Bereits zum zweiten Mal haben rechte Akteure in Stötteritz am Wochenende gegen eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Stötteritz demonstriert. Auch Gegenprotest gab es wieder. Und nach dem Bundesliga-Spiel am Samstag fordert die Initiative „Verkehrswende LE“ erneut eine stärkere Beschränkung von Autoverkehr vor und nach Fußballspielen. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende des 25./26. Februar 2023 in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus passiert ist.
Protest gegen Geflüchtetenunterkunft in Stötteritz
Am heutigen Sonntagvormittag versammelten sich circa 70 Personen auf der Kolmstraße in Leipzig-Stötteritz, um gegen die Unterbringung von Geflüchteten in einem von der Stadt errichteten Zeltlager zu demonstrieren. Ganz in der Nähe sollen im März in sechs Zelten rund 300 Menschen temporär untergebracht werden.
Angemeldet wurde die Demonstration von Bernd R., der nach eigener Aussage „Urleipziger“ ist und 37 Jahre lang in der NVA diente. R. organisiert außerdem seit geraumer Zeit die „Montagsdemonstrationen“ in Leipzig. In seiner Rede warnte R. vor einer „Eskalation“ durch die Unterbringung der Menschen unterschiedlichster Nationen in dem Lager. „Das kann nur zu Problemen führen“. Welche Probleme er damit meinte, erläuterte R. nicht.
Seine darauffolgende rhetorische Frage gab einen Hinweis darauf, zwischen welchen Gruppen er Probleme prophezeit: „Wie wollen wir mit den Menschen hier in Frieden leben, damit diese Sache nicht eskaliert?“ Mit dem „wir“ sind wohl die „Urleipziger“ gemeint.
Darüber hinaus forderte R. mehr Personal für Integrationsmaßnahmen, im Speziellen Sprachmittler/-innen, Psycholog/-innen. Es brauche bessere Betreuungsmaßnahmen, damit Geflüchtete „eine Perspektive kriegen“.
Neben R. sprach heute unter anderem AfD-Stadtrat Marius Beyer auf der „Mahnwache“. Er forderte eine „Begrenzung des Asylantenzustroms“, damit Integration gelingen könne, außerdem brauche es „Zeit und das nötige Bewusstsein der Integrationswilligen“. Beyer hat in der Vergangenheit mehrmals die „Corona-Spaziergänge“ in Leipzig-Engelsdorf angemeldet, bei denen Neonazis mitliefen.
Es war das zweite Mal, dass Bernd R., Beyer & Co. vor Ort in Stötteritz gegen die geplante Zeltstadt für Geflüchtete demonstrierten. Zuletzt hatten sie sich am 5. Februar zu einer „kurzen Lagebesprechung“ in Stötteritz eingefunden.
Gegenprotest in der Überzahl
Auch damals schon gab es Gegenprotest, der für den heutigen 26. Februar wieder organisiert worden war. Zu der heutigen Gegenkundgebung – angemeldet von Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek – waren knapp hundert Personen gekommen. Aufgerufen zum Protest gegen die rechte Kundgebung hatten vor allem die linken Bündnisse „Stötteritz Nazifrei“ und „Leipzig nimmt Platz“.
Kasek betonte in seiner Rede, dass „Hass und Hetze in Stötteritz keinen Platz haben“. Außerdem bezeichnete er die Unterbringung der geflüchteten Menschen in Zelten als „keine geeignete Lösung“, da sie „im Regelfall nicht menschenwürdig“ sei. „Damit Integration gelingen kann, brauchen wir so schnell wie möglich dezentrale Unterbringung in Wohnungen.“
Gegen Ende der Kundgebungen diskutierten die beiden Anmelder, Bernd R. und Kasek, miteinander. Zuvor hatte R. in seiner Rede mit Blick auf die Gegendemonstrant/-innen gefordert, in den Dialog zu treten. „Wir müssen reden darüber.“
Für den kommenden Sonntag sind sowohl Protest als auch Gegenprotest erneut angekündigt.
Nach Fußballspiel am Samstag: Forderungen nach Sperrung der Jahnallee für Autos
Nach dem Bundesliga-Fußballspiel RB Leipzig gegen Eintracht Frankfurt (2:1) am Samstag hat die Initiative „Verkehrswende LE“ die Verantwortlichen bezüglich der Verkehrssituation rund um die Red-Bull-Arena bei Fußballspielen erneut zum Handeln aufgerufen. Konkret forderten sie den Leipziger Stadtrat und die Polizei Leipzig auf, die Maßnahmen zur Verkehrskoordination rund um Fußballspiele zu überdenken.
In den sozialen Netzwerken kursierten nach dem Spiel mal wieder Videos, die chaotische und gefährliche Szenen der An- und Abreise der tausenden Fußballfans zeigen: Im Bereich der Haltestelle Sportforum standen zeitweise hunderte Menschen auf der zweispurigen Straße, die die Fußgängerampel überqueren oder die Straßenbahn zur Abreise erwischen wollten.
Die Partie war ausverkauft, was bedeutet, dass sich am Samstagnachmittag rund 47.000 Menschen per Auto, ÖPNV, Fahrrad oder zu Fuß auf den Weg zur Red-Bull-Arena machten – und nach Abpfiff wieder nach Hause. Das rücksichtslose und illegale Zuparken von Radwegen, Gehwegen und Grünflächen durch Autofahrer/-innen sorgte dabei in den vergangenen Monaten immer wieder für Gesprächsstoff.
Ein RB-Fan forderte am Samstag auf Twitter die Sperrung der Jahnallee für den Autoverkehr nach Fußballspielen und Shuttle-Busse zum Hauptbahnhof. Die Initiative „Verkehrswende LE“ teilte diese Forderungen.
Die Polizei Leipzig spricht derweil davon, dass „das Verkehrsgeschehen in der Anreise im Vergleich zu vorangegangenen Spielen flüssiger“ lief. Es habe „spürbar weniger“ Versuche gegeben, verkehrswidrig zu parken – und generell weniger Anreise mittels Pkw.
Im Gegensatz zum Champions-League-Spiel am Mittwoch wurden nach Angaben der Polizei am Samstag keine Fahrzeuge abgeschleppt. Die Polizei spricht allerdings von 125 Ordnungswidrigkeiten, die zur Anzeige gebracht wurden. Einige Pkw-Fahrer/-innen sollen erneut auf dem Marienweg im Landschaftsschutzgebiet „Leipziger Auwald“ geparkt haben.
Die Park&Ride-Plätze, die die Fußballfans dazu motivieren sollen, außerhalb zu parken und mit Bus und Bahn zum Stadion zu fahren, waren nicht sehr gefragt. Laut Polizei waren die Park&Ride-Parkplätze nur zu 22 Prozent ausgelastet.
Sowas wie Aprilwetter im Februar
Ansonsten ist vielleicht das aprilwetterartige Wetter berichtenswert, das am Wochenende in Leipzig herrschte. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wechselten sich Nebel, Schneeregen, Schnee und am Sonntag auch die Sonne immer mal wieder ab. Manchmal schlug das Wetter so schnell um, dass man in einem Moment das Gesicht in die Sonne halten konnte und den Frühling nicht nur erahnen, sondern schon spüren konnte. Und im nächsten Moment brachte eine dicke Wolkendecke styroporkugelartigen Schnee.
LZ-Autor Marko Hoffmann hat das wechselhafte Wetter am Samstagmittag vom Völkerschlachtdenkmal aus eingefangen: Wo zuerst dichter Nebel die Sicht versperrte, konnte man nur zwei Minuten später wieder ziemlich weit schauen.
Ein Blick auf den Wetterbericht für nächste Woche lässt Hoffnungen auf frühlingshaftere Temperaturen schwinden: In den nächsten Tagen werden sich die Temperaturen wie schon am Wochenende nicht weit vom Gefrierpunkt wegbewegen.
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:
über den sozialen Arbeitsmarkt in Leipzig
über einen Grünen-Antrag für ein digitales Meldeportal zum Thema Baumfällungen in Leipzig
Was am Wochenende außerdem wichtig war: In Berlin versammelten sich am Samstag etwa 13.000 Menschen, um an einer von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Publizistin Alice Schwarzer initiierten „Friedensdemo“ anlässlich des ersten Jahrestages des russischen Angriffs auf die Ukraine teilzunehmen.
Außerdem ist am Sonntag in der Hauptstadt die Berlinale zu Ende gegangen, eines der größten Filmfestivals weltweit. Es war die erste Berlinale ohne Corona-Einschränkungen seit Beginn der Pandemie. Das Festival konnte mit einigen Superlativen aufwarten: So wurde die jüngste Preisträgerin in der Geschichte der Berlinale gekürt. Die neunjährige Sofía Otero gewann für ihre Darstellung eines transidenten Kindes in dem Coming-of-Age-Drama „20.000 Species of Bees“ den Silbernen Bären. Mit Hollywood-Star Kristen Stewart (32) hatte die Berlinale außerdem ihre bisher jüngste Jury-Präsidentin.
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Es gibt 6 Kommentare
TLpz
“Da gab es sogar mal Spiele vor 100.000 Zuschauern. Die sind auch alle irgendwie dorthin und wieder weg gekommen”
Das war eine andere Zeit (vor >45 Jahre) mit weniger Autos, Straßenbahnen und Fahrrädern. Die meisten sind ganz gemütlich gelaufen. Wer von weiter weg kam zum Bahnhof. Zusätzlich hat da keiner sich über die andere Verkehrsart beschwert. Eine Veranstaltung mit über 100 000 Zuschauer hat zu dieser Zeit bei den Sicherheitsbehörden auch nicht zu Panikattacken geführt.
Ich pflichte TLpz bei.
Am letzten Samstag war ich nach langer Zeit mal wieder zu einem Spiel, und der Anblick war überwältigend. Abertausende von Menschen zogen in breitem Schwall über die Festwiese, um sich dann über die Jahnallee zu einer 3m breiten Straßenbahnhaltestelle zu schieben.
Man muss die Jahnallee gar nicht sperren, das tun die Menschenmassen automatisch.
Die Straßenbahnanbindung ist für diesen Ansturm an Benutzern in keiner Weise fähig. Ja, Sonderlinien waren da und sind richtig, aber über ein Gleis für Tausende Menschen einfach illusorisch.
Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde die Idee der direkten Straßenbahnanbindung über die Feuerbachstraße in der Planung abgelehnt.
Der jetzige Zustand ist nicht nur schade, sondern skandalös.
Mit dieser unfähigen ÖPNV-Anbindung wäre ein Stadion nur vor den Toren Leipzigs richtig gewesen.
Oder aber, man bekennt sich endlich zu einem Stadion IN der Stadt und schafft endlich die logistischen Voraussetzungen (macht man eigentlich davor).
Dabei ist es genauso illusorisch, man könnte das über den MIV ermöglichen. Dafür ist dort einfach zu wenig Platz. Das geht nur über Massentransportmittel.
@Lutz
> Die Shuttle-Busse müssten idealerweise bis zu den P&R Plätzen fahren. Alles was mit Umsteigen verbunden ist wird von Auswärtigen kaum angenommen. Siehe jetzige Situation.
Alle P+R- Plätze sind mit der Straßenbahn erreichbar. Die existierenden Sonderlinien binden diese direkt an das Stadion an. Da braucht es kein Gimmick wie Shuttlebusse, die kapazitätsmäßig kaum Leute wegbekommen.
fra
> Es war ja eine spitzen Idee, anstelle wie alle anderen ein Stadion am Rand der Stadt zu bauen, es mitten in die Stadt zu setzen. Alles für den Kommerz, egal was es kostet.
Das Stadion existiert ja schon eine Weile. Da gab es sogar mal Spiele vor 100.000 Zuschauern. Die sind auch alle irgendwie dorthin und wieder weg gekommen. Ein Stadion am Rande der Stadt sorgt lediglich für noch mehr Autoverkehr. Denn zu Fuß oder mit dem Rad ist es im Regelfall nicht zu erreichen. Selbst wenn es am Stadtrand noch mit ÖPNV erreichbar ist, kanalisiert sich der Zuschauerstrom in lediglich eine Hauptrichtung. Von daher hat eine zentrale Lage durchaus eine Menge Vorteile. Das (hausgemachte) Problem der Stadt ist jedoch, dass die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel miserabel ist. Es fehlt eine stadionwürdige Betriebsanlage der Straßenbahn, die am Stadion befindlichen Haltestellen bewältigen die Massen niemals. Aktuell fällt auch noch die Möglichkeit in der Waldstraße weg. Es ist schade, dass die Stadt glaubt, eine Schmalspuranbindung der Straßenbahn in der Feuerbachstraße wäre ausreichend…
Die Shuttle-Busse müssten idealerweise bis zu den P&R Plätzen fahren. Alles was mit Umsteigen verbunden ist wird von Auswärtigen kaum angenommen. Siehe jetzige Situation.
“Ein RB-Fan forderte am Samstag auf Twitter die Sperrung der Jahnallee für den Autoverkehr nach Fußballspielen und Shuttle-Busse zum Hauptbahnhof. Die Initiative „Verkehrswende LE“ teilte diese Forderungen.”
Die Shuttle-Busse zum Hauptbahnhof sind eine gute Idee, der Sperrung der Jahnallee nach dem Spiel kann ich nichts abgewinnen. Damit würde der kommerzielle Fußball den Menschen die da gerne nach der Arbeit nach Hause wollen (ja mit dem eigenen Auto) einen längeren Heimweg spendieren. Die Jahnallee ist nun mal eine der Haupttangenten. Falls jetzt jemand auf die Idee kommt man könnte ja die Straßenbahn nehmen, ist noch nicht mit den Fußballfans zusammengepfercht Straßenbahn gefahren. Es war ja eine spitzen Idee, anstelle wie alle anderen ein Stadion am Rand der Stadt zu bauen, es mitten in die Stadt zu setzen. Alles für den Kommerz, egal was es kostet.