Die Erschütterung nach den Gräueltaten im ukrainischen Butscha ist groß und Forderungen nach weiteren Sanktionen gegen Russland werden laut. Von einem Stopp der russischen Gaslieferungen sieht man in Deutschland aber bisher ab. Außerdem: Der 33-Jährige, der im vorigen Jahr für mehrere Explosionen durch Sprengsätze in der Leipziger Innenstadt verantwortlich ist, wird angeklagt und im Zentrum gab es am Abend Protest gegen einen Vorfall von Polizeigewalt, der sich am Rande einer Demo am Wochenende abspielte. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, den 4. April 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Gas-Embargo vorerst ausgeschlossen, Russland weist Verantwortung für Massaker in ukrainischem Butscha zurück
Nachdem am Wochenende Bilder aus der Stadt Butscha bei Kiew die Welt erschütterten, auf denen mehrere hundert Tote auf den Straßen der Stadt liegend zu sehen waren, diskutierte man heute über mögliche Reaktionen auf das grauenvolle Geschehen. Bereits am Sonntag stellten etliche europäische Politiker/-innen weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht, dem die Verantwortung für das Massaker zugesprochen wird.
Von einem sofortigen Stopp der russischen Gaslieferungen sieht das deutsche Wirtschaftsministerium allerdings ab. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte, dass dies der deutschen Wirtschaft mehr schaden würde, als der russischen. Man wolle „unabhängig werden von Energieimporten, ohne uns selbst zu schwächen“, verkündete Lindner vor dem Treffen der Eurogroup am heutigen Nachmittag.
Schnellstmöglich müssen alle wirtschaftl. Beziehungen zu #Russland beendet werden. Insbes. wollen wir unabhängig werden von Energieimporten, ohne uns selbst zu schwächen. Dies wird Druck auf #Putin erhöhen, so Bundesfinanzminister @c_lindner vor Treffen der #Eurogruppe. #Ukraine pic.twitter.com/xNrbUvCKLX
— Bundesministerium der Finanzen (@BMF_Bund) April 4, 2022
Ukrainische Soldat/-innen hatten die leblosen Körper entdeckt, als sie die Stadt 25 Kilometer von Kiew entfernt zurückeroberten. Noch immer werden weitere Leichen geborgen. Diese waren zum Teil gefesselt worden, einige Tote fand man in Hinterhöfen vergraben.
Während der Großteil der Welt als von Russland begangenes Kriegsverbrechen einstuft, wehrt man sich im Kreml gegen diese Anschuldigungen. Von einer Sprecherin hieß es, die USA und ihre westlichen Partner hätten die Bilder zu Propaganda-Zwecken gegen Russland bestellt. Der amerikanische Präsident Joe Biden forderte indes, Wladimir Putin vor Gericht zu stellen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte der Ukraine Unterstützung von Europa zu. In einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vereinbarte sie, Spezialkräfte zur Untersuchung der Vorgänge kommen zu lassen und vor Ort zu ermitteln.
Anklage gegen 33-Jährigen nach Explosionen in Leipzig
Im letzten Jahr berichtete die Polizei mehrere Male über Explosionen in der Leipziger Innenstadt und warnte die Bürgerinnen und Bürger. Viermal explodierten im Zeitraum zwischen Juni und September 2021 im Innenstadtbereich abgelegte Sprengstoffsätze. In zwei Fällen wurden Personen, die sich in unmittelbarer Nähe befanden, verletzt.
Die Leipziger Staatsanwaltschaft hat nun Anklage eingereicht gegen den 33-jährigen Tatverdächtigen, der für die vier bekannten Vorfälle verantwortlich sein soll. Ihm wird außerdem vorgeworfen, im Oktober 2021 eine weitere Sprengvorrichtung hergestellt zu haben. Diese wollte er ebenfalls im Zentrum platzieren. Allerdings explodierte die Vorrichtung bereits in der Wohnung des Mannes, er wurde dabei selbst verletzt. Seitdem sitzt der 33-Jährige in Untersuchungshaft.
Ausschreitungen am Rande von BSG-Chemie-Spiel
Am gestrigen Sonntag kamen zahlreiche Chemie-Fans nach langer „Zuschauer-Pause“ wieder sozusagen live und vor Ort im Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzig-Leutzsch zum Spiel gegen den FC Carl Zeiss Jena zusammen. Wie die Polizei heute mitteilte, kam es bereits vor dem Match zu Ausschreitungen, bei denen ein Mann verletzt wurde.
Begonnen mit Provokationen, spitzte sich die Situation zu, als Pyrotechnik in Richtung des Gästeblocks geworfen wurde. Daraufhin versuchten mehrere Personen, die Absperrung zum Spielfeld und zum Heimblock zu übersteigen. Die Polizei hielt die Gruppierung auf. Ein Mann aus der Gruppe verletzte sich bei dem Versuch, über den Zaun zu klettern.
Bei der Feststellung mehrerer Tatverdächtiger, denen zu dem Zeitpunkt Landfriedensbruch vorgeworfen wurde, griffen einige der Gästefans einen der Polizeibeamten an und stachen mit Stangen nach ihm. Der Mann blieb dank Schutzausrüstung unverletzt.
Es wurden Ermittlungen wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung, des Landfriedensbruchs und der versuchten Gefangenenbefreiung aufgenommen.
Demo „Zivilcourage ist kein Verbrechen“ gegen Polizeigewalt
Das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ (LnP) rief für den heutigen Abend zur Demonstration auf. „Unter dem Motto ‚Zivilcourage ist kein Verbrechen‘ wollen wir uns morgen gegen die Schwurbelaufmärsche positionieren, aber auch zeigen, dass Polizeigewalt, wie sie wieder am Samstag auftrat, uns nicht einschüchtert und wir diese nicht einfach so geschehen lassen“, hieß es zuvor in der Ankündigung der Versammlung.
Bezug nimmt das Bündnis damit auf einen Vorfall, der sich am vergangenen Samstag am Rande des Demonstrationsgeschehens in der Innenstadt ereignete: Ein Polizist aus Thüringen soll einem jungen Mann so hart ins Gesicht geschlagen haben, dass dieser für kurze Zeit zu Boden ging. Danach ergriffen mehrere Beamte/-innen den Mann und schubsten ihn fort.
Ein Video von „Vue Critique“, das kurze Zeit später durch die sozialen Medien ging, dokumentiert das Geschehen. Gegen den Beamten wird inzwischen wegen des Tatverdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt.
TW Polizeigewalt
Ein Polizist schlägt einen Gegendemonstranten brutal zu Boden. Dieser schafft es zunächst nicht mehr aus eigener Kraft auf die Beine, wird ein paar Meter weiter "geworfen" und ist zunächst desorientiert.#le0204 pic.twitter.com/4sl2ghrv7d
— vue.critique (@vuecritique) April 2, 2022
Trotz Regen und Sturmböen versammelten sich einige Menschen zur Kundgebung und Demonstration ab 18 Uhr auf dem Augustusplatz. Wie viele Personen insgesamt am Gegenprotest gegen einen Aufzug von Anhänger/-innen der Querdenken-Szene teilnahmen, ist nicht genau bekannt, da sich die Versammlung am Augustusplatz rasch auflöste und anschließend in mehreren Gruppen den sogenannten „Spaziergang“ teils lautstark begleitete.
Der Gegenprotest war jedoch mit einer höheren Beteiligung als auf der Seite der Corona-Gegner/-innen unterwegs, welche heute eher still unterwegs waren.
Dort wurden 66 Personen gezählt, die sich auf Teilen des Rings fortbewegten. Am Rande wurden immer wieder junge Menschen durch die Polizei am Gegenprotest gehindert, da dieser nicht als Versammlung angemeldet war. Im Gegensatz zu den „Spaziergängern“, welche heute nach Monaten der unangemeldeten Märsche mal wieder eine reguläre Versammlungsanmeldung durchgeführt hatten und so den Ring ungestört und polizeilich abgesichert umrunden konnten.
Video: LZ
Auch bei einer abschließenden Spontandemo, welche der Gegenprotest mit wenigen Verbliebenen zum Hauptbahnhof durchführen wollte, wurde kurzzeitig von der Polizei gestoppt. Nachdem geklärt war, dass es sich bei der Spontanversammlung nicht um eine stehende Kundgebung, sondern einen gemeinsamen Weg zum Bahnhof handeln sollte, löste sich auch diese Situation friedlich auf.
Dürftiger Sozialer Wohnraum, der kleine Prinz und Sturm
Worüber die LZ heute berichtet hat: Ralf Julke hat sich die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus in Leipzig angeschaut. 1000 fertige Sozialwohnungen mehr wären im letzten Jahr nötig gewesen. Außerdem geht’s um die neue Ausstellung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum, das Dichtung in 3D darstellt.
Und es geht um die Hintergründe, weshalb das Buch „Der kleine Prinz“ fast, aber auch nur fast, in Markkleeberg verlegt worden wäre. Heute erinnert eine Tafel am Geburtshaus des Schriftstellers Karl Rauch an die Geschichte.
Was heute außerdem wichtig war: Heftige Sturmböen sorgten in Leipzig und darüber hinaus heute für Chaos. Auch der Deutsche Wetterdienst gab für etliche Gebiete Sturmwarnungen heraus. In den nächsten Tagen könne es außerdem Dauerregen in manchen Gebieten geben.
Einiges los auf der Warnkarte! #Wind-, #Sturm-, #Schneefall-, #Dauerregen– und #Tauwetter–#Warnungen. Mehr dazu auf in der #WarnWetter-App und auf https://t.co/c0actryFJD. /V pic.twitter.com/oDzJGRxznT
— DWD (@DWD_presse) April 4, 2022
An den sächsischen Universitäten startete heute das Sommersemester. In vielen Einrichtungen wird jetzt wieder auf Präsenzveranstaltungen gesetzt. Die Fakultäten können ebenso hybride- oder digitale Veranstaltungen anbieten.
Derweil ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Leipzig weiter gesunken. Laut Angaben der Stadtverwaltung lag der Wert am heutigen Montag bei 1713 und ging damit im Gegensatz zum Vortag um 58,7 zurück. Sachsenweit liegt die Inzidenz laut Robert-Koch-Institut (RKI) bei 1525,5.
#Corona #Leipzig
▫️7-Tage-Inzidenz: 1.713,0 (-58,7 zum Vortag)
▫️positiv: 167.939 (+227)
▫️Todesfälle: 775 (+0)Patienten
▫️Leipzig Krankenhäuser: 216 (+0)
Sachsen:
▫️Normalstation: 1.335 (+3)
▫️Intensiv: 184 (+0)
▫️Inzidenz Hospitalisierung: 7,72 (-0,39)https://t.co/cSWQjflU0c pic.twitter.com/3numMWDR8K— Stadt Leipzig (@StadtLeipzig) April 4, 2022
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