Sechs Jahre nach dem Brandangriff auf eine geplante Asylunterkunft in Bautzen wiederholt sich Geschichte: Am frühen Freitagmorgen brannte in der sächsischen Stadt wieder ein Gebäude. Die Landespolitik zeigt sich entsetzt. Außerdem: In einer NS-Gedenkstätte werden Schilder und Tafeln beschmiert, der Präsident des Leipziger Amtsgerichts verschickt fragwürdige Briefe und in Borna stand die Pressesprecherin von „Ende Gelände“ vor Gericht. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 28. Oktober 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

In Deutschland brennen wieder Asylunterkünfte. Das ist die Überschrift, die man auf der Titelseite der heute erschienenen Printausgabe der Leipziger Zeitung lesen kann. Verfasst wurde sie vor zwei Tagen mit Blick auf die von einer Unterkunft in Mecklenburg-Vorpommern übrig gebliebene Ruine. Was einen Tag später in Sachsen passieren würde, war zu dem Zeitpunkt allenfalls zu erahnen.

Unbekannte haben am frühen Freitagmorgen die Fensterscheiben einer geplanten Asylunterkunft in Bautzen mit Brandsätzen eingeworfen. Viel mehr ist aktuell noch nicht bekannt. Es entstand Schaden am Objekt, aber glücklicherweise nicht an Menschen. Bekanntermaßen waren vor zwei Monaten auch in Leipzig Brandsätze gegen eine bewohnte Unterkunft in Grünau geflogen. Auch dort blieb es zum Glück bei leichtem Sachschaden.

Schon wieder Bautzen

Während die Vorgeschichte von Anschlägen in Grünau bis zu den Pogromen in den 90ern zurückreicht, denkt man bei Bautzen vor allem an das Jahr 2016, in dem ein ehemaliges Hotel abbrannte, das als Asylunterkunft vorgesehen war. Beobachter/-innen bejubelten das Geschehen. Man denkt aber auch an die AfD, die erst vor zwei Tagen eine Demonstration gegen die Unterbringung von Geflüchteten in Bautzen veranstaltete. Den Worten folgten nun Taten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete den Angriff am Nachmittag als „widerwärtig“ und „Ergebnis von Hetze“. Die Aufklärung der Straftat habe „höchste Priorität“. Zuvor hatte sich bereits Innenminister Armin Schuster (CDU) geäußert; am Samstag will dieser der Einrichtung einen Vor-Ort-Besuch abstatten.

Der Vorfall in Bautzen war leider nicht der einzige widerwärtige in Ostdeutschland in der vergangenen Nacht. Wie die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora heute mitteilte, wurden an Tafeln und Schildern großflächig Nazi-Schmierereien angebracht. Man wolle sich dadurch nicht einschüchtern lassen – im Gegenteil zeige sich dadurch, wie wichtig die Arbeit dort sei.

Vielleicht nicht widerwärtig, aber zumindest fragwürdig ist unterdessen ein Schreiben, den der Präsident des Leipziger Amtsgerichts laut „Bild“ an seine Mitarbeiter/-innen verfasst haben soll. Darin warnt Michael Wolting angeblich vor einem Blackout während der Energiekrise und ruft dazu auf, in diesem Fall nur noch in Begleitung und mit Pfefferspray auf die Straße zu gehen. Es drohe „unmittelbare Lebensgefahr“.

Einen ähnlich fragwürdigen Vorfall hatte es bereits im März gegeben. Damals verfasste Wolting anlässlich des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eine ausführliche Einschätzung der Lage und verschickte diese ebenfalls an seine Mitarbeiter/-innen. Gerichtstermine, an denen Russ/-innen beteiligt sind, sollten hinsichtlich Sicherheitsaspekten kritisch geprüft werden, hieß es darin. Laut „taz“ sorgte dieses Schreiben bei vielen Mitarbeiter/-innen für Kopfschütteln.

Abgeordneter zahlt 800 Euro nach Schleenhain-Protest

In Borna ging währenddessen die Prozessreihe gegen Personen weiter, die im Zuge der „Ende Gelände“-Proteste in Schleenhain im Jahr 2019 den Tagebau betreten hatten und damit Hausfriedensbruch begangen haben sollen. Die linke Stadträtin Juliane Nagel war bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden, obwohl sie als Landtagsabgeordnete gewisse Sonderrechte besitzt.

Heute folgte der Prozess gegen Sina Reisch, Pressesprecherin von „Ende Gelände“. Auf ähnliche Sonderrechte dürfte sie sich kaum berufen. Ein Urteil gab es heute allerdings noch nicht, weil Zeug/-innen nicht erschienen waren. In den kommenden Wochen steht unter anderem auch ein LVZ-Fotograf vor Gericht, der wohl eigentlich nur seiner Arbeit nachkam und ein Ereignis von öffentlichem Interesse dokumentierte.

Ebenfalls angeklagt war der linke Landtagsabgeordnete Marco Böhme. Dieser hat sich jedoch aus taktischen Gründen dazu entschieden, das Verfahren gegen Zahlung von 800 Euro einstellen zu lassen. Man wolle eine Grundsatzentscheidung von einem höheren Gericht und sei deshalb gegen das Urteil im Prozess von Juliane Nagel in Berufung gegangen. Die Mühen, so etwas noch in einem zweiten Verfahren durchzuziehen, sei es aber nicht wert.

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den Prozessbeginn gegen den mutmaßlichen Brandstifter von Luxus-Autos, über Sprengungen am Speicherbecken Borna und über die Inhalte unserer heute erschienenen Print-Ausgabe.

Was heute außerdem wichtig war: Die Inflation steigt auf 10,4 Prozent und ist damit so hoch wie seit 1951 nicht mehr; vor allem die Preise für Energie und Lebensmittel explodieren. Explodiert, naja, eher gerissen, ist auch der Geduldsfaden der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die Twitter nach eigenen Angaben wegen Profitstreben, Empörungsökonomie und Frauenhass verlassen möchte.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar