Zum Ende des 9€-Tickets: Prominente fordern die Fortsetzung und eine Berliner Initiative bietet eine „solidarische Ticketversicherung“ für neun Euro monatlich an. Außerdem gibt es mehr Arbeitslose in Sachsen und weitere Vorwürfe gegen Führungskräfte in den Öffentlich-Rechtlichen. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 31. August 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Offener Brief an Kanzler Scholz: Prominente fordern Fortsetzung des 9-Euro-Tickets
Am letzten Gültigkeitstag des 9-Euro-Tickets ist immer noch nicht klar, ob und – wenn ja – in welcher Form es ein Nachfolgeticket geben wird. Klar ist: Das 9-Euro-Ticket, mit dem die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Energiekrise die Menschen in Deutschland finanziell entlasten und zum Bus- und Bahnfahren motivieren sollte, wurde extrem gut angenommen.
Mehrere deutsche Prominente, darunter Anke Engelke, Luisa Neubauer, Eckart von Hirschhausen und Johann König, fordern in einem heute veröffentlichten offenen Brief an Bundeskanzler Scholz (SPD) die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets. Das Ticket habe auf beispiellose Weise gezeigt, dass soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Verkehrswende Hand in Hand gehen, heißt es in dem Brief, der von einem Twitter-Nutzer namens „Sebastian 23“ verfasst wurde.
Mehr als 25 bekannte Persönlichkeiten aus Film, Fernsehen, Wissenschaft und Wirtschaft unterzeichneten den Brief. Auch zur Finanzierung des geforderten Folge-9-Euro-Tickets macht der Autor des Briefs Vorschläge: per Übergewinnsteuer, Streichung fossiler Subventionen und durch nicht gebaute Autobahnen könnte die erforderlichen rund 10 Milliarden Euro jährlich zusammenkommen.
Finanzminister Lindner befürwortet bundesweites ÖPNV-Ticket
Währenddessen hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bezüglich eines bundesweiten ÖPNV-Tickets verkündet: „Verkehrsminister Volker Wissing hat mich überzeugt“, verkündete Lindner heute. „Er kann mit einem Bruchteil der Finanzmittel des 9-Euro-Ticket ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren. Jetzt sind die Länder dran.“
Lindner machte jedoch keine Aussagen dazu, wie konkret dieses bundesweit nutzbare Ticket gestaltet werden soll und ab wann es verfügbar sein wird. Bisher hatte der Finanzminister jegliche Formen der Verlängerung des 9-Euro-Tickets zu etablieren.
Selbstorganisation im Nahverkehr: 9-Euro-Fond als Ersatz fürs 9-Euro-Ticket
Es dürfte noch Monate dauern, bis die Bundesregierung ein Nachfolgeticket konzeptualisiert und eingeführt hat. Mit dem Ende des 9-Euro-Tickets bekommt eine Initiative namens „9-Euro-Fond“ viel Aufmerksamkeit – und viele Spenden. Das Konzept: Ab September kann jede Person für neun Euro monatlich Mitglied im Fonds werden, der auf der Website als „solidarische Ticketversicherung“ bezeichnet wird.
Sollte diese Person dann in Bus oder Bahn erwischt werden und ein Bußgeld zahlen müssen, begleicht der Fonds die Zahlungsaufforderung. Sie muss dabei allerdings einen Aufkleber mit der Aufschrift „Ich fahre ohne Fahrschein“ gut sichtbar getragen haben. Dieser wird auf der Website zum Download zur Verfügung gestellt. Somit soll im Falle eines Gerichtsverfahrens der Vorwurf des „Erschleichens von Leistungen“ später abgewiesen werden.
Mehr Arbeitslose in Sachsen
Die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen ist im August auf 123.500 Menschen gestiegen, rund 5.000 Menschen mehr als im Vormonat Juli. Diese Zahlen hat die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht. Die Arbeitslosenquote in Sachsen liegt somit bei knapp sechs Prozent.
Steffen Leonhardi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, meinte am Mittwoch, 31. August: „Der Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe und teilweise drastische Preiserhöhungen belasten die wirtschaftliche Entwicklung. In der Folge haben sich die Erwartungen der Unternehmen momentan eingetrübt.“
Sachsens Wirtschaftsminister Dulig (SPD) forderte mit Blick auf diese Zahlen heute „eine vereinfachte Abrechnung der Kurzarbeit bei den aufgelaufenen Corona-Fällen auf Bundesebene“, um die Arbeitsagenturen zu entlasten.
Nach Angriff auf Journalisten: Bürgermeister von Bad Lobenstein suspendiert
Der Bürgermeister von Bad Lobenstein (Thüringen) ist vorläufig vom Dienst enthoben worden, da ihm mehrere schwere Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen werden. Das hat die Rechtsaufsichtsbehörde des Saale-Orla-Kreises entschieden. Unter anderem ging Thomas Weigelt (parteilos) am 20. August beim Bad Lobensteiner Marktfest auf einen Journalisten der Ostthüringer Zeitung (OTZ) los, der ihn zuvor gefilmt hatte.
Auf einem Video ist zu sehen, wie Bürgermeister Weigelt sichtlich angespannt auf die Kamera zuläuft und die Linse mit seiner Hand verdeckt. Einige Sekunden später liegt die Kamera am Boden, jemand entschuldigt sich. Im Hintergrund ist die Blaskapelle und das bunte Treiben auf dem Stadtfest zu hören. Laut Aussage eines OTZ-Kollegen wurde der Journalist verletzt und seine Kameraausstattung zerstört.
Zudem werden dem Bad Lobensteiner Bürgermeister die Diffamierung von Verfassungsorganen und die finanzielle Schädigung der Stadt Bad Lobenstein vorgeworfen, wie der MDR zuerst berichtete.
In Bad Lobenstein hat nun Klaus Möller von der Linkspartei, der erste Beigeordnete des Bürgermeisters, dessen Geschäfte übernommen. Es kommt in Deutschland äußert selten vor, dass Stadtoberhäupter vom Dienst suspendiert werden.
Tierquälerei auf der A4
15 Bußgeldverfahren und zwei Anzeigen bei nur acht kontrollierten Tiertransporten: Das ist die Bilanz einer gezielten Kontrolle von Tiertransport-Lkw auf der A4 bei Chemnitz. In den vergangenen zwei Tagen hatte die Verkehrspolizeiinspektion an der Anschlussstelle Chemnitz-Ost Tiertransporte herausgewunken und begutachtet.
Dabei stellten die Beamt/-innen meist Verstöße gegen die Reinigungs- und Desinfektionsrichtlinien sowie gegen die Beladungsvorschriften für Tiertransporte fest. Bei der Kontrolle eines Tiertransportes beispielsweise bemerkte die Polizei, dass der Lkw mit rund 680 Ferkeln falsch beladen wurde und die für die Tiere erforderliche Fläche somit nicht zur Verfügung stand. Hätte man eine nicht benutzte Fläche auf dem Lkw verwendet, hätte der gesetzlich vorgeschriebene Platz für die Ferkel zur Verfügung gestanden, heißt es im Polizeibericht.
Bei einer weiteren Kontrolle stellten die Polizist/-innen fest, dass der Fahrer per Haftbefehl gesucht wurde. Gegen die Bezahlung der geforderten Geldbuße vor Ort konnte der Fahrer den Haftbefehl abwenden.
Vorwurf der Einflussnahme auf Berichterstattung: NDR-Führungskräfte suspendiert
Der NDR-Chefredakteur für Schleswig-Holstein, Norbert Lorentzen, und die Leiterin der Politikredaktion, Julia Stein, sind bis auf Weiteres von ihren Aufgaben entbunden. Das teilte das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein heute mit. Lorentzen und Stein hätten selbst um ihre vorläufige Suspendierung gebeten, heißt es.
Lorentzen und Stein wird politische Einflussnahme in der Berichterstattung vorgeworfen. Der Business-Insider und der Stern hatten über die Anschuldigungen berichtet. Der Landesfunkhaus-Direktor Volker Thormählen betonte, dass aktuell die Unschuldsvermutung gelte.
Nach dem Rücktritt der RBB-Chefin Patricia Schlesinger und der MDR-Landesfunkhauschefin in Sachsen-Anhalt, Ines Hoge-Lorenz, ist die Suspendierung der beiden hochrangingen RBB-Journalist/-innen der dritte überraschende Personalvorfall beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk innerhalb weniger Wochen.
Hans-Christian Ströbele ist tot
Worüber die LZ heute berichtet hat: über eine Zwangspause beim Dental Museum aufgrund zu hoher Heizkosten, über Umleitungen der S-Bahn 3 und über die Zukunftspläne der Leichtathletik beim SC DHfK im Interview mit Abteilungsleiter René Hecking
Was heute sonst noch wichtig war: Der Grünen-Politiker, taz-Mitgründer und RAF-Anwalt Hans-Christian Ströbele ist im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben. Ströbele wurde dem linken Flügel innerhalb der Grünen zugeordnet und gewann 2002 das erste Direktmandat für die Grünen bei einer Bundestagswahl und war mit Unterbrechung bis 2017 Bundestagsabgeordneter. Er war bis wenige Jahre vor seinem Tod in der Öffentlichkeit politisch aktiv. Die taz huldigte dem „König von Kreuzberg“ heute in einem emotionalen Abschiedstext.
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