Während in Connewitz Wohnungen von Chemie-Fans durchsucht wurden, führte die Polizei in Berlin nach dem Verbot eines „Hells Angels“-Ablegers ebenfalls eine Razzia durch. Außerdem bekommt Sachsen zwei Großforschungszentren für den Strukturwandel und die Gasumlage ist Geschichte. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 29. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus passiert ist.

Razzia in Connewitz nach verabredeter Schlägerei von Fußballfans

In den frühen Morgenstunden machten heute Meldungen über Hausdurchsuchungen in Leipzig-Connewitz die Runde, unter anderem sollen Einsatzkräfte in der Simildenstraße ausgerückt sein. Nicht nur in Leipzig – wo die Polizei die Wohnungen drei Beschuldigter durchsuchte –, sondern auch in Brandenburg, Hessen und Bayern wurden Objekte durchsucht.

Das sächsische Landeskriminalamt nennt den Anlass der Razzia in schönem Behördensprech „Drittort-auseinandersetzung“ – gemeint ist eine verabredete Schlägerei zwischen Fußballfans außerhalb eines Stadions.

In diesem Fall geht es um ein Aufeinandertreffen von Fans der BSG Chemie Leipzig und des TSV 1860 München, bei dem laut LKA mehrere Personen in beiden Fanlagern verletzt wurden. Das LKA ermittelt gegen dreizehn Beschuldigte im Alter von 26 bis 46 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung.

Das LKA ist laut Generalstaatsanwaltschaft zufällig durch Ermittlungen in einem anderen Verfahren auf die Sache aufmerksam geworden, berichtet Journalist Edgar Lopez auf Twitter. Bei der Razzia beschlagnahmten die Einsatzkräfte Smartphones, Speichermedien und Bekleidung, außerdem als „Zufallsfunde“ Betäubungsmittel und nicht zugelassene Medikamente.

Razzia nach Verbot: Berliner Ortsgruppe der „Hells Angels“ aufgelöst

Ebenfalls von einer Razzia betroffen waren heute mehr als 40 Wohnungen von Mitgliedern der Rockergruppe „Hells Angels“, außerdem Hafträume und das Clubhaus der „Hells Angels Motorcycle Club Berlin Central“ in Berlin-Reinickendorf. Die Durchsuchungsaktion war eine direkte Konsequenz aus dem Verbot des Vereins „Hells Angels Motorcycle Club Berlin Central“ einschließlich seiner Unterstützergruppierung „MP 81 Berlin Central“, das heute von der Berliner Innenverwaltung ausgesprochen wurde. Somit gilt die Gruppierung offiziell als aufgelöst.

Die heute verbotene Gruppe gilt als Nachfolge-Organisation des „Hells Angels Motorcycle Club Berlin City“ mit seiner Untergruppierung „MG 81“, die bereits 2012 verboten wurden. Die damalige Durchsuchungsaktion war aus polizeilicher Sicht ein Debakel: Die Rocker wussten im Vorfeld Bescheid und räumten ihr Vereinshaus aus, bevor die Razzia überhaupt begonnen hatte.

Das heutige Vorgehen gegen die Berliner Ortsgruppe der Rockerbande bezeichnete die Berliner Innensenatorin Iris Spranger heute als Bekräftigung des 2012 ausgesprochenen Verbots. „Wir schauen nicht weg, wenn eine Organisation an die Stelle eines bereits 2012 verbotenen Vereins tritt und diesen ersetzt.“ Der Staat habe alle im Blick, die wirksame Vereinsverbote unterwandern, um weiterhin kriminell aktiv zu sein.

Bundesregierung verwirft Gasumlage …

Seit der fast vollständigen Verstaatlichung des Gasimporteurs Uniper wurde von vielen Seiten gefordert, die angekündigte Gasumlage – also die geplanten Zusatzabgaben von Gasverbraucher/-innen – zu kippen. Das ist heute passiert. Eigentlich sollte die Gasumlage ab dem 1. Oktober greifen, nun aber hat die Bundesregierung verkündet, auf das Instrument verzichten zu wollen.

Stattdessen plant die Ampel eine Strom- und Gaspreisbremse. Das haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) heute in Berlin bekannt gegeben.

Gasunternehmen, die ihre Kund/-innen in den vergangenen Wochen über den vorgesehenen Aufschlag in der nächsten Rechnung informiert hatten, müssen nun schnell reagieren, um die bereits getroffenen Maßnahmen zur Umsetzung der Gasumlage rückgängig zu machen.

„Wir haben Verständnis, dass Sie aktuell viele Fragen an uns haben“, schreibt etwa der Anbieter Eon auf seiner Website. „Bitte geben Sie uns die Möglichkeit, die nun bekannt gegebene Abschaffung der Gasbeschaffungsumlage erst einmal im Detail zu bewerten.“

… und kündigt Strom- und Gaspreisbremse an

Die steigenden Strom- und Gaspreise will die Bundesregierung mit 200 Milliarden Euro drücken. So soll den Verbraucher/-innen zusätzlich zu den Entlastungspaketen in der Energiekrise geholfen werden. Der Bund nimmt dafür einen Kredit auf. Die Preisbremse soll bis einschließlich 2024 gelten.

Die Ampel bezeichnet den angekündigten Preisdeckel als „wirtschaftlichen Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges“. Die genauen Konditionen sollen von einer Kommission erarbeitet werden, die bis Mitte Oktober Konzeptvorschläge vorlegen soll.

Sachsen fordert schnelle Umsetzung der Preisbremse

Die sächsische Regierung begrüßt die geplante Deckelung der Gas- und Strompreise und fordert eine zügige Umsetzung, um Bürger/-innen und Unternehmen schnell entlasten zu können. Sachsens Energieminister Wolfram Günther forderte heute, dass das Instrument der Preisbremse auch einen Anreiz zum Energiesparen beinhalten soll. „Denn es bleibt wichtig, Energie zu sparen, damit wir als Gesellschaft gut durch den Winter kommen.“

Sächsische Regierungsmitglieder der SPD betonten heute die Wichtigkeit der Preisbremse für das gesellschaftliche Miteinander. „Der Eingriff des Staates ist wichtig für den sozialen Frieden“, lässt Wirtschaftsminister Martin Dulig sich zitieren.

Sozialministerin Petra Köpping, ebenfalls SPD, zeigte sich heute erleichtert über die kommenden Entlastungen für den Gesundheitssektor. Die Energiepreisbremse werde allem Anschein nach „zum Aufatmen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen führen“.

Erst Mitte September hatten sie sächsischen Kliniken mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit gewandt. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser sei angesichts der steigenden Energiepreise so angespannt wie nie, einzelne Häuser berichteten von Kostensteigerungen um fast 500 Prozent im Bereich der Medizinversorgung mit Strom und Gas.

Schäden an Nord-Stream-Pipelines größer als bisher angenommen

Nachdem bisher drei Lecks an den Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 in der Ostsee gemeldet wurden, bestätigten die schwedischen Behörden heute ein viertes Leck. Bereits am Dienstag sei es von der schwedischen Küstenwache bei einer Aufklärungsmission entdeckt worden. Somit sind zwei Lecks auf dänischem und zwei auf schwedischem Staatsgebiet bestätigt.

Anfang der Woche wurden an beiden Unterwasser-Gasleitungen ein drastischer Druckabfall gemeldet. Fotos von aufgestiegenem, an der Wasseroberfläche blubberndem Erdgas gingen durch die Medien. Laut den Berechnungen der dänischen Behörden wird das Gas am Sonntag vollständig aus den Leitungen entwichen sein. Die Auswirkungen auf die Natur und das Klima können noch nicht abgeschätzt werden.

Expert/-innen sind sich mittlerweile einig, dass die Lecks auf einen Sabotageakt zurückzuführen sind.

Milliarden für den Strukturwandel: Großforschungszentren für Chemie und Astrophysik

Gleich zwei ostdeutsche Ministerpräsidenten waren heute zu Gast bei der Bundespressekonferenz in Berlin. Anlass war die Vorstellung der zwei Großforschungszentren im mitteldeutschen Revier und in der Lausitz, die vom Bund den Zuschlag im Rahmen des Wettbewerbs „Wissen schafft Perspektiven für die Region“ bekommen haben.

In Sachsen profitieren zwei Wissenschaftsstandorte von der Förderung: Zum einen das Deutsche Zentrum für Astrophysik, das in der Lausitz angesiedelt werden soll, genauer gesagt in Görlitz und im Landkreis Bautzen. Zum anderen ist ein „Chemieresilienz“-Zentrum im mitteldeutschen Revier geplant, das von Sachsen-Anhalt und Sachsen gemeinsam gebaut wird.

Die sächsische Regierung verbreitete angesichts des Startschusses für die Forschungskonzepte heute zukunftsgewandte Euphorie. Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) sprach von einem „neuen wissenschaftlichen Aufbruch“ in Ostdeutschland, Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete die Vorhaben als die Einlösung seines Versprechens, den Strukturwandel zu einer Chance für die Region zu machen.

Forschungszentren sollen auf die internationale Agenda

Wichtig sei es nun, die Forschungsprojekte international bekanntzumachen, um exzellente Wissenschaftler/-innen aus aller Welt anzuwerben. Kretschmer nannte als Vorbild für die Vorhaben das deutsch-polnische Forschungsinstitut Casus (Center for Advanced Systems Understanding) in der Grenzstadt Görlitz. Casus forscht zu Big Data und wird vom Bund auf drei Jahre mit 10 Millionen Euro finanziert.

„Dort bewerben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA, die sicherlich nicht sagen, wir wollen nach Görlitz, aber wir wollen Teil dieser exzellenten Forschung sein“, berichtete Kretschmer auf der Bundespressekonferenz.

Die beiden Forschungskonzepte hatten sich gegen sechs andere Bewerber in der finalen Runde durchgesetzt. Die sächsische Landesregierung sieht die Forschungsprojekte als „zentrale Säulen für den gelingenden Strukturwandel in den Braunkohlerevieren“ an.

Die Großforschungszentren sollen jeweils 1,2 Milliarden Euro erhalten, so sollen insgesamt bis zu 3.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Leihprojekt für Lastenräder verzeichnet viel Nachfrage

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den heißen Wutwinter, über die Vorfälle am Rande der rechten Demonstration am Montag in Leipzig und über Einschränkungen im S-Bahnverkehr im Oktober zwischen Böhlen und Altenburg sowie Borna

Was heute außerdem wichtig war: Die Stadt Leipzig zieht für das im Juli gestartete Ausleihprojekt für Lastenräder eine positive Zwischenbilanz. Seit Mitte Juli konnten bereits 1.507 Ausleihen von 890 Personen registriert werden, was 20 Ausleihen pro Tag entspricht.

Rund 4.075 Stunden waren die 20 regulären Lastenräder, die neun Transporträder mit elektronischer Unterstützung sowie das Inklusionsrad verliehen. Vor allem im Zeitraum von 15 bis 18 Uhr sind die Fahrräder stark gefragt, in den frühen Morgenstunden, zwischen 5 und 6 Uhr, ist laut Stadt am wenigsten Leihbetrieb. Die beliebtesten Ausleihstationen sind bisher Südplatz und August-Bebel-Straße.

Das Leihprojekt in Kooperation mit der TINK GmbH läuft noch bis Anfang Dezember. Ende des Jahres sollen die Daten ausgewertet und ein möglicher Dauerbetrieb geprüft werden.

Was morgen passieren wird: Nach der Entscheidung für die zwei neuen Großforschungszentren in Sachsen wird die sächsische Regierung morgen im Rahmen einer Pressekonferenz 11:30 Uhr in der Sächsischen Staatskanzlei in Dresden die nächsten Schritte zur Umsetzung der Projekte erläutern.

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