Gleich drei Demonstrationen fanden heute rund ums Neue Rathaus anlรคsslich der Ratsversammlung statt โ zu den Themen Baumfรคllungen auf dem Leuschner-Platz, Wohnen bei Vonovia und Platz- und Personalmangel in Frauenhรคusern. Auรerdem ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung, nachdem zwei Lagerhallen bei Eilenburg in Brand geraten waren. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 5. Juli 2023, in Leipzig, Sachsen und darรผber hinaus wichtig war.
Umweltschutzgruppen protestieren gegen Bebauungsplรคne fรผr Wilhelm-Leuschner-Platz
Vor der heutigen Stadtratssitzung versammelte sich eine Gruppe aus verschiedenen Klima- und Umweltschutzinitiativen vor dem Neuen Rathaus, um gegen die Plรคne der Stadt fรผr den Wilhelm-Leuschner-Platz zu demonstrieren. In der heutigen Ratsversammlung soll der lang vorbereitete Bebauungsplan fรผr den Platz beschlossen werden. Unter dem Motto โKein Kahlschlag auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz!โ protestierten heute knapp 40 Personen vor dem Rathaus gegen die Plรคne der Stadt.
Sรผdlich der Leipziger Innenstadt soll laut Oberbรผrgermeister Jung eine โeine neue, lebendige Mitteโ entstehen, โmit Platz fรผr Wissenschaft und Wohnen, fรผr ein Museum, die Markthalle, Musik- und Volkshochschule, viel Grรผn โ und nicht zuletzt fรผr ein Freiheits- und Einheitsdenkmal.โ Unter anderem sollen in Zukunft das Naturkundemuseum, das Leibniz-Institut fรผr Lรคnderkunde und der sogenannte Global Hub der Universitรคt Leipzig auf dem rund sechs Hektar groรen Areal ihre neue Heimat finden.
Was von Stadtseite als modernes, attraktives Stadtquartier angepriesen wird, ist in den Augen vom Naturschutzbund (Nabu) und anderen Initiativen ein versiegelter Asphalt-Alptraum. โLebensraum und Klimaschutzfunktion des grรผnen Platzes gehen verlorenโ, heiรt es in der Stellungnahme des Nabu. Nabu, รkolรถwe und die Initiative Stadtnatur kritisieren, dass der Baum- und Strauchbestand auf dem Leuschner-Platz fรผr die Bauplรคne drastisch reduziert werden soll.
Zuvor hatte die Initiative Stadtnatur knapp 2.500 Unterzeichner*innen fรผr eine Petition gewinnen kรถnnen, die die โRettung aller (noch) vorhandenen Bรคume auf Leipzigs zentralem Wilhelm-Leuschner-Platzโ fordert. Die Petition richtet sich an Oberbรผrgermeister Burkhard Jung.
Im Rahmen der Bauvorbereitungen wurden auf dem Areal bereits Bรคume gefรคllt, beispielsweise im Februar. Auch damals hatten der Nabu und andere Verbรคnde schon scharfe Kritik an der Stadt geรผbt.
Grรผnen-Stadtrat Jรผrgen Kasek sprach vor Ort zu der Protestgruppe und bedankte sich fรผr das Engagement. Er bezeichnete die Plรคne der Verwaltung als โpolitische Entscheidung, die man so treffen kann, aber nicht mussโ.
Kasek bezog sich dabei auf die Baulinien des geplanten Projekts, die man auch anders ziehen kรถnne, um wenigstens ein paar Bรคume und Strรคucher zu erhalten. Seine Fraktion hatte einen รnderungsantrag zur Beschlussvorlage des Baudezernats vorgelegt. Die Grรผnen wollen den Oberbรผrgermeister dabei beauftragen, โeinen grรถรtmรถglichen Erhalt und umfassenden Ausgleich von Grรผnstrukturen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz zu gewรคhrleistenโ.
Groรe Chancen, in die Beschlussvorlage der Bauplรคne eingearbeitet zu werden, habe dieser Antrag allerdings nicht. Er sei mit der Beschlussvorlage der Stadt โnicht besonders glรผcklichโ, betonte Kasek und kรผndigte an, der Beschlussvorlage in der Form nicht zuzustimmen.
Mieter*innen aus dem Leipziger Osten organisieren sich gegen Vonovia
Eine weitere Gruppe nutzte heute die Medienaufmerksamkeit rund um die Ratsversammlung und demonstrierte vor dem Neuen Rathaus: Mieter*innen aus dem Leipziger Osten protestierten gegen ihren Vermieter, den Immobilienkonzern Vonovia.
In den vergangenen Monaten hat die Mieter*innengemeinschaft nach eigenen Angaben 25 Erfahrungsberichte von Mieter*innen gesammelt und in einem Schwarzbuch dokumentiert. Dieses Buch mit dem Titel โWohnen bei Vonovia in Leipzigโ รผbergab die Gruppe heute symbolisch an den Stadtrat.
Die Gruppe berichtet von Tรคuschungen bei der Betriebskostenabrechnung, wiederkehrenden Befall mit Legionellen und Schimmel und รผber einen aus Mieter*innensicht frustrierenden und unzureichenden Umgang des Konzerns mit Beschwerden. Bei der Kundgebung heute sprachen mehrere Personen, die bei Vonovia zur Miete wohnen und den Umgang des Konzerns mit seinen Mieter*innen nicht weiter hinnehmen wollen.
Die Initiative besteht aus den zwei Mieter*innengemeinschaften Anger-Crottendorf/Reudnitz, die 2021 gegrรผndet wurde, und Schรถnefelder Hรถfe, die seit 2019 besteht. Nach eigenen Angaben hรคlt die Gruppe monatliche Versammlungen ab. Die Mitglieder organisieren sich in Arbeitsgruppen, beispielsweise gibt es eine AG zum Thema Betriebskostenabrechnung.
Die Initiative richtet sich laut Peter Bescherer, der bei der Demo heute sprach, explizit auch an die Leipziger Kommunalpolitik โ auch deshalb die Kundgebung vor dem Rathaus. โVonovia wird dort nรคmlich als guter Partner behandelt und nicht als die Mieterhรถhungsmaschine, die das Unternehmen eigentlich istโ, kritisierte Bescherer am Mittwoch in Leipzig.
Viele Mieter*innen hรคtten das Gefรผhl, von den Kommunalpolitiker*innen nicht vertreten zu werden. Es sei รผber die Jahre der Eindruck entstanden, dass sich die Kommunalpolitik eher hinter die Wohnungswirtschaft und auch hinter groรe Wohnungsunternehmen wie Vonovia stelle โund gerade nicht den Mieterinnen und Mietern den Rรผcken stรคrktโ.
Als Beispiel fรผhrte Bescherer das โBรผndnis fรผr bezahlbares Wohnenโ an, ein Zusammenschluss der Stadt Leipzig mit weiteren Akteur*innen des Wohnungsmarktes, darunter viele profitorientierte Wohnungs- und Bauunternehmen โ auch der Immobilienriese Vonovia. Das selbsterklรคrte Ziel des Bรผndnisses: โWohnen in Leipzig muss bezahlbar sein und bleiben.โ
Auch Vernetzungsinitiativen von Mieter*innen sind Mitglieder des Bรผndnisses, doch Bescherer kritisierte heute vor dem Neuen Rathaus, dass die Zivilgesellschaft und Mieter*innen โnur als Feigenblattโ im Bรผndnis vorkรคmen. โDe facto wird dort Symbolpolitik betrieben.โ
Bescherer betonte zu Beginn der Kundgebung, dass die Verรถffentlichung des Schwarzbuches erst den Anfang des Wirkens der Gruppe darstelle. Man wolle zeigen, dass es eine kritische Masse von Mieter*innen gebe, die sich gegen diese Bewirtschaftung durch Vonovia wehren wolle.
Initiative macht auf prekรคre Lage in sรคchsischen Frauenhรคusern aufmerksam
Auf der anderen Seite des Neuen Rathaus fand heute eine dritte Kundgebung statt. Die Initiative Bรผndnis Gewaltschutz LE hatte dazu aufgerufen, nachdem Frauenhรคuser in Sachsen wegen รberbelegung Ende Juni in den Sozialen Netzwerken Alarm geschlagen hatten. Laut dem Verein Frauenhauskoordinierung fehlen deutschlandweit 14.000 Plรคtze in Frauenhรคusern.
Wรคhrend der Kundgebung wurde ein Brief an das sรคchsische Gleichstellungsministerium verlesen.
Die Demonstrierenden machten auch auf die prekรคren Arbeitsbedingungen in Frauenhรคusern und Beratungsstellen aufmerksam โ einige Personen, die fรผr den Betrieb der Hรคuser zentral sind, sind ehrenamtlich beschรคftigt und es fehlt an Personal.
Nach Brand zweier Lagerhallen bei Eilenburg: Polizei ermittelt wegen Brandstiftung
Am Dienstagabend zogen dunkle Rauchwolken รผber den Ortsteil Wรถlpern der Gemeinde Jesewitz im Landkreis Nordsachsen: Zwei Lagerhallen fรผr Getreide und Reifen nahe der B87 zwischen Jesewitz und Eilenburg waren in Brand geraten, wie die Polizei heute mitteilte.
Mittlerweile ermittelt die Kriminalpolizei wegen des Verdachts der Brandstiftung, der Einsatz eines Brandursachermittlers werde geprรผft. Vor Ort hรคtten die Behรถrden Erkenntnisse gewonnen, die eine Ermittlung wegen des Verdachts der Brandstiftung zur Folge hatten, erklรคrte eine Sprecherin der Polizei auf LZ-Nachfrage am Mittwoch.
Die Freiwilligen Feuerwehren Jesewitz und Eilenburg konnten den Brand auf dem Gelรคnde einer ehemaligen Schweinemastanlage lรถschen. Personen kamen nach jetzigem Kenntnisstand nicht zu Schaden. Die Hรถhe des entstandenen Sachschadens ist nach Angaben der Polizei noch nicht erfasst.
Nach gekippter Pkw-Maut: Bund muss 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen
Worรผber die LZ heute berichtet hat: รผber die geplante Erweiterung der Fuรgรคngerbrรผcke am S-Bahnhof Connewitz
รผber die Kampfansage der Leipziger Ratsversammlung an sogenannte โdefensive Architekturโ
Was heute auรerdem wichtig war: Die Bundesrepublik Deutschland muss nach der geplatzten Pkw-Maut 243 Millionen Euro an die designierten Maut-Betreiber zahlen. Zuerst hat der Spiegel heute darรผber berichtet. Die Maut-Plรคne des damaligen CSU-Verkehrsministers Andreas Scheuer waren 2019 geplatzt, da sie nicht dem EU-Recht entsprachen. Der Bund hatte zuvor aber schon milliardenschwere Vertrรคge mit dem รถsterreichischen Unternehmen Kapsch und dem deutschen Unternehmen CTS Eventim geschlossen, die daraufhin Schadenersatz forderten.
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