Vielerorts war das öffentliche Leben in Leipzig und Sachsen heute lahmgelegt. Der GDL-Warnstreik sorgte für massive Ausfälle im Zugverkehr, die Bauernproteste wurden fortgeführt, und in Leipzig blockierte die „Letzte Generation“ am Morgen die Jahnallee. Außerdem brachten mehrere Rohrbrüche den Leipziger ÖPNV-Fahrplan durcheinander. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 10. Januar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Erneuter GDL-Warnstreik: Kundgebung von Eisenbahner*innen in Leipzig
Aufgrund des erneuten Warnstreiks der Lokführergewerkschaft GDL ist der Zugverkehr in Deutschland und Sachsen seit der Nacht massiv beeinträchtigt. Seit 2 Uhr am Mittwoch gilt der Aufruf der GDL zum Ausstand, seitdem sind bei den bestreikten Unternehmen Deutsche Bahn, Transdev und City Bahn Chemnitz Notfahrpläne in Kraft. Der Zugverkehr ist vielerorts bereits seit Dienstagabend eingeschränkt.
Der Warnstreik soll noch bis Freitag, 12. Januar, 18 Uhr andauern.
Wie an vielen anderen Orten Deutschlands versammelten sich GDL-Mitglieder am Mittwoch auch in Leipzig zur Streikkundgebung. Gegen 10:30 Uhr traten rund 60 streikende Eisenbahner*innen vor den Leipziger Hauptbahnhof, gekleidet in grünen GDL-Westen und mit Plakaten und Fahnen ausgestattet. Unter ihnen sind nicht – wie der Name der Gewerkschaft vermuten lässt – nur Lokführer*innen, sondern auch Zugbegleiter*innen, Disponent*innen, Ausbilder*innen, Werkstattmitarbeiter*innen und Fahrdienstleiter*innen.
Die GDL fordert im aktuellen Tarifstreit bessere Arbeitsbedingungen im Schichtdienst, konkret eine Absenkung der Wochenarbeitszeit auf die 35-Stunden-Woche und der Einführung einer echten 5-Tage-Woche. Außerdem will die GDL eine deutliche Lohnerhöhung und einen Inflationsausgleich durchsetzen.
Die Deutsche Bahn (DB), der mit Abstand größte Arbeitgeber der Tarifrunde, hatte gegen den angekündigten Warnstreik geklagt. Die Klare war allerdings von verschiedenen Gerichten abgewiesen worden. Somit findet der Streik wie geplant statt.
Wer in Sachsen konkret streikt und warum diese Menschen das tun, ist in einem interessanten Feature der Sächsische Zeitung nachzulesen.
Rund 80 Prozent der Züge im Fernverkehr fallen aus
Wie bereits beim letzten Bahnstreik am 8. Dezember war ein Großteil des Nah- und Fernverkehrs heute lahmgelegt. Im Fernverkehr fallen im Zeitraum des Streiks nach Angaben der DB rund 80 Prozent der Züge aus.
Viele Verbindungen fallen bis Freitagabend aus, beispielsweise fahren nur wenige S-Bahnen von und nach Leipzig. Auch viele Fahrten der Regionalzüge fallen weg, die Fahrten des RE 50 Richtung Dresden und des RE 13 nach Magdeburg sind beispielsweise stark reduziert. Welche Verbindung bedient werden kann und welche nicht, sollen Reisende immer am Tag vorher auf bahn.de nachschauen, empfiehlt die Deutsche Bahn.
Auch der Fahrplan der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB), der beispielsweise die Linie zwischen Leipzig und Chemnitz bedient, ist von dem Warnstreik stark beeinträchtigt.
Der Fahrplan der S-Bahnen zwischen Leipzig und Halle ist aufgrund des Ausstandes ebenfalls stark ausgedünnt, etwa drei von vier Verbindungen fallen weg.
Bauernproteste fortgesetzt: Kundgebung mit über Tausend in Dresden
Auch die Bauernproteste wurden heute bundesweit fortgeführt, wenn auch bei Weitem nicht auf dem Level von Montag. In Sachsens Landeshauptstadt Dresden versammelten sich am Mittwoch tausende Bäuerinnen und Bauern, rundherum parkten hunderte Traktoren. Aufgerufen zu der Kundgebung auf dem Dresdner Theaterplatz hatte der sächsische Bauernverband.
Insbesondere auf den Bundesstraßen 6, 170 sowie 173 sorgten die nach Dresden rollenden Traktoren-Konvois für Verkehrsbeeinträchtigungen.
Zu den protestierenden Landwirt*innen sprach vor Ort Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der die Proteste als berechtigt bezeichnete. „Jetzt liegt es an der Bundesregierung, diese Themen aufzugreifen“, so Kretschmer heute. Es gehe nicht nur um Agrardiesel oder Steuern, sondern um mehr Freiheit in vielen Wirtschaftsbereichen.
Als Reaktion auf Bauernproteste: „Letzte Generation“ blockiert in Leipzig
Neben der Streikkundgebung der GDL protestierte am Vormittag erneut die klimaaktivistische Gruppe „Letzte Generation“ in Leipzig. Für rund 45 Minuten blockierten Aktivist*innen die Jahnallee – in Reaktion auf die Bauernproteste. Ein detaillierter Bericht der Blockade inklusive Video-Interview ist bei uns einsehbar.
Am Nachmittag fand dann eine ähnliche Aktion in Dresden statt, bei der es erneut zu Übergriffen auf Aktivist*innen kam. Auch in anderen Städten protestierte die „Letzte Generation“ heute, beispielsweise in Freiburg und München.
Geheimtreffen deutscher Rechtsextremer aufgedeckt
Spitzen-Politiker*innen der AfD, Unternehmer*innen und (weitere) Neonazis haben sich im November bei einem geheimen Treffen in einem Hotel in Potsdam mutmaßlich über die sogenannte „Remigration“ von Menschen mit Migrationshintergrund ausgetauscht. Das hat eine Recherche der Plattform Correctiv ergeben.
Unter den Teilnehmer*innen war demnach unter anderem Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund.
„Remigration“ ist ein Schlagwort der Neuen Rechten und beschreibt die rassistische und abstruse Idee, eingewanderte Menschen und deren Nachkommen aus Deutschland systematisch abschieben zu wollen. Das betrifft – je nach Definition von „Migrationshintergrund“ – elf bis 25 Prozent der deutschen Bevölkerung.
Die Veröffentlichung der Correctiv-Recherche hatte heute erste Konsequenzen: Die Burgerkette „Hans im Glück“, die auch eine Filiale in Leipzig betreibt, trennt sich von ihrem Mitgesellschafter Hans-Christian Limmer. Er soll Mitorganisator des konspirativen Treffens gewesen sein.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) lobte heute die investigative Arbeit von Correctiv. „Das erinnert fatal an Überlegungen der Nationalsozialisten zu Beginn ihrer Herrschaft in Deutschland, die Juden nach Madagaskar abzuschieben“, so DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner.
Zörner forderte „alle Demokraten in diesem Land“ auf, einen Wahlsieg der AfD unter allen Umständen zu verhindern. „Wer ernsthaft über die Abschiebung von Menschen nachdenkt, deren Hautfarbe oder ethnische Herkunft den Völkischen nicht ins Konzept passt, denkt auch über die Ausschaltung kritischer Geister und politischer Gegner nach“, meint Zörner. Dazu gehörten auch Journalist*innen, „die den Rechtsextremen nicht nach dem Mund reden und schreiben wollen“.
Verkehrsbehinderungen durch Wasserrohrbrüche in Leipzig
Mehrere Wasserrohrbrüche haben heute in Leipzig kurzfristig für Straßensperrungen und Umleitungen und starken Verspätungen bei Bus und Bahn geführt. Aufgrund der sehr niedrigen Temperaturen waren Trinkwasserrohre auf der Karl-Liebknecht-Straße in Höhe Kurt-Eisner-Straße und auf der Kurt-Schumacher-Straße am Hauptbahnhof.
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) und die Stadtreinigung warnten vor Glatteis, dass durch das an die Oberfläche getretene Wasser entstanden war. Die betroffenen Stellen sollten weiträumig umfahren werden.
Welche Auswirkungen die Rohrbrüche auf den ÖPNV hatten, hat Kollege Ralf Julke dokumentiert.
Worüber die LZ heute außerdem berichtet hat:
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Was heute noch wichtig war: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat ihre Ermittlungen gegen eine rechtsextreme Chatgruppe wegen mutmaßlicher Pläne, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zu ermorden, eingestellt. Das Verfahren gegen zehn Beschuldigte mit deutscher Nationalität im Alter zwischen 34 und 66 Jahren sei mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden. Investigativjournalisten hatten die Chatgruppe Ende 2021 aufgedeckt.
Und: Die Polizei hat nach Schüssen in einer Leipziger Straßenbahn am Montag den dritten Verdächtigen ermittelt.
Mitten im Bahnstreik: Tag der offenen Tür an den sächsischen Hochschulen
Was morgen wichtig wird: Am morgigen Donnerstag veranstalten die sächsischen Hochschulen ihren jährlichen Hochschulinformationstag, bei dem baldige Schulabgänger*innen Einblicke in die Angebote der Unis bekommen sollen. Viele Hochschulen haben in Reaktion auf den Warnstreik der GDL, der noch bis Freitag 18 Uhr andauern wird, ihr Online-Angebot für diesen Tag der offenen Tür aufgestockt.
So überträgt die Universität Leipzig die Beiträge ihres Rahmenprogramms in Hörsaal 8 sowie im Paulinum im Online-Live-Stream. Dazu zählen die Veranstaltungen „Mit Herz und Kopf zur Studienwahl“, „Studienfinanzierung“ und „Lehramt studieren an der Universität Leipzig“.
Mehr Informationen zum Tag der offenen Tür sind auf der Website der Uni Leipzig zu finden.
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Unter den Teilnehmer*innen waren auch CDU und Werteunion’s Mitglieder. Das nur zur Ergänzung.