Linke Demonstrationen unterschiedlichster Couleur gegen Neonazis, den Staat und die Polizei fanden an diesem Wochenende in Leipzig und Dresden statt. Auรerdem legte der Warnstreik der Beschรคftigten der Mitteldeutschen Flughafen AG erneut erfolgreich alle Passagierflรผge lahm. Festlich wurde es beim Rosensonntagsumzug in der Leipziger Innenstadt. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 10. und 11. Februar 2024, in Leipzig, Sachsen und darรผber hinaus wichtig war.
Demonstration gegen Auslieferung von Antifaschistin an Ungarn
Rund 600 Menschen demonstrierten am Samstagnachmittag unter dem Motto โFree all Antifas!โ gegen die Auslieferung der Antifaschistin bezeichneten Maja T. an den ungarischen Staat. Aufgerufen dazu hatten die Leipziger Gruppen โWir sind alle Linxโ und das โBudapest Antifascist Solidarity Committeeโ. Die Demonstration lief vom Floรplatz aus Richtung Sรผden.
Laut der Polizei wurden drei Beamte leicht verletzt. Es wurden Ermittlungen wegen des Verdachts der gefรคhrlichen Kรถrperverletzung und wegen Vermummung aufgenommen.
Maja T. wurde aufgrund eines europรคischen Haftbefehl aus Ungarn im letzten Dezember festgenommen und sitzt seitdem in Dresden in Untersuchungshaft. Sie wird beschuldigt, an Angriffen auf Rechtsextreme am โTag der Ehreโ in Budapest vor rund einem Jahr beteiligt gewesen zu sein. Europaweit hatte es Razzien und Festnahmen im Zuge der Ermittlungen gegeben.
Einige der Gesuchten sollen auch zum Dunstkreis von Lina E. gehรถren, nach deren Verurteilung im Antifa Ost-Prozess es zu groรen Protesten in Leipzig gekommen war. Die Ermittlungen fรผhrte die ungarische Polizei deshalb zusammen mit dem Landeskriminalamt aus Sachsen in einem sogenannten โSpiegelverfahrenโ.
Kritik an โunwรผrdigen Haftbedingungenโ in Ungarn
Kritisiert wurden nicht nur die drohende Auslieferung und die โรผberzogenen Strafmaรe und unwรผrdigen Haftbedingungenโ, die Maja T. drohen wรผrden. Laut Linken-Politikerin Juliane Nagel hatten auch rund 20 Eltern von jungen untergetauchten Antifaschist*innen teilgenommen.
In einem Ende Januar verรถffentlichten Elternbrief heiรt es: โIm Falle einer Verurteilung in Ungarn erwartet die Beschuldigten ein im Vergleich zu Deutschland unangemessen hohes Strafmaร. Die ungarische Staatsanwaltschaft fordert aktuell bis zu 16 Jahre Haft fรผr eine der dort inhaftierten Personen. Den gesuchten Personen drohen dort sogar bis zu 24 Jahre Haft.
Die Haftbedingungen in Ungarn sind menschenunwรผrdig. So durfte eine der inhaftierten Personen 6 Monate lang keinerlei Kontakt zu ihren Angehรถrigen haben. Sie berichtet von phasenweise 23 Stunden Einschluss am Tag in einer 3.5 Quadratmeter groรen Zelle, von Verhรถren ohne Verteidiger:in und Dolmetscher:in.
Des Weiteren beschreibt sie Unterernรคhrung sowie katastrophale hygienische Bedingungen. Die Zelle wird im Sommer unzureichend belรผftet, im Winter teilweise nicht beheizt. Sie ist von Bettwanzen, Mรคusen und Kakerlaken befallen. Bei Gรคngen auรerhalb der Zelle werden Fesselungen vorgenommen, beim Gang in den Verhandlungsraum wurde eine Leine verwendet.โ
Im Kontext der Ermittlungen startete Ende Januar diesen Jahres bereits ein Prozess in Budapest gegen drei Aktivist*innen aus Deutschland und Italien wegen mutmaรlicher Zugehรถrigkeit zu einer kriminellen Vereinigung. Zuletzt hatte Italien gefordert, eine der Angeklagten ausreisen zu lassen, nachdem sie bei der Verhandlung vor dem Stadtgericht in Budapest mit Hand- und Fuรfesseln und einer zusรคtzlichen Kette vorgefรผhrt wurde. Ein Deutscher wurde bereits zu drei Jahren Haft verurteilt.
Ausfรผhrlicher Beitrag auf der LZ: Demo gegen Repression: Antifaschist*innen wollen Auslieferung nach Ungarn verhindern
Antifaschistischer Protest gegen Neonazis in Dresden
Wie jedes Jahr demonstrieren rund um die Bombenangriffe auf Dresden am 13. Februar 1945 Neonazis, darunter auch NPD, โThรผringens Jugendโ, โJunge Nationalistenโ und โFreie Sachsenโ in der Dresdner Innenstadt. Das Bรผndnis โDresden Wi(e)dersetzenโ hat zu insgesamt drei Gegenprotesten aufgerufen und angekรผndigt, dem โTrauermarschโ mit Sitzblockaden zu begegnen. Auch aus Leipzig war zur gemeinsamen Anreise aufgerufen worden.
Das erklรคrte Ziel der Polizeieinheiten vor Ort war es, die Proteste voneinander zu trennen, sie jedoch in Hรถr- und Sichtweite zu halten. Am Hauptbahnhof kam es zu Durchbruchsversuchen von Seiten des linken Gegenprotests. Rund 120 Menschen wurden infolgedessen gekesselt. โDresden Wi(e)dersetzenโ schrieb auf X (vormals Twitter), dass keine Behandlung durch Sanitรคter*innen im Kessel zugelassen werde. Gegen Nachmittag sei eine Person in ein Krankenhaus gebracht worden.
Die rechtsextreme Demonstration startete erst mit mehr als einer Stunde Verspรคtung. Journalist*innen berichteten derweils den โDresdner Neuesten Nachrichtenโ (DNN) von mehreren Einschรผchterungsversuchen seitens der Rechten. Die Zahl der Gegendemonstrant*innen wurde nach Medienberichten auf rund 5 000 geschรคtzt. Immer wieder kam es zu Durchbruchsversuchen des linken Gegenprotests. Diese seien jedoch laut โDresden Wi(e)dersetzenโ von der Polizei โdurch massiven Material- und Personaleinsatzโ verhindert worden.
Der โTrauermarschโ konnte seinen Zug bis zum Ende fortsetzen. Bei einer Kundgebung wurden hielten verschiedene rechtsextreme Organisationen Reden. Eine Schweigeminute wurde vom linken Gegenprotest รผbertรถnt. Mit einem โHeil euch!โ des Moderators endete die rechte Versammlung. Laut Organisator seien etwa 1200 โvolkstreue und heimatverbundene Deutscheโ vor Ort gewesen.
Polizeisprecher Thomas Geithner zog ein positives Fazit des Tages, auch wenn der Einsatz noch einige Stunden dauern werde. Knapp 15 Strafverfahren seien eingeleitet worden. Unterdessen wurden dem DNN zufolge wurden โlinksaussehende Personenโ nicht in den Dresdner Hauptbahnhof hineingelassen, um das โKonfliktpotenzialโ zu verringern.
โDresden Wi(e)dersetzenโ zog bereits ebenfalls ein erstes Fazit. Es sei gelungen, die Route des โTrauermarschsโ durch das Anmelden von Kundgebungen bereits im Vorhinein zu verkรผrzen, weitere Versuche auf die Demoroute zu gelangen, seien jedoch gescheitert.
Nicht nur der rechte Protest, sondern auch das stรคdtische Gedenken werden von dem Bรผndnis โDresden Wi(e)dersetzenโ kritisiert. Es gehe nicht um ein besseres Gedenken, sondern das Gedenken solle komplett abgeschafft werden, hieร es in einer Presseekonferenz im Vorhinein. Stattdessen solle man sich im Sinne einer antifaschistischen und progressiven Erinnerungskultur auf die Opfer des NS-Regimes konzentrieren.
Rosensonntagsumzug zieht durch die Innenstadt
Am Brรผhl startete der diesjรคhrige Rosensonntagsumzug seinen Zug durch die Innenstadt. Um 14 Uhr begann der Korso mit 26 Karnevalswagen und rund 400 Aktiven, gesรคumt von tausenden Zuschauer*innen seinen Umzug. Die Leipziger Narren mit ihrem Maskottchen Leila beendeten ihren Zug auf dem Markt vor dem Alten Rathaus.
Von 11 bis 17 Uhr wurden dafรผr die Innenstadtzufahrten Goethestraรe/Brรผhl, Thomasgasse und Neumarkt/Kupfergasse, sowie die Zufahrten entlang des Umzugs gesperrt. Die Buslinie 89 wurde umgeleitet.
Gegenรผber der LVZ beklagten die Leipziger Karnevalist*innen dass die Anmeldungen fรผr die Teilnahme am Umzug jedes Jahr sinken. Auch Kosten fรผr Fahrzeuge und Teilnahmengebรผhr machten den Vereinen zu schaffen. Steigende Preise fรผr die Infrastruktur des Umzugs und Gebรผhren der Stadt machten den Umzug zu einem โfinanziellen Kraftaktโ, zudem es immer schwieriger werde, Sponsoren zu gewinnen.
Personenflรผge gecancelt: 48-Stunden-Warnstreik an Flughafen Leipzig/Halle und Dresden
Zum Winterferienstart streiken die Beschรคftigten der Mitteldeutschen Flughafen AG bereits zum dritten Mal. Nach der am 8. Februar 2024 erfolglos beendeten dritten Verhandlungsrunde rief die Gewerkschaft ver.di die Beschรคftigten vom 11. Februar 2024 um 00:00 Uhr bis zum 13. Februar 2024 00:00 Uhr zu einem 48-stรผndigen Warnstreik auf.
โDie Streiks haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Die meisten Kรผrzungsforderungen der Arbeitgeber sind vom Tisch. Das muss jetzt auch noch fรผr den Rest gelten. Gleichzeitig liegt das Angebot fรผr die Einkommen immer noch sehr weit hinter unseren Erwartungen. Mit den vorgelegten Zahlen wรผrde weder die Inflation ausgeglichen noch der Anschluss an andere Flughรคfen erreicht werdenโ, so Paul Schmidt, ver.di-Verhandlungsfรผhrer.
ver.di fordert fรผr die Beschรคftigten unter anderem eine Erhรถhung der Tabellenentgelte um 650 Euro fรผr das Jahr 2024 sowie eine Inflationsausgleichszahlung in Hรถhe von 3.000 Euro. Die Arbeitgeber waren mit ihrem Angebot weit unter diesen Forderungen geblieben.
Auch am Dresdner Flughafen streiken die Beschรคftigten. Laut MDR aktuell wurden bereits am Sonntag, wie bereits bei den vorangegangenen Streiks, alle Passagierflรผge an den Flughรคfen gestrichen. Auch fรผr Montag seien die meisten Verbindungen bereits gecancelt. Der Frachtverkehr sei hingegen nicht eingeschrรคnkt.
Worรผber die LZ am Wochenende auรerdem berichtet hat:
Mehr Schutz vor Diebstahl: LVB testen die ersten Schlieรfรคcher fรผr Fahrrรคder
Petitionsรผbergabe von #WirFahrenZusammen: Mehrere Unterstรผtzungszusagen aus der Politik
LWB-Blรถcke in der Sรผdvorstadt: Linke, SBB und Netzwerk fordern Umsetzung des Stadtratsbeschlusses
Demonstration gegen Polizeiwache auf der โEisiโ und Gedenken an getรถteten Radfahr-Aktivist und Ermittlungen gegen โRecherche Nordโ
Was auรerdem wichtig war: Die Eisenacher Polizei ermittelt gegen den freien Fotografen Andrรฉ Aden des Medienportals โRecherche Nordโ, der im Zuge kritischer Berichterstattung Fotos von verbotenen Nazi-Symbolen verรถffentlicht hat. Ihm werden Verstรถรe gegen das Kunsturhebergesetz und Verdacht der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen.
Aden beriichtete der taz, ein leitender Polizist habe ihm am Rande eines Rechtsrock-Konzerts gedroht, man kรถnne seine journalistische Arbeit zwar nicht verhindern, es gebe aber andere โMittel und Wegeโ.
Am Samstagnachmittag nahmen 40 Menschen an einer Kundgebung unter dem Motto โDie Polizei bietet keine Sicherheit!โ gegen die geplante Polizeiwache an der Eisenbahnstraรe teil. Aufgerufen hatten die Leipziger Gruppen Zora, Young Struggle und die Fรถderation Klassenkรคmpferischer Organisationen (FKO). Diesen wird von krititischen Stimmen teilweise Antisemitismus und eine einseitige Weltdeutung vorgeworfen.
Redner*innen wandten sich gegen Rassismus und Sexismus bei der Polizei, wie auch gegen die vorgeworfene Militarisierung Deutschlands und sprachen von Repressionen gegen Palรคstinenser*innen.
Sie kritisierten zudem die Hetze der AfD und die Politik der Ampel, maรgeblich die Zustimmung zur GEAS-Reform und das Rรผckfรผhrungsverbesserungsgesetz. Man dรผrfe sich als Arbeiter*innenklasse nicht durch Rassismus spalten lassen.
Rund 150 Personen haben am Sonntag dem baden-wรผrttembergischen Radaktivist Andreas Mandalka, auch genannt โNatenomโ, gedacht. Mandalka starb am 30. Januar infolge eines Unfalls bei Pforzheim, er wurde nur 43 Jahre alt. Die Veranstalter*innen forderten auch in Leipzig eine bessere und sicherere Radinfrastruktur.
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