Im Gegensatz zu den „Freien Wählern“ auf Bundesebene lehnt deren Landesvorsitzender in Sachsen eine klare Abgrenzung gegenüber der AfD ab. Außerdem: Etwa 250 Antifaschist*innen protestieren in Schnellroda gegen die neurechte „Winterakademie“ von Götz Kubitschek, an der mal wieder Björn Höcke teilgenommen hat. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 17./18. Februar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Die „Freien Wähler“ in Sachsen wollen nach der nächsten Landtagswahl mit der AfD zusammenarbeiten. In diesem Wortlaut haben sie das nicht beschlossen, aber es ist die logische Konsequenz dessen, was stattdessen am Sonntag aus Sachsen zu hören war: An das vom Bundesparteitag kürzlich beschlossene Kooperationsverbot mit der AfD fühle man sich nicht gebunden, erklärte der Landesvorsitzende Thomas Weidinger laut dpa.

Weidinger betonte, dass es egal sei, von wem im Sächsischen Landtag ein Antrag gestellt wird. Sei die Idee gut, wolle man zustimmen. Spitzenkandidat der „Freien Wähler“ in Sachsen wird Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger sein. Auch er kritisierte die „Ausschließeritis der AfD gegenüber“. In der Vergangenheit hatte er sowohl zu Protesten gegen die AfD aufgerufen als auch antifaschistische Akteur*innen wie „Leipzig nimmt Platz“ kritisiert.

Letztere waren am Wochenenden auch mal wieder unterwegs – diesmal in Schnellroda. Dort fand die jährliche „Winterakademie“ des neurechten „Instituts für Staatspolitik“ von Publizist Götz Kubitschek statt. Organisiert wurde der Protest wie gewohnt vom Kollektiv „IfS dichtmachen“. Etwa 250 Personen beteiligten sich daran – mehr als in vergangenen Jahren.

Medienberichte über Deportationspläne und „Identitäre Bewegung“

Woran das liegen könnte, ist klar: Die „Correctiv“-Enthüllungen rund um den „Deportationsgipfel“ in Potsdam haben erneut vor Augen geführt, wie gefährliche jene Theorie-Veranstaltungen in Schnellroda sind. Dort findet Vernetzung zwischen Faschisten und anderen Rechtsradikalen statt; rassistische Konzepte wie jenes der „Remigration“ werden entwickelt und diskutiert.

Der mittlerweile von vielen als „Nazi“ bezeichnete und in wenigen Monaten aussichtsreich als AfD-Spitzenkandidat in die Thüringer Landtagswahl gehende Björn Höcke war diesmal wieder vor Ort. Schon vor neun(!) Jahren war Höcke bei der „Winterakademie“ zu Gast. Die „Neue Rechte“ hat einen langen Atem und arbeitet mal offen, mal verdeckt an ihren Zielen, wie auch aktuelle Berichte über die „Identitäre Bewegung“ zeigen.

Diese hat im Saalekreis ein neues Hausprojekt, auch wenn der dort wohnende Bundeschef Philip Thaler das bestreitet. Mit einem Hausprojekt in Halle waren die „Identitären“ 2019 gescheitert; nun sind sie in Chemnitz und eben Schkopau wieder präsent. Nach dem Protest in Schnellroda reisten einige Antifaschist*innen noch weiter, um in der Nähe der neuen IB-Unterkunft zu demonstrieren.

Wieder mehr Reichsbürger in Sachsen

Auch passend zum Thema: Wie aus der Antwort auf einer aktuellen Anfrage der sächsischen Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) hervorgeht, soll es im Freistaat mindestens 3.000 „Reichsbürger“ geben. Das wären nochmal 500 mehr als vor einem Jahr und somit ein neuer Höchstwert. Gut möglich aber auch, dass es diese 3.000 Reichsbürger schon viel länger gibt und sie früher einfach nicht vom Geheimdienst erfasst wurden.

Köditz verweist zudem auf die hohe Zahl an Straftaten aus diesem Spektrum. Allein in Leipzig seien es im vergangenen Jahr 126 gewesen. Viele Fälle besitzen laut Köditz nicht unbedingt einen politischen Hintergrund – offenbar sei die kriminelle Energie in diesem Spektrum generell einfach sehr groß. Morgen gibt es dazu noch einen Text auf der LZ.

Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:

über den Wunsch mehrerer Leipziger Ratsfraktionen, innerstädtische Plätze aufzuwerten,

über Fahrgastzahlen der LVB auf Vor-Corona-Niveau und

über ein sächsisches Wirtschaftsministerium, das Auskünfte zum Kohleausstieg verweigert.

Was morgen wichtig wird: Bereits am Samstag fand in Hanau mit mehreren tausend Teilnehmer*innen die bundesweite Gedenkdemo statt. Auch aus Leipzig waren Gruppen angereist. Am Jahrestag des Anschlags selbst soll es in dutzenden Städten weitere Kundgebungen geben – eine davon am Montagabend um 18 Uhr im Leipziger Rabet.

Zur gleichen Zeit ruft „Leipzig nimmt Platz“ zu einer Kundgebung in Möckern auf. Dort findet seit Wochen ein von Rechtsradikalen organisierter Aufmarsch mit einigen Dutzend Teilnehmer*innen statt. Laut einer Mitteilung auf Twitter ist der als besonders gefährlich geltende Lucien W. dort nicht mehr erwünscht, nachdem die LVZ über ihn berichtet hatte. Die Gegenkundgebung startet um 18 Uhr in der Knopstraße vor Norma.

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