Bundesweit hat die Letzte Generation ihre „Ungehorsamen Versammlungen“ veranstaltet. Auch in Leipzig demonstrierten und blockierten Menschen am Samstag für mehr Klimaschutz. Eine weitere Kundgebung fand anlässlich des Tags der politischen Gefangenen statt. Außerdem: Grüne und AfD stellen ihre Listen für die Landtagswahlen auf. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 16./17. März 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
„Ungehorsame Versammlung“ der Letzten Generation
Die Letzte Generation (LG) verändert ihre Aktionsform: In mehreren deutschen Städten rief die Klimagruppe zu „Ungehorsamen Versammlungen“ auf. Rund 150 Menschen versammelten sich am Samstagmittag auf dem Kleinen Wilhelm-Leuschner-Platz zu einer Versammlung gegen die Abholzung der nahen Bäume. Knapp 50 Demonstrant*innen lief nach Beendigung der angemeldeten Versammlung auf die Straßenkreuzung und blockierten über mehr als zwei Stunden den Autoverkehr.
Die Versammlungen stehen unter dem Motto „Demokratie braucht Ehrlichkeit“. In einer Mitteilung der LG heißt es: „Die Politik soll ehrlich eingestehen, dass die soziale Ungerechtigkeit im Land untragbar geworden ist. Sie soll ehrlich eingestehen, dass der aktuelle Kurs unsere Gesellschaft schnurstracks Richtung Faschismus und Klimakollaps führt. Denn nur, wenn die Politik hier ehrlich ist, hat die Gesellschaft eine Chance, demokratische Wege aus der Krise zu finden.“
Die Gruppe fordert unter anderem den Stopp von Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffen und eine gerechte Umverteilung der Kosten. Anders als bei früheren Aktionen klebten sich die Teilnehmenden der „Ungehorsamen Versammlung“ nicht auf der Straße fest.
„Wir möchten, dass jeder sich beteiligen und ein Teil des Wandels hin zu einer sozial gerechteren und nachhaltigeren Zukunft werden kann“, hieß es im Aufruf auf dem Instagram-Kanal der Leipziger Ortsgruppe. Deshalb gebe es sichere Räume für alle Teilnehmenden.
Die Polizei forderte die Teilnehmenden auf, die Fahrbahn zu verlassen und begann schließlich mit der Räumung und Identitätsfeststellung. Mehrere Personen setzten sich erneut auf die Straße, einige wurden deshalb kurzfristig in Gewahrsam genommen. Laut Polizei kam es zu „geringfügigen Verkehrsbeeinträchtigungen“, der Verkehr wurde umgeleitet und kurz vor 17 Uhr wieder freigegeben.
Mehrere Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, sowie wegen Sachbeschädigung (Graffiti auf der Straße) wurden aufgenommen.
LG protestierte deutschlandweit
In 10 Städten waren „Ungehorsame Versammlungen“ angekündigt. So blockierten auch in Berlin nach Polizeiangaben etwa 130 Teilnehmende die Warschauer Brücke, ein Verkehrsknotenpunkt in Friedrichshain-Kreuzberg. Ähnlich wie in Leipzig liefen die Teilnehmenden immer wieder auf die Straße und blockierten den Autoverkehr.
Auch in München und Regensburg protestierten mehr als 100 Personen. Weitere Aktionen gab es in Bremen, Köln, Karlsruhe, Freiburg, am Stuttgarter Flughafen, sowie eine Zufahrtsstraße zum Fährhafen Sassnitz auf Rügen, unweit des Rügener LNG-Terminals.
Die Letzte Generation begann 2021 mit dem „Hungerstreik der letzten Generation“ ihren Kampf gegen das Fortschreiten der Klimakrise. Die Blockaden des Individualverkehrs sind dabei eine zentrale Aktionsform der Gruppe, meist indem sie sich mithilfe von Sekundenkleber auf dem Asphalt festkleben, um den Alltag zu stören und so auf die fortschreitende Klimakrise aufmerksam zu machen.
Daneben besprühten Aktivist*innen der Gruppe Infrastruktur, in Leipzig die Universität und einen Weihnachtsbaum, mit oranger Warnfarbe. Im Sommer 2023 hatte die Gruppe sich auf „Symbole des Reichtums“ fokussiert und Privatjets und Hotels mit Farbe besprüht, was jedoch deutlich weniger Aufmerksamkeit erhielt.
Kundgebung antifaschistischer Anti-Repressionsstrukturen
Am Montag, dem 18. März, wird in Erinnerung an die Pariser Kommune von 1871 der Internationale Tag der politischen Gefangenen begangen. Das Bündnis „Wir sind alle LinX“ rief in Leipzig bereits am Sonntag zu einer Kundgebung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz auf. In Redebeiträgen und Infoständen informierten unterschiedliche Gruppen über aktuelle Antirepressionsarbeit.
Zentrale Themen waren dabei das Antifa-Ost-Verfahren rund um Lina E., der Tag X mit dem Leipziger Kessel, sowie die aktuell laufenden Prozesse rund um den „Tag der Ehre“ in Budapest. Antifaschist*innen, unter anderem auch aus Deutschland, hatten dort vor zwei Jahren mutmaßlich Neonazis angegriffen. Infolgedessen setzte Ungarn internationale Haftbefehle auf.
Mehrere Personen sitzen bereits in Ungarn ein, einer weiteren Person droht die Auslieferung aus der Untersuchungshaft in Dresden. Mehrere Personen sind untergetaucht. In Ungarn drohen nach Angaben Aktiver unwürdige Haftbedingungen und 15 bis 20 Jahre Haft für die Antifaschist*innen.
Erstmals wurde der Tag der politischen Gefangenen 1923 von der antifaschistischen Antirepressionsstruktur „Rote Hilfe“ ausgerufen. Nach dem NS-Faschismus versuchte die Rote Hilfe, den Tag seit 1996 wieder an die Öffentlichkeit zu tragen.
Grüne und AfD stellen Listen für Landtagswahl auf
Im Superwahljahr stellen die Parteien ihre Kandidat*innen auf. So trafen sich die Grünen an diesem Wochenende in Chemnitz, um ihre Liste für die Landtagswahl aufzustellen. Die aktuelle Justizministerin Katja Meier erhielt Platz 1 (92,8 Prozent), Umweltminister Wolfram Günther Platz 2 (91,3 Prozent) und die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert Platz 3 (80,9 Prozent). Die Leipziger Abgeordneten Claudia Maicher und Christin Melcher landeten auf Platz 5 und 6.
Die Parteivorsitzende Marie Müser konnte keine Mehrheit für den 8. Listenplatz finden, stattdessen gewann ihr Kollege und aktueller Landtagsabgeordneter Markus Scholz.
Inhaltlich gingen die Redner*innen des Parteitags auf Selbstbehauptungskurs gegen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der bereits angekündigt hatte, eine Regierung ohne die Grünen bilden zu wollen.
Auch die AfD hat ihre Listen für die Wahl im September aufgestellt. Der Parteitag in Glauchau verlief anders als 2019 ohne größere Reibereien oder Störungen. Der sächsische Parteivorsitzende und Höcke-Ahänger Jörg Urban wurde zum Spitzenkandidaten gewählt. Er erklärte den Ministerpräsidentenposten zum Ziel der AfD in dieser Wahl. Auch Tino Chrupalla stellte sich hinter Urban und sprach von einem „Schicksalsjahr“, in dem man endlich gewinnen und in Regierungsverantwortung kommen wolle.
Die in Sachsen vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte AfD sparte auch bei diesem Parteitag nicht mit Hetze gegen marginalisierte Bevölkerungsgruppen und stellte sich als Opfer einer Diktatur der aktuellen Regierung dar. Trotz neoliberalen Kerninhalten beansprucht die Partei für sich, das Bollwerk des kleinen (weißen) Mannes zu sein.
Buchmesse, Panometer und tote Vögel
Worüber die LZ am Wochenende berichtete:
Vor der Lobby eingeknickt: CDU-Fraktion will Agrarstrukturgesetz nicht mehr mittragen
Wildwest in Südost: BUND Leipzig fordert Verkehrsberuhigung am Dorfanger Probstheida
DemokratieWählenJetzt: Leipziger Buchmesse und Börsenverein starten Initiative für die Demokratie
Yadegar Asisis große Hommage an Monet: „Die Kathedrale von Rouen“ wird heute eröffnet
Qualvoller Vogeltod durch Glasfronten: „Niemand möchte absichtlich Vögel töten“
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Der Stadtrat tagte: Wann ist der Mann ein Mann? + Video
In Boca Chica nachgefragt: Was ist mit Starship 3 von SpaceX tatsächlich passiert?
GDL und Bahn verhandeln und Proteste am letzten Tag der russischen Präsidentenwahl
Was außerdem wichtig war: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und die Deutsche Bahn (DB) verhandeln wieder: in kleinstem Kreis und hinter verschlossenen Türen. Beide Parteien seien zuversichtlich, in der nächsten Woche ein Ergebnis mitteilen zu können, hieß es von der GDL. Die Gewerkschaft sieht bis dahin von weiteren Streiks ab. Da die Tarifparteien Stillschweigen vereinbart haben, wird es zum Stand der Verhandlungen keinerlei öffentliche Kommunikation geben.
Wie MDR Aktuell berichtet, sind 2023 rund 841 sogenannte Schleuser, also Personen, die Migrant*innen ohne Visum oder Aufenthaltserlaubnis über die Grenze aus Polen und Tschechien nach Deutschland bringen wollen, gestellt worden. Das sind 200 mehr als im Vorjahr. Wegen eines Beschlusses der Bundesregierung werden seit Mitte Oktober vorübergehend Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien durchgeführt.
Tausende Personen haben sich laut Tagesschau-Berichten in Moskau und St. Petersburg am letzten Tag der Präsidentenwahl in Russland am Protest gegen die Wiederwahl von Wladimir Putin beteiligt. Auch in zahlreichen anderen russischen Städten gab es Kundgebungen. ebenso fand in Berlin am Sonntag ein Protest statt, an dem die Julia Nawalnaja, die Witwe des kürzlich verstorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny, teilnahm. Bereits jetzt gibt es zahlreiche Berichte von Wahlfälschungen in Russland.
Bei einer Reise unter anderem nach Israel und Jordanien hat Kanzler Scholz nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah in Akaba eine Waffenruhe in Gaza gefordert, besonders im Hinblick auf die aktuelle Offensive der israelischen Armee in Rafah. Israels Regierungschef Natanyahu machte unmittelbar vor seinem Treffen mit Scholz klar, dass er weiterhin an der Offensive festhalte.
Die humanitäre Situation in Gaza gilt besonders seit dem Beginn des Kriegs mit dem 7. Oktober 2023 als katastrophal. An jenem Tag hatten Hamas-Terroristen hunderte Israelis verschleppt und weit über 1.000 massakriert, zum Teil vergewaltigt. Israel hatte auf den Überfall mit einem Militäreinsatz im Gazastreifen reagiert, der seinerseits viele Opfer forderte.
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