Rund um das Völkerschlachtdenkmal schwurbelte es auch an diesem Samstag verdächtig. Im Gegensatz zur Vorwoche verhinderte die Polizei diesmal jedoch einen „Spaziergang“ von rund 200 Corona-Verharmloser/-innen. Außerdem: Linke in Connewitz und Kurden-Unterstützer/-innen im Leipziger Osten gingen ebenfalls auf die Straße. Zudem zeigen aktuelle Zahlen, dass die Straftaten gegen Journalist/-innen in Sachsen kaum abnehmen. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, 5./6. Februar 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
In Leipzig kann man derzeit mindestens zweimal pro Woche damit rechnen, dass Corona-Verharmloser/-innen demonstrieren gehen: in der Regel montags und samstags. Jene Demonstration am Samstag vor einer Woche sorgte auch bundesweit für Aufsehen, nachdem etwa 50 Personen das Gelände der Psychiatrie gestürmt hatten, um aus einem Polizeikessel zu entkommen.
Ähnliche Bilder wiederholten sich an diesem Samstag nicht, obwohl sich am Nachmittag erneut eine dreistellige Anzahl an Personen nahe dem Völkerschlachtdenkmal versammelte. Offizieller Anlass war eine „Schlüsselsuche“, aber dass irgendjemand dort tatsächlich nach verlorenen Schlüsseln suchte, konnten wir nicht beobachten.
Polizei machte früh dicht
Dass es diesmal anders lief als vor einer Woche lag zum einen daran, dass weniger Personen erschienen waren – übrigens auch bei den Gegendemonstrant/-innen –, und zum anderen daran, dass die Polizei diesmal etwas tat, was sie auch schon vor einer Woche hätte tun können: Sie sperrte die Prager Straße stadteinwärts komplett ab, als sich die „Querdenker“ in genau diese Richtung bewegten. Der „Spaziergang“ war somit nach wenigen Metern beendet.Danach waren in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals noch einige Gruppen unterwegs, doch eine Demonstration mit mehreren hundert Teilnehmer/-innen gab es diesmal nicht. Stattdessen kam es später in der Innenstadt zu einer Auseinandersetzung. Nach unseren Informationen sollen Personen aus dem „Querdenken“-Spektrum auf sehr junge Personen der Gegenseite eingeschlagen haben.
Generell war in der Zeit von Freitagabend bis Samstagabend mal wieder einiges los in Sachen Demonstrationen in Leipzig. So nahmen bereits Freitagabend mehrere hundert Linke an einer Anti-Repressionsdemo in Connewitz teil. Anlass dafür waren erneute Hausdurchsuchungen Ende Januar. Im Laufe der Demonstration kam es unter anderem zum Bewurf von Polizist/-innen. Eine Beamtin wurde im Krankenhaus behandelt.
Demo gegen Angriffe der Türkei
Rund 24 Stunden später folgte am Samstagabend eine Demo des Rojava-Soli-Bündnisses. Anlass dafür waren erneut die Angriffe der Türkei auf kurdische Gebiete. An diesem Aufzug, der wieder im Leipziger Osten startete, beteiligten sich etwa 100 Personen. (Video am Ende des Beitrages)
Größter Aufreger war am Wochenende wohl die Berichterstattung über Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Diese hatte einige Monate vor ihrem Amtsantritt einen Gastbeitrag für das Magazin einer vom bayrischen Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ eingestuften Vereinigung verfasst. Für konservative beziehungsweise rechtsradikale Medien und Parteien ein Anlass, ihren Rücktritt zu fordern.
Am Sonntag drehte sich der Wind jedoch. „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt persönlich hatte einen Text verfasst, in dem er offenbar spöttisch über eine Holocaust-Überlebende schrieb.
Bei der Digitalisierung eines Kommentars von @ulfposh aus der aktuellen WAMS-Ausgabe wurde "superlinken Aktivistinnen" durch "super Holocaust-Überlebende" ersetzt. Das ist ein schlimmer Fehler, den wir zutiefst bedauern und umgehend korrigiert haben. (1/5)
— WELT (@welt) February 6, 2022
Später korrigierte sich die „Welt“. Es sei ein technischer Fehler gewesen und eigentlich habe man das tun wollen, was man in diesem Medium ständig tut: spöttisch über Linke schreiben.
Übrigens: In dem kurzen Gastbeitrag war Faeser im Wesentlichen auf die Morddrohungen seitens des „NSU 2.0“ gegen sie eingegangen. Ob das zum Skandal taugt, mag jede/-r selbst beurteilen.
Energiekosten, Pressefreiheit und Protest gegen Corona-Demos
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: über einen Antrag der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, der bei steigenden Energiekosten mehr Unterstützung für Menschen mit niedrigem Einkommen einfordert, über die andauernden Diskussionen zum Fahrradfahren auf dem Ring und über das Wahlverhalten von älteren und jüngeren Leipziger/-innen bei der vergangenen Bundestagswahl.
Was am Wochenende außerdem wichtig war: Das sächsische Innenministerium hat im vergangenen Jahr insgesamt 27 Straftaten gegen Journalist/-innen in Sachsen erfasst, berichtet die LVZ. Das ist auf einem ähnlichen Niveau wie im Jahr zuvor. Schwerpunkt sind weiterhin die Demonstrationen von Corona-Verharmloser/-innen.
Was am Montag passieren wird: In Leipzig soll es erneut breiten Protest gegen die „Corona-Spaziergänge“ geben. Angekündigt sind unter anderem Versammlungen auf dem Augustusplatz, in Schleußig, in Engelsdorf und in Markkleeberg.
Impressionen der “Rojava-Demo” am 5.02.2022 in Leipzig
Video: LZ
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