Nachdem Polizei und Ordnungsamt Anfang der Woche mehrere von den rechtsextremen „Freien Sachsen“ koordinierte „Corona-Spaziergänge“ gewähren ließen, obwohl sie wiederholt gegen mehrere Corona-Auflagen und -verbote verstießen, verteidigte Innenminister Wöller (CDU) dieses Verhalten der Einsatzkräfte heute. Außerdem flog die Bundeswehr heute erstmals COVID-19-Erkrankte aus sächsischen Intensivstationen nach NRW aus. Gleichzeitig öffneten mehrere stetige Impfstationen in Sachsen (erneut) ihre Tore. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 1. Dezember 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Wenn mal wieder #WöllerRücktritt auf Twitter Trending Topic ist…

Wenn dieser Tage Nachrichten für Diskussionsstoff sorgen, dann haben sie meist direkt mit der Corona-Pandemie zu tun. Und wenn nicht, dann indirekt, so wie die Aussagen des sächsischen Innenministers Roland Wöller (CDU) zum Umgang der Behörden mit schwurbelnden Protesten in mehreren Städten.

Seit dem 19. November dürfen Versammlungen in Sachsen nur mit maximal zehn Teilnehmer/-innen stattfinden. Noch länger gilt, dass Versammlungen nur ortsfest abgehalten werden dürfen, also keine Demonstrationszüge erlaubt sind. In den vergangenen Wochen trafen sich dennoch regelmäßig hunderte Menschen, beispielsweise in Bautzen oder Freiberg, um „Kretschmer muss weg“ zu skandieren und mehrheitlich mehrere Corona-Auflagen gleichzeitig zu brechen.

Zu Beginn der Woche fanden erneut „Corona-Spaziergänge“ in Sachsen statt, zu denen sich die Teilnehmer/-innen meist über Telegram oder Facebook verabreden. Unter anderem in Bautzen, Dresden und Freiberg kamen jeweils hunderte Menschen zusammen. An dem „Corona-Spaziergang“ in Freiberg nahmen laut Polizei rund 700 Personen teil.

Darunter war auch Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechtsextremen und verschwörungsmythischen „Compact“-Magazins. „Compact“ hatte zuvor auf seiner Website die „stolzen Sachsen“ aufgerufen, am Montag gegen „Corona-Diktatur und Impf-Wahn“ in Freiberg auf die Straße zu gehen. Auch die „Freien Sachsen“, die der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch einstuft, hatten vorab mobilisiert. Offiziell angemeldet war die Versammlung nicht.

Wöller äußert Verständnis für rechtsextreme Proteste

Obwohl die Protestierenden eindeutig und wiederholt gegen mehrere Corona-Auflagen verstießen – beispielsweise das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, das Abhalten von ortsfesten Kundgebungen und die maximale Personenanzahl von zehn – ließ die Polizei sie gewähren.

Sachsens Innenminister Roland Wöller verteidigte nun das Nicht-Eingreifen der Polizeikräfte. „Ich habe Verständnis für die Proteste gegen die Corona-Auflagen“, so zitierte ihn das Nachrichtenportal von t-online gestern Abend. Die Versammlungsfreiheit sei höher zu werten als Corona-Auflagen und Infektionsschutz. Dass die Versammlungsfreiheit in Sachsen aufgrund der Corona-Notfallverordnung aktuell eben nicht uneingeschränkt gilt, sondern drastisch beschnitten ist, ließ Wöller bei seinen Aussagen unbeachtet.

Als Grund für das Aussetzen der Exekutivgewalt führt der CDU-Innenminister die „Deeskalation“ an. Wie die Journalistin Franziska Klemenz am Montag aus Freiberg berichtete, wolle die Polizei laut einer Sprecherin Gewalt nur anwenden, wenn Protestierende zuerst auf Beamte losgingen.

Vorwurf der Arbeitsverweigerung und Rücktrittsforderungen

Auf Twitter trendete heute der Hashtag #WöllerRücktritt. Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der sächsischen Linken, forderte heute zum wiederholten Male den Rücktritt des Innenministers. Sie kritisiert, dass Wöller die Notverordnung seiner eigenen Landesregierung nicht mittrage. „Was Wöller macht, ist Arbeitsverweigerung, das Ergebnis ist Kontrollverlust.“ Er sei die Bremse der Pandemiebekämpfung.

Doch nicht nur aus den Reihen der Opposition, sondern auch von Mitgliedern der sächsischen Regierungsparteien kommt Kritik. Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, forderte in einer Pressemitteilung gestern die konsequente Durchsetzung von Corona-Maßnahmen.

Gerade in Sachsen sähen die Grünen da Nachholbedarf. „Der Rechtsstaat darf nicht vor Impfgegnern und Menschen, die unsere Solidarität mit Füßen treten, kapitulieren“, appellierte Schubert. „Wir erwarten vom Innenminister die Durchsetzung der geltenden Regeln.“

Ab 12 Uhr „Generalstreik“ der Freien Sachsen Richard-Wagner-Platz, Willy-Brandt-Platz

Für heute hatten die rechtsextremen „Freien Sachsen“ und deren Anhänger/-innen und Verbündete auf Social Media einen „Generalstreik“ angekündigt. Unter anderem in Dresden und Leipzig sollten sich die Menschen gegen Mittag versammeln, um die Arbeit niederzulegen und gegen die „Corona-Diktatur“ zu protestieren.

Es kam allerdings kaum jemand zum Streiken. Sowohl der Richard-Wagner-Platz als auch der Willy-Brandt-Platz in Leipzig blieben leer. Auch in der Landeshauptstadt konnte von keinem Generalstreik die Rede sein. „Keine Sau da“, stellten Querdenker/-innen in entsprechenden Telegram-Gruppen selbst fest.

Gähnende Leere am 1. Dezember zum „Generalstreik“. Foto: LZ

Für heute, 18 Uhr, wurde in diversen Telegram-Gruppen im Rahmen des „Generalstreiks“ erneut zum „Spaziergang“ in Freiberg aufgerufen. Mit einem wichtigen Hinweis: Wer „angesichts des ganzen Impf- und Testdrucks krank wird“, dürfe nur „solche Handlungen nicht tätigen, die seine Heilung gefährden“. Ein Spaziergang an der frischen Luft sei doch in der Regel bestens für die Genesung.

Bundeswehr fliegt COVID-Erkrankte von Sachsen nach NRW

Ein winterlicher Spaziergang hilft den an COVID-19 Erkrankten auf den sächsischen Intensivstationen leider nicht und hätte sie in keinem Stadium ihrer Erkrankung vor der Intensivstation gerettet. Die Luftwaffe der Bundeswehr hat heute zum ersten Mal Corona-Patient/-innen aus Sachsen ausgeflogen. Sechs schwer Erkrankte wurden mit einem Airbus vom Typ A310 MedEvac heute nach Köln gebracht.

Von dort aus wurden sie auf Krankenhäuser in Köln, Bonn, Bochum und Marl verteilt. Die sächsischen Kliniken halten ihre Intensivstationsbetten seit Wochen für kommende COVID-Fälle frei. Mittlerweile sind kaum noch Plätze zur intensivmedizinischen Betreuung frei. Stand heute sind 95 Prozent der Intensivbetten in Sachsen mit Corona-Patient/-innen belegt.

Immer mehr stationäre Impfstellen und Impfzentren öffnen in Sachsen

Diese vierte Corona-Welle wird durch die derzeit durchgeführten Impfungen nicht mehr aufgehalten werden können, doch zumindest in diesem Bereich gibt es positive Nachrichten. Die Zahl der stationären Impfangebote steigt mit jedem Tag. Heute, 11 Uhr, öffnete beispielsweise eine Impfstelle im Stadthaus am Leipziger Burgplatz. Dort werden von Montag bis Samstag zwischen 11 und 19 Uhr Erst-, Zweit- und Drittimpfungen durchgeführt.

Für eine Impfung im Leipziger Stadtbüro ist keine Anmeldung nötig, lediglich Personalausweis, Impfpass und Krankenkassenkarte müssen vorgezeigt werden. Verabreicht werden die Biontech- oder Moderna-Impfdosen von einem mobilen Impfteam des DRK.

Auch in der Arena im Leipziger Waldstraßenviertel wird seit heute täglich ohne Terminvereinbarung geimpft. Heute und morgen werden vorerst von jeweils 12 bis 20 Uhr Impfungen verabreicht. Die Öffnungszeiten für die Zeit danach seien derzeit in Planung, berichtete der Geschäftsführer der Arena-Betreiberfirma der LVZ.

Heute Morgen nahm außerdem das Impfzentrum in der Dresdner Messe wieder den Betrieb auf. Laut DRK wurden dort heute bis zu 700 Impfdosen verabreicht. Heute standen Impfwillige noch ohne vorab vereinbarten Termin an, da das Online-Buchungsportal noch nicht freigeschaltet war. Ab Freitag 13 Uhr können für dieses Impfzentrum auch wieder online Termine gebucht werden.

Welt-Aids-Tag und weniger Arbeitslose in Leipzig

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den Leipziger Arbeitsmarkt im November 2021 und über die zukünftige S-Bahn-Verbindung von Leipzig nach Grimma und Döbeln.

Was heute außerdem wichtig war: Heute ist Welt-Aids-Tag. Er fand erstmals 1988, organisiert von der WHO, statt, und wird seit 1996 vom Projekt UNAIDS der Vereinten Nationen ausgerichtet. An der Universität Leipzig wurden aus diesem Anlass heute kostenlose, anonyme HIV-Schnelltests mit Beratung angeboten.

Was morgen passieren wird: Morgen verabschiedet der Stabsmusikkorps der Bundeswehr die noch geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Großen Zapfenstreich aus ihrem Amt. Auf Merkels Wunsch sollen dabei unter anderem die Lieder „Großer Gott, wir loben Dich“, „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef und „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen gespielt werden.

Ein weiterer Termin für Merkel am Donnerstag ist die Ministerpräsident/-innenrunde: Sie kommt morgen erneut zusammen, um über weitreichendere Corona-Maßnahmen zu beraten.

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Es gibt 2 Kommentare

“Für eine Impfung im Leipziger Stadtbüro ist keine Anmeldung nötig, lediglich Personalausweis, Impfpass und Krankenkassenkarte müssen vorgezeigt werden.”

Krankenkassenkarte? (Impfpass bei Erstimpfung sollte auch nicht notwendig sein)

Keine Ahnung, wie viele das betrifft, die aus verschiedensten Gründen, z.B. nicht gezahlte Privatversicherung oder auch Schulden bei gesetzlicher, keine “Karte” haben.

Gilt das dann eigentlich noch:
“Tatsächlich steht in der Bundesimpfverordnung in Paragraf 1: Anspruch auf eine Impfung gegen das Coronavirus haben alle, die in der Bundesrepublik ihren Wohnsitz oder Aufenthaltsort haben. Laut Paragraf 3 gilt dieser Anspruch auch für Asylbewerber. Und das ist kostenlos. Den Impfstoff zahlt der Bund. Die Krankenkassen haben mit der Impfung also nichts zu tun.

Das heißt: Auch Unversicherte könnten sich jederzeit kostenlos impfen lassen – in Impfzentren, bei mobilen Impfteams, bei der Allgemeinärztin. Das bestätigt der Hausärzteverband MDR AKTUELL. Demnach genügt es, irgendein Ausweisdokument vorzuzeigen, um die Daten der Geimpften erfassen zu können. Das kann die Krankenversicherungskarte sein, muss aber nicht.”

https://www.mdr.de/nachrichten/corona-impfung-ohne-krankenversicherung-obdachlos-100.html

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