Lange unterschwellig schon bekannt, wurde es am heutigen Morgen zur Bestätigung: Sahra Wagenknecht ist aus der Linkspartei ausgetreten und verfolgt mit ihrem Projekt „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) ihre Pläne, eine eigene Partei zu gründen. Mit ihr gingen auch einige weitere Mitglieder der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. Außerdem: In Leipzig-Connewitz wurde heute das neue Heizkraftwerk Süd eröffnet und in der Innenstadt versammelten sich am Nachmittag etwa 200 Aktivist*innen zum Protest gegen Antisemitismus. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 23. Oktober 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Wagenknecht aus LINKE ausgetreten, neues Bündnis am Start
Diese Nachricht ist wohl kaum überraschend vom Himmel gefallen, seit heute Morgen aber offiziell bestätigt: Sahra Wagenknecht ist aus der Partei DIE LINKE ausgetreten und hat gleichzeitig den Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) gegründet. Dieser soll im Jahr 2024 in einer neu gegründeten Partei münden.
Mit sich nahm die umstrittene Linkspolitikerin einige Mitglieder der linken Bundestagsfraktion, allen voran die (Noch-)Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali. Sie wird die neue Vorsitzende des BSW. „Weil neben Mohamed Ali auch weitere Mandatsträger*innen ihren Austritt aus der Partei verkündeten, wird die Linksfraktion im Bundestag ihren Status als Fraktion verlieren.
„Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen […] Gleichwohl sind wir davon überzeugt, dass das ein notwendiger und richtiger Schritt war“, äußerte sich die BSW-Vorsitzende.
Ebenfalls am heutigen Montag stellten die „Gegangenen“ den Antrag darauf, bis zur Neugründung der Partei Mitglieder der Bundestagsfraktion verbleiben zu können. Damit wolle man einen geordneten Übergang ermöglichen, „auch im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktion“.
Wagenknecht selbst sprach von einer „planlosen und kurzsichtigen Regierung“, die die Menschen dazu bringe, aus Wut oder Verzweiflung rechts zu wählen. „Wir brauchen eine Rückkehr der Vernunft in die Politik. Das gilt vor allem auch für die Wirtschaftspolitik. […] Doch wir haben uns mit den Wirtschaftssanktionen von preiswerter Energie abgeschnitten, ohne dass es tragfähige Alternativen gibt.“
Eine „Außenpolitik des erhobenen Zeigefingers“, wie sie derzeit praktiziert werde in Deutschland, isoliere das Land von den anderen Teilen der Welt, so Wagenknecht.
Mit ihrer neuen Partei wollen die BSW-Mitglieder auch bei den anstehenden Kommunalwahlen in 2024 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen antreten. Die gesamte Pressekonferenz des Vorstands des BSW zu den gemeinsamen Zielen gibt es hier nachzusehen.
Kritik und Enttäuschung
Die Vorsitzenden der Linkspartei, Janine Wissler und Martin Schirdewan, hatten noch am Sonntag verkündet, dass alle Personen, die sich dem Bündnis Sahra Wagenknecht anschließen würden aus der Linkspartei ausgeschlossen werden. Dietmar Bartsch, bisher Co-Vorsitzender der Bundestagsfraktion neben Mohamed Ali, kritisierte das Vorgehen seiner Fraktionskolleg*innen: „Der Schritt der zehn Abgeordneten ist und bleibt unverantwortlich und inakzeptabel! Es geht gerade in diesen Zeiten um Haltung.“
Über die Anträge der aus der Partei ausgetretenen Abgeordneten auf Verbleib in der Fraktion würde nun souverän und in großer Ruhe entschieden, so Bartsch. „DIE LINKE ist die Partei, die in besonderem Maße die Interessen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertritt. Das gilt in dieser schwierigen Situation auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Fraktion.“
In Leipzig war die Erleichterung über den Ausstieg Wagenknechts teilweise groß. LINKE-Stadträtin Juliane Nagel twitterte am Vormittag: „Das was ‚BSW‘ präsentiert ist ein lauer Abklatsch aus verstaubter Sozialdemokratie mit nationalistischen & verschwörungsideologischen Einsprenklern. Ein Verein, der sich auf dem Rücken der LINKEN positioniert hat. Jetzt ist unsere Chance für eine progressive #LINKE (Rechtschreibung übernommen)“.
Nagel hatte schon Anfang Oktober mit etwa 50 weiteren Mitgliedern der Partei in einem Antrag den Ausschluss Wagenknechts aus der Partei gefordert.
Sören Pellmann, Vorsitzender der Leipziger Linksfraktion, forderte gemeinsam mit seinen Parteikolleg*innen Gregor Gysi und Gesine Lötzsch, dass die Ausgeschiedenen ebenfalls ihre Mandate niederlegen mögen. „Sie sind für die von ihnen kritisierte LINKE gewählt worden. Behielten sie ihre Mandate, wäre das ein höchst unmoralischer ‚Diebstahl‘“, so Pellmann auf Twitter.
HKW im Leipziger Süden feierlich eröffnet
Am Nachmittag wurde das Heizkraftwerk in der Bornaischen Straße im Leipziger Süden feierlich eröffnet. Als „Meilenstein für Leipzigs Fernwärme-Zukunft“ bezeichnete Karsten Rogall, der Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke, das Projekt, das nach 1.234 Bautagen fertigstellt wurde und die Unabhängigkeit Leipzigs von der Fernwärme aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf fördert.
„Leipzig zeigt, wie es gelingt, die Energiewende im urbanen Raum zu integrieren und dabei das Stadtbild aufzuwerten. Mit dem HKW Leipzig Süd, das vom Start weg H2-ready ist, sichern wir die Energieversorgung und liefern zugleich einen wichtigen Beitrag zum Erreichen unserer Klimaziele“, freute sich auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD).
Protest gegen Antisemitismus
Auf dem Augustusplatz vor der Leipziger Oper fand am späten Nachmittag eine „Kundgebung gegen jeden Antisemitismus“ statt. Dem Bericht unseres Reporters vor Ort beteiligten sich rund 200 Personen an dem Protest, der durchgehend friedlich blieb. In den Redebeiträgen wurde Solidarität mit Israel bezeugt sowie Kritik geübt an dem fehlenden Engagement der Bevölkerung sowie an allerorts stattfinden Pro-Palästina-Demonstrationen.
Worüber die LZ heute berichtet hat:
Der Stadtrat tagte: Keine Lösung für die Jobcenter-Konflikte in Sicht + Video
Nur acht Wochen war er vor 210 Jahren in Leipzig: Ernst Moritz Arndt
Weihnachtsliederabend: Der ganze Advent mit dem Leipziger Thomanerchor
Der Stadtrat tagte: Leipzig hat noch längst keine Strategie für Entsiegelung im Stadtgebiet + Video
Massive Borkenkäferplage in Sachsen
Was heute außerdem wichtig war: Wie der Staatsbetrieb Sachsenforst heute mitteilte, litten Sachsens Wälder noch immer unter der massiven Vermehrung der Borkenkäfer. Durch den langanhaltend warmen Herbst hätten sich die meisten Käfer noch vollständig entwickeln können, weshalb die Gefahr nun steige, dass sie den Winter unbeschadet überstehen und im kommenden Jahr neue Bäume befallen.
„Wir stecken immer noch in einer historischen, nie dagewesenen Borkenkäfer-Katastrophe. Ihr sind in den letzten Jahren immer größere Teile insbesondere der sächsischen Fichtenwälder zum Opfer gefallen“, äußerte sich Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Bündnis90/Die Grünen) voller Sorge.
Man begegne dem Käferbefall mit schnellstmöglicher Fällung und Abtransport der befallenen Bäume aus dem Wald, damit der Borkenkäfer sich nicht weiter durch unsere Wälder fressen könne.
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Es gibt 2 Kommentare
Herr Stefan, dem schließe ich mich an und wünsche Frau Wagenknecht viel Erfolg. Beim Thema Ukrainekrieg bin ich nicht mit in ihrem Lager, aber ansonsten hat sie paar gute Punkte.
Mit Gründung einer Neulinken Partei werden sowohl rechts-wie auch linksrändische Wahlanteile sowie auch viele bisherige Nichtwähler bedient und abgeschöpft werden. Für die Linke wird das im Osten bis auf ein paar Reservate wie Connewitz und die Südvorstadt, das den politischen Abgrund bedeuten. Es kann aber auch so schlimm werden, dass sogar eine Frau N. arbeiten gehen muss. Da kommt einiges nicht nur auf die Etablierten zu. Entscheidend ist dann die Koalitionsbereitschaft der Altparteien. Links wird ja nicht mit Links koalieren analog CDU und AFD.