Polizei deutlich mehr Fälle von rassistischer Hasskriminalität registriert hat, darunter viele antisemitische Taten. Und nahe Gera hat die Polizei zwei islamistische Terrorverdächtige festgenommen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 19. März 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Antisemitische Straftaten in Sachsen stark angestiegen
Die Zahl der polizeilich registrierten antisemitischen Straftaten in Sachsen ist massiv angestiegen. Das geht aus der heute veröffentlichten Kriminalstatistik des sächsischen Innenministeriums für das Jahr 2023 hervor. Demnach ordnete die Polizei im vergangenen Jahr 275 Taten der antisemitischen Hasskriminalität zu. In den Jahren zuvor war der Wert zwar kontinuierlich gestiegen, jedoch immer nur im Zehnerbereich (2019: 144; 2020: 157; 2021: 167; 2022: 172).
Sogenannte Hasskriminalität ist nach Angaben des Innenministeriums überwiegend rechtsmotiviert. Ein Großteil der Taten sind Volksverhetzungs- und Propagandadelikte. Zudem treten die Tatbestände Belohnung und Billigung von Straftaten sowie Sachbeschädigungen häufig auf. Laut Innenministerium zeigt der starke Anstieg von Hasskriminalität „die Zuspitzung gesellschaftlicher Konflikte“.
Eine Tat, die mit großer Wahrscheinlichkeit in die entsprechende Kriminalstatistik für 2024 einfließen wird, ereignete sich erst vor Kurzem in Leipzig. Unbekannte hatten eine öffentlich zugängliche Hörstation vor der Deutschen Nationalbibliothek, an der Zitate aus Anne Franks Tagebuch abgespielt werden können, mit dem Schriftzug „Fälschung“ beschmiert.
„Die Echtheit des Tagebuchs von Anne Frank wird seit seiner Erscheinung von Altnazis und Neonazis angezweifelt, da es ein biographischer Beleg für die Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus ist“, schreibt das Leipziger Dokumentationsprojekt „chronik.LE“ dazu.
Immer mehr politisch motivierte Kriminalität gegen Amts- und Mandatsträger*innen
Nicht nur die Zahl antisemitischer Straftaten im Bereich Hasskriminalität ist angestiegen, sondern Hasskriminalität im Allgemeinen. Die Polizei nahm auch deutlich mehr „fremdenfeindliche“ (von 684 im Jahr 2022 auf 906 im Jahr 2023) und rassistische Taten (von 119 im Jahr 2022 auf 153 im Jahr 2023) auf – wobei nicht klar ist, wie die sächsischen Sicherheitsbehörden diese Kategorien definieren und entsprechend voneinander abgrenzen.
Auch der Aufwärtstrend der politisch motivierten Kriminalität gegen Inhaber*innen öffentlicher Ämter und gegen Parteibüros hat sich fortgesetzt. Seit 2020 ist in Sachsen jedes Jahr ein deutlicher Anstieg im Bereich dieser Straftaten zu sehen. Beispielsweise stieg die Zahl der politisch motivierten Taten gegen Amtsträger*innen von 270 im Jahr 2022 auf 302 im vergangenen Jahr. Mandatsträger*innen, also zum Beispiel Stadträte, wurden laut der Statistik ebenfalls häufiger Opfer von Straftaten (von 45 im Jahr 2022 auf 77 im Jahr 2023).
In Leipzig-Engelsdorf war es erst Ende Februar zu einem offenbar politisch motivierten Brandanschlag gekommen, der sich wohl gegen AfD-Stadtrat Marius Beyer richtete. Unbekannte hatten einen BMW in Brand gesetzt, welcher der Mutter des AfD-Stadtrats gehören soll. Zudem wurde die Garagenwand am Elternhaus des 24-Jährigen mit den Worten „NAZISCHWEIN – Wir kommen wieder“ und der Ziffernfolge 161 versehen, die für die Abkürzung „Antifa“ steht. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen des Verdachts einer politischen Tatmotivation.
Beschäftigte der Sicherheitsbranche streiken in Leipzig
Beschäftigte von Wach- und Sicherheitsunternehmen haben heute im Rahmen eines Warnstreiks bundesweit ihre Arbeit niedergelegt. In Leipzig versammelten sich die Streikenden heute am Volkshaus auf der Karl-Liebknecht-Straße. Nach MDR-Informationen nahmen in Leipzig unter anderem Pförtner, mobile Schutzdienste und Beschäftigte der BMW-Werksfeuerwehr am Warnstreik teil. Aufgerufen dazu hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Verdi fordert einen Tarifvertrag für die Beschäftigten der Sicherheitswirtschaft in Sachsen. Der Arbeitgeberverband Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BSW) hat bereits einen Tarifvertrag abgeschlossen – allerdings nicht mit Verdi, sondern mit der konkurrierenden christlichen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) – und weist die Forderung von Verdi mit dieser Begründung zurück. Nach Angaben von Verdi arbeitet ein Großteil der 15.000 Beschäftigten in der sächsischen Sicherheitsbranche ohne Tarifvertrag.
Der von Verdi geforderte Tarifvertrag soll unter anderem höhere Stundenlöhne und Regelungen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge mit sich bringen.
Zeitgleich fanden im Volkshaus am Dienstag Tarifverhandlungen zwischen Verdi und den kommunalen Nahverkehrsunternehmen statt. Die Verhandlungen für den Tarifvertrag im Nahverkehr befinden sich bereits in der dritten Runde. Vor dem Gewerkschaftshaus versammelten sich deshalb auch Beschäftigte der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) und Unterstützer*innen der Kampagne „Wir fahren zusammen“. „Wir fahren zusammen“ ist eine Allianz der Klimabewegung Fridays for Future mit Gewerkschaften.
Offenbar Anschlag vereitelt: Mutmaßliche IS-Anhänger bei Gera festgenommen
In der Nähe von Gera (Thüringen) hat das Bundeskriminalamt heute zwei Männer festgenommen, die einen Anschlag auf das schwedische Parlament in Stockholm geplant haben sollen. Laut der Bundesanwaltschaft handelt es sich bei den Festgenommenen um ein mutmaßliches Mitglied des „Islamischen Staats“ (IS) und um einen mutmaßlichen Unterstützer der terroristischen Gruppe.
Ibrahim M. G., einer der Festgenommenen, soll letzten Sommer von der ISPK beauftragt worden sein, einen islamistischen Anschlag in Europa durchzuführen – als Reaktion auf öffentliche Koranverbrennungen, die besonders in den skandinavischen Ländern immer wieder stattfinden. Konkret soll Ibrahim M. G. – unterstützt von dem zweiten Festgenommenen Ramin N. – geplant haben, vor dem Parlament in Stockholm Polizist*innen und andere Personen zu erschießen.
Die Versuche der beiden Beschuldigten, sich Waffen für die geplante Tat zu besorgen, sind laut Bundesanwaltschaft bisher erfolglos geblieben.
Die Beschuldigten sind nach Angaben des Generalbundesanwalts seit spätestens 2023 Anhänger der IS-Ideologie. Ibrahim M. G. soll sich im August 2023 von Deutschland aus dem regionalen Ableger „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) angeschlossen haben. Vorher hatte er nach Erkenntnissen der Behörden zusammen mit Ramin N. in Deutschland für den IS Spenden in Höhe von rund 2.000 Euro gesammelt und der Vereinigung über Mittelspersonen zukommen lassen. Das Geld sollte inhaftierten IS-Mitgliedern in Nordsyrien zugutekommen.
Worüber die LZ heute außerdem berichtet hat:
Der Stadtrat tagte: Das Leipziger Kita-System muss jetzt angepasst werden + Video
Der Stadtrat tagte: Lebenszeichen für den „Bagger“ + Video
Eine neue Buchausstellung im „Pilot“: Schaufenster für die „Fröhliche Wissenschaft“
Was heute außerdem wichtig war: Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner darf nicht mehr nach Deutschland einreisen. Das Einreiseverbot hat die Ausländerbehörde Potsdam verhängt. Hintergrund ist ein Treffen Rechtsextremer in einem Potsdamer Hotel im November vergangenen Jahres, über das die Rechercheplattform Correctiv berichtet hatte. Sellner hatte an dem Treffen teilgenommen.
Überdies hat die Social-Media-Plattform TikTok die Reichweite des Dresdner AfD-Politikers Maximilian Krah erheblich eingeschränkt. Als Begründung nannte das Unternehmen wiederholte Verstöße gegen die Community-Richtlinien durch Krah.
Krah ist Spitzenkandidat der AfD für die Europawahlen und richtet sich auf TikTok – gemessen an der Reichweite – bisher sehr erfolgreich gezielt an die junge Klientel. Zuvor hatte das ZDF Magazin Royale am Beispiel Krahs die Strategie der AfD thematisiert, die vorrangig von jungen Menschen genutzte App TikTok mit rechtsextremen Inhalten zu bespielen.
Was morgen wichtig wir: Am Mittwoch, dem 20. März 2024, startet der Vorverkauf für die diesjährige Museumsnacht Leipzig-Halle am 4. Mai. Tickets können über die Webseite sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen erworben werden. Die Organisator*innen weisen darauf hin, dass es keine Abendkasse in den teilnehmenden Museen geben wird.
Personen bis einschließlich 18 Jahren erhalten kostenlosen Eintritt, müssen dennoch ein sogenanntes Jugendticket erwerben. Wer einen Leipzig- bzw. Halle-Pass besitzt oder den Familien-Pass Sachsen oder Sachsen-Anhalt, muss 7 Euro Eintritt bezahlen. Ermäßigte Tickets (zum Beispiel für Auszubildende und Studierende) kosten 10 Euro, Normaltickets 14 Euro.
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