Umweltaktivist/-innen begleiteten heute mit einer Mahnwache die erneute Fällung von Bäumen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Außerdem: Die Gruppe „CopWatchLE“ sammelt Vorfälle polizeilicher Gewalt am Rande der Demonstrationen von Verschwörungsideolog/-innen und in Berlin herrscht nun Klarheit über das Wahlergebnis. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 27. Februar 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
„Baum fällt!“ am Wilhelm-Leuschner-Platz
Direkt am Montagmorgen, kurz vor Beginn der Brutzeit Anfang März, begannen Baumfällarbeiten auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Auf dem Areal der ehemaligen Markthalle geht es jetzt voran: Zur Verlegung einer Fernwärmetrasse in die Grünewaldstraße sollen hier die alten Lagerkeller abgerissen werden.
Klima- und Umweltgruppen Leipzigs, wie der NABU (Naturschutzbund) Leipzig oder die Wildvogelhilfe Leipzig schlugen bereits vor der Rodung Alarm und riefen zur Mahnwache von 8 bis 11 Uhr vor dem Gelände auf. „[D]ie Pläne [werden] ohne Rücksicht auf Biodiversität und Stadtklima vorangetrieben“, kritisiert der NABU. „Appelle des NABU Leipzig, die Stadtnatur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz wirksam zu schützen, bleiben von der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik weitgehend unberücksichtigt.“
Schon 2021 und 2022 wurden auf der Fläche zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße viele Gehölze gerodet, Teile der Stadtnatur zerstört. Immer wieder machten Aktivist/-innen, beispielsweise Angehörige der „Initiative Stadtnatur“ daraufhin mit Mahnwachen auf dem Leuschner-Platz und auch vor der Ratsversammlung am 9. Februar im Neuen Rathaus, auf die problembehaftete Sachlage aufmerksam.
Nach Auffassung des NABU wurden rechtliche Belange des Arten- und Biotopschutzes bei Baumfällungen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb geht der NABU Sachsen juristisch gegen die Fällungen vor. Der Fall soll im Mai vor Gericht kommen.
Geständnis von Kinderzimmer-Drogendealer
Vor dem Landgericht Leipzig hat heute Maximilian S. (28), besser bekannt als das „Vorbild“ zur Netflix-Serie „Shiny Flakes – The Teenage Druglord“, ein Geständnis abgelegt. Schon zum zweiten Mal war der 28-Jährige in Drogengeschäfte, die hauptsächlich über das Internet abgewickelt wurden, verwickelt. Dies gab er am heutigen Montag vor Gericht zu.
Maximilian S. sowie vier weiteren Männern wird vorgeworfen, über den Online-Shop „Candy Love“ Drogen vertrieben zu haben. Der als „Kinderzimmer-Dealer“ bekannte Leipziger soll dabei für die Programmierung und Software-Abwicklung der Plattform verantwortlich gewesen sein. Die Initiative für den Shop aber soll ein anderer der Männer gestartet haben, so S. heute vor dem Landgericht.
Schon als Teenager hatte der heute 28-Jährige über ein Jahr lang in Eigenregie eine Drogenplattform aus dem Kinderzimmer der mütterlichen Wohnung in Leipzig-Gohlis heraus betrieben und damit einen geschätzten Millionenumsatz gemacht.
Schließlich war er wegen Nachlässigkeiten im Postversand aufgeflogen und wurde, damals 20, Ende 2015 zu sieben Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt. Während des offenen Vollzugs soll er einen seiner Komplizen kennengelernt haben.
Ein ausführlicher Bericht zum heutigen Prozesstag erfolgt in Kürze von unserem Kollegen Lucas Böhme, der heute vor Ort war.
Antifaschistischer Fasching und Montags-Demos
Eine Zubringer-Demonstration der besonderen Art organisierten heute antifaschistische Gruppen und Netzwerke im Rabet im Osten der Stadt. Um 18 Uhr rief das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ dort zum Antifa-Fasching auf. Statt einer Kundgebung bildeten Live-Musik und eine Dragshow den Auftakt der Demonstration, die mit einem Protestzug schließlich auf dem Augustusplatz endete und sich dort gegen die Kundgebungen von Querdenker/-innen und Vertreter/-innen der rechten Szene stellte. Etwa 60-70 Personen waren an dem Aufzug beteiligt.
Auch für kleinere Demo-Besucher/-innen wurde ein Programmpunkt organisiert: „Für unsere jüngsten Teilnehmer*innen haben wir einen Kinderkostümwettbewerb vorbereitet, damit sie ihre Kreativität und Solidarität zeigen können“, hatte es zuvor im Aufruf geheißen.
Auf dem Augustusplatz startete derweil am Abend eine Kundgebung, zu der sich Verschwörungstheoretiker/-innen, Anhänger/-innen der Querdenken-Bewegung sowie rechter Netzwerke versammelt hatten. Mindestens eine Person unter den etwa 200 Teilnehmenden schwenkte eine Reichsflagge, auch die russische Fahne war zu sehen. Nach der Kundgebung zog die Gruppe über den Leipziger Ring. Aktuell beobachten Reporter von uns die Situation vor Ort.
Sammelbeschwerde gegen Polizei gestartet
Die Aktivist/-innengruppe „CopWatchLE“ hat einen Aufruf gestartet und sammelt im Zuge der Demonstrationen gegen Verschwörungsideolog/-innen Vorfälle, in welchen Personen aus dem Gegenprotest unsachgemäß von der Polizei behandelt wurden. „[W]ir [sammeln] Fälle von Polizeigewalt, Willkür und Repression für eine Sammelbeschwerde“, so die Gruppe. Hervorgegangen sei diese Initiative sowohl von Aktivist/-innen als auch deren Eltern. Aus der Initiative heraus entstehe ebenso die Gruppe „Eltern gegen Polizeigewalt“.
Die Sammelbeschwerde solle dazu dienen, die Sichtbarkeit von polizeilicher Gewalt am Rande der Demonstrationen zu stärken und den politischen Druck zu erhöhen. Ob die Beschwerde schlussendlich bei der unabhängigen Beschwerdestelle der Polizei eingereicht werden wird, sei derzeit noch ungewiss. Genauso könne man sich vorstellen, die gesammelten Fälle an den Polizeipräsidenten zu übergeben oder auch direkt mit Journalist/-innen zu sprechen.
„Der Status Quo, dass es kaum möglich ist, überhaupt noch Demonstrationen ohne polizeiliche Übergriffe durchzuführen, ist untragbar. Hiervon sind überwiegend Jugendliche betroffen, die sich antifaschistisch engagieren. Wir brauchen dringend konkrete und längst überfällige Reformen, aber auch strukturelle Veränderungen im Polizeiapparat“, heißt es von CopWatchLE.
Bei zahlreichen Demonstrationen von Querdenker/-innen, Verschwörungsideolog/-innen und Co., die sich inzwischen hauptsächlich an Montagen abspielen, kam es in der Vergangenheit zu gewaltsamen Übergriffen auf Personen aus dem jeweiligen Gegenprotest – sowohl durch Demonstrierende, als auch immer wieder durch die Polizei. Ein Vorfall spielte sich beispielsweise am 2. April letzten Jahres ab, als ein aus Thüringen beorderter Polizist einem jungen Mann so hart ins Gesicht geschlagen haben soll, dass dieser zu Boden ging (die LZ berichtete hier).
Worüber die LZ heute berichtet hat:
Filialschließungen bei der Sparkasse Leipzig: Geht das jetzt so weiter?
Klarstellung vom Innenminister: Sachsens Polizei muss ihre Haenel-Gewehre gar nicht ausmustern
Ein Jahr nach dem Angriff auf die Ukraine: Auch die Haltung zu Sanktionen bleibt stabil
Was heute außerdem wichtig war: Vor dem Landgericht Meiningen wurde heute nach nur einem Verhandlungstag der Kronzeuge im Lina-E.-Prozess, Johannes D. (30), zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der aus der linken Szene als Verräter verstoßene 30-Jährige hatte im Mai letzten Jahres beim sächsischen Landeskriminalamt und später vor dem Oberlandesgericht Dresden gegen Lina E. und drei Mitangeklagte ausgepackt und ein Geständnis abgelegt.
Gut zwei Wochen nach der Wiederholungswahl in Berlin ist nun amtlich: Die SPD bleibt weiterhin vor den Grünen. Klar ist jetzt aber auch, dass zwischen den beiden Parteien nur 53 Stimmen liegen. Das gab der Landeswahlausschuss heute bekannt. SPD und Grüne liegen mit je 18,4 Prozent gleichauf hinter dem Wahlsieger CDU, für die 28,2 Prozent der Berliner/-innen stimmten. Seit zehn Tagen nun führen CDU, SPD, Grüne und Linke in unterschiedlichen Konstellationen Gespräche darüber, ob es eine gemeinsame Regierung geben wird.
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