Wieder mal haben Rechtsradikale zum Protest gegen eine neue Asylunterkunft in Leipzig aufgerufen. Diesmal warben sie dafür, die Sitzung eines Stadtbezirksbeirates zu besuchen. Derweil darf sich die Dozentin Bahar Aslan über einen gerichtlichen Erfolg freuen, nachdem sie Teile der Polizei als „braunen Dreck“ bezeichnet hatte. Außerdem: Die „Letzte Generation“ sieht sich weiterhin Übergriffen durch Staat und Wutfahrer ausgesetzt. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 6. September 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Die Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“ sind auch in dieser Woche wieder aktiv. Vor allem die gerade stattfindende Automobilmesse in München ist Anlass für bundesweite Proteste. Bereits gestern hatten wir über eine Polizistin berichtet, die in Mannheim offenbar absichtlich Öl über eine Aktivistin gegossen hat.

Heute hat die „Letzte Generation“ ein weiteres Video des Vorfalls veröffentlicht. Diesmal aber zu sehen: ein Mitarbeiter der Feuerwehr, der sich um die Aktivistin kümmert und das Öl entfernt. In den Kommentaren sind häufig Anmerkungen zu lesen wie: „Das ist der Grund, warum es keine Parolen wie ‚Die ganze Welt hasst die Feuerwehr‘ gibt.“ Eine Anspielung auf ähnliche Parolen in Bezug auf die Polizei.

Zu einem weiteren Zwischenfall soll es laut Boulevardblatt „Tag24“ gestern in Halle gekommen sein. Dort habe der Fahrer eines Transporters zwei Aktivist*innen angefahren. Verletzt wurde offenbar niemand. Es erinnert an einen ähnlichen Vorfall in Halle vor einigen Wochen: Damals hatte der Fahrer eines Kleintransporters einen Aktivisten einen Meter durch die Luft befördert.

Dreck ist Dreck

Während es in Deutschland fast unmöglich ist, aus einem Amt gecancelt zu werden, weil man beispielsweise in der Jugend an der Verbreitung antisemitischer Flugblätter beteiligt war, ist die Benennung von Rechtsradikalismus in der Polizei ein Grund, einen Job an einer Hochschule zu verlieren.

Genau das ist der Dozentin Bahar Aslan passiert, die im Mai auf Twitter geschrieben hatte: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“

Während manche offenbar nicht verstehen wollten oder konnten, dass Aslan damit nicht die gesamte Polizei als „braunen Dreck“ bezeichnet hat, sondern lediglich jene Polizist*innen mit rechtsradikalen Einstellungen, war es für andere offenbar nicht hinnehmbar, dass Neonazis und ähnlich denkende Menschen auf diese Weise beleidigt werden.

Die Polizei-Hochschule, an der Aslan lehrte, reagierte, indem sie die Verlängerung eines Lehrauftrags zurücknahm. Dagegen klagte Aslan und bekam nun vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Recht. Die Hochschule muss Aslan weiter beschäftigen, bis der Sachverhalt endgültig gerichtlich geklärt ist.

Einfach nur gegen Geflüchtete

Über „brauen Dreck“ muss man wohl auch reden, wenn man sich den für heute Abend angekündigten Protesten in der Sitzung des Stadtbezirksbeirates Ost widmet. Dorthin mobilisieren mehrere rechte Gruppen, teilweise anonym, um gegen eine geplante Asylunterkunft in der Permoserstraße zu protestieren. Mehrere hundert Menschen sollen dort ab Ende des Jahres untergebracht werden.

Auf einem im Stadtgebiet verteilten Flyer bemüht man sich gar nicht mehr um Argumente wie „Schwimmbad“ und „Kinder“, so wie das beispielsweise vor einem halben Jahr in Stötteritz der Fall war. Diesmal steht zentral einfach nur die Frage: „Was können wir dagegen tun?“ Man solle vor Ort laut sein, aber friedlich bleiben. Dass der Stadtbezirksbeirat für das Anliegen der falsche Adressat ist, weil solche Entscheidungen in der Spitze der Verwaltung getroffen werden – egal.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hatte anlässlich dieses Aufrufs für heute zu einer Kundgebung aufgerufen. Etwa 50 Personen folgten dem Aufruf. Rassisten waren erwartungsgemäß ebenfalls erschienen. Einer von ihnen bezeichnete Geflüchtete als „Affen“; andere pöbelten ebenfalls.

Worüber die LZ heute berichtet hat: über eine Kritik der SPD-Klimagruppe an der Aufweichung des Klimaschutzgesetzes,

über die dauerhafte Wiedereröffnung des Capa-Hauses und

über die bevorstehende Schornstein-Sprengung im Leipziger Süden und was diese für Anwohner*innen bedeutet.

Was heute außerdem wichtig war: Der Radfahrstreifen vor dem Hauptbahnhof wird bis zur Löhrstraße verlängert. In der Woche ab dem 2. Oktober sollen die Markierungsarbeiten beginnen. Die etwa 400 Meter lange Zusatzstrecke soll dann ab etwa Mitte Oktober befahrbar sein.

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Es gibt 2 Kommentare

Glaubwürdigkeit und Seriösität sind wohl tatsächlich die passenden Stichwörter. Wir lesen Artikel und Kampagnen gegen Hass und Hetze(r) im Internet, berichten auch gern und ausführlich über Flinta*s und all die Randgruppen, die aktuell so sehr wichtig für unser aller Wahrnehmung gemacht werden. Aber dann bleiben in der eigenen Zeitung Kommentare stehen, die beleidigend und persönlich sind. Einfach weil es zur eigenen politischen Meinung passt.

Menschen werden nicht als Abschaum, Affe oder anderes Getier bezeichnet. Gegen solche Begriffe und Menschen, die sie verwenden, gehen wir zurecht vor. Und auch wenn Neonazis oder anderweitige Rechtsradikale eine gefährliche Meinung haben, die ich persönlich verurteile: auch sie sind kein “Dreck”.
Auch diese Leute werden auf Demos von der Polizei beschützt vor andersgepolten Radikalen, und deswegen kann eine Lehrerin, die dieses Personal ausbilden soll, unmöglich an der Hochschule bleiben, wenn sie öffentlich Menschen entmenschlicht. “Dreck” ist einfach keine Vokabel für irgendwas außer Dreck, und deswegen hoffe ich das die Hochschule am Ende recht behält.

Herr Loch ist also ein Anhänger von cancel culture? Vielleicht mal bei Gelegenheit nachdenken warum Amtsträger geschützt sind. Gerne kann man auch Schmutzkampagnen (Infos über Verkumpelungs-Hubi waren alle bekannt und der Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Alpenprawda ist tendenziös) goutieren. Dann ersparen wir uns bitte folgerichtig Artikel über die Zukunft des schwächelnden seriösen Journalismus.
So soans hoit – de Bubn der Politik und des Preßwesens.
Frau Aslan bleibt zu wünschen tatsächlich Erfolg zu haben und den Prozeß zu gewinnen, würde es doch den Dreck öffentlich und gerichtsfest machen.
Is eh wurscht, in neun Tagen ist Anstich (10,04 Euro für einen Liter Tafelwasser) – dann wird sowieso alles vergessen / gelöscht, zumindest im Lande der Klerikalfaschisten. Mit Verlaub: Prost

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