Die Aussagen des sächsischen Landespolizeipräsidenten zu den jüngsten „Corona-Spaziergängen“ sorgten heute für Wirbel. Journalist/-innen und deren Interessenverbände werfen Horst Kretzschmar Dreistigkeit, Falschaussagen und ein verqueres Verständnis von Pressefreiheit vor. Außerdem hat das OVG Bautzen einen Eilantrag gegen die Corona-Auflagen über den Jahreswechsel abgelehnt und die Bundesregierung hat unter anderem Spanien und Portugal als Hochrisikogebiete eingestuft. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 23. Dezember 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Sachsens Polizeipräsident unterstellt Journalisten-Team die Verbreitung von Unwahrheiten
Für viel Diskussionsstoff sorgten heute Aussagen des sächsischen Polizeipräsidenten Horst Kretzschmar in einem gestern veröffentlichten taz-Interview. Hier befragte taz-Korrespondentin Rieke Wiemann Kretzschmar zur Strategie der sächsischen Polizei gegen die sogenannten Corona-Spaziergänge, bat um eine Analyse konkreter Versammlungsbeispiele der letzten Wochen und thematisierte Angriffe auf Journalist/-innen.
Bei letzterem Thema betonte Kretzschmar, dass Medienvertreter/-innen bei Demonstrationen oder anderen potenziell gefährlichen Situationen gezielt auf Polizeikräfte zukommen sollten, damit Schutz gewährleistet werden kann. Der Schutz von Journalist/-innen durch die Polizei sei in den letzten Jahren immer besser geworden, so Kretzschmar.
Angesprochen auf einen Vorfall am 12. Dezember in Bennewitz (Landkreis Leipzig), bei dem Demonstrationsteilnehmer/-innen ein Journalisten-Team bedrohten und körperlich angriffen, stellte Kretzschmar die Version der beiden Journalisten infrage.
Diese hatten unter anderem berichtet, dass die Polizei sie in Bennewitz darum gebeten hatte, ihre Berichterstattung einzustellen, weil ihr Schutz nicht mehr gewährleistet werden könne. „Nur weil die Journalisten von vue.critique das auf Twitter posten, heißt es nicht, dass das auch stimmt“, kommentierte Sachsens Polizeipräsident.
Keine Anzeige gleich kein Handlungsbedarf?
Er betonte im gleichen Zug, dass bezüglich des Vorfalls im Nachgang keine Anzeigen bei der Polizei eingegangen waren – als bedürfe es einer Anzeige, um als Journalist/-in polizeilichen Schutz in Anspruch nehmen zu können. Kretzschmars Darstellung der Situation am 12. Dezember in Bennewitz: „Vor Ort kam es zwischen Journalisten und einzelnen Aufzugsteilnehmern zwischenzeitlich zu verbalen Auseinandersetzungen, welche jedoch durch eingesetzte Kräfte unterbunden wurden.“
Ein Video vom 12. Dezember, gepostet vom Journalistenteam von vue.critique auf Twitter, zeigt, dass es nicht nur zu verbalen, sondern auch zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrationsteilnehmer/-innen und den Journalisten kam. „Das müssen die verbalen Auseinandersetzungen in Bennewitz gewesen sein, von denen der Landespolizeipräsident spricht“, kommentierten die Journalisten heute zynisch. Sie seien fassungslos über die Kommentare Kretzschmars zu ihrer Arbeit.
Das müssen die "verbalen Auseinandersetzungen" in #Bennewitz gewesen sein, von denen der Landespolizeipräsident spricht.
"Nur weil die Journalisten von @vuecritique das auf Twitter posten, heißt es nicht, dass das auch stimmt."
Wir sind fassungslos über diese Aussage! https://t.co/4qImshhZu4 pic.twitter.com/fPCoGFtLax— vue.critique (@vuecritique) December 23, 2021
Horst Kretzschmar ist seit Anfang 2019 Landespolizeipräsident in Sachsen. Zuvor fungierte er unter anderem als Chef des Spezialeinsatzkommandos (SEK), als Präsident der Bereitschaftspolizei und als Präsident der Polizeidirektion Dresden.
Kritik an Polizei Sachsen: „Ein Skandal in Sachen Pressefreiheit“
Die Aussagen Kretzschmars sorgten heute nicht nur bei den betroffenen Journalisten von vue.critique für Kopfschütteln, sondern auch bei vielen anderen Medienvertreter/-innen. Der sächsische Ableger des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV Sachsen) bezeichnete Kretzschmars Äußerungen als „in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert“.
Dass nach Bennewitz keine Anzeigen erstattet wurden, heiße nicht, dass nichts passiert sei. „Wie sollten die Kolleg/-innen in dieser Lage noch Anzeige erstatten?“
Man arbeite seit Jahren mit der sächsischen Polizei zusammen, um sowohl Presse als auch Polizei für die gegenseitigen Bedürfnisse zu sensibilisieren, was durchaus Früchte getragen habe, so der DJV Sachsen. Die auch von Kretzschmar betonten Erfolge bei dieser Zusammenarbeit wolle man keinesfalls infrage stellen. „Die Aussagen des Landespolizeipräsidenten im Interview indes schon“, so der DJV.
Journalist Thomas Datt, der seit Jahren von rechtsextremen Demonstrationen in Sachsen berichtet, nannte die Äußerungen des Polizeipräsidenten heute „dreist“ und sprach von einem „Prinzip formalistischer Ignoranz“. Jörg Reichel, Geschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), fand ebenfalls klare Worte für seine Kritik: „Die Polizei Sachsen ist ein Skandal in Sachen Pressefreiheit.“
Böllern im hauseigenen Garten dieses Jahr nicht verboten
Dass dieser Tage viele Nachrichten direkt oder indirekt mit Corona zusammenhängen, hat eine globale Gesundheitskrise so an sich. Deshalb geht es mit Corona-Nachrichten weiter: Nachdem das sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) die 2G-Regelung in der Gastronomie als verhältnismäßig eingestuft hat, kam der Senat nun zu einer weiteren spannenden Entscheidung.
Nach Auffassung des OVG sind die auf der Corona-Notfallverordnung basierenden Einschränkungen zu Silvester und Neujahr ebenfalls verhältnismäßig. Sachsen untersagt aus Infektionsschutzgründen in diesem Zeitraum Feiern unter freiem Himmel an öffentlichen Orten. Außerdem dürfen keine Raketen außerhalb der Unterkunft gezündet oder transportiert werden.
Einen entsprechenden Eilantrag zur Aufhebung dieser Regelungen lehnte das OVG ab. Die Richter/-innen weisen in ihrer Entscheidung darauf hin, dass das Zünden von Pyrotechnik innerhalb der Unterkunft, „worunter vornehmlich der Balkon und der hauseigene Garten fallen dürften“, dieses Jahr nicht verboten sei. Vor einem Jahr war Böllern generell verboten, auch auf privatem Gelände.
Beliebte Reiseziele ab Samstag Hochrisikogebiete
Die Bundesregierung gab heute bekannt, dass die Länder Spanien, Portugal, Finnland, Monaco, Zypern und die USA auf die Liste der Hochrisikogebiete gesetzt werden. Ab Samstag ist die Einstufung gültig. Für Einreisende aus diesen Gebieten nach Deutschland, die geimpft oder genesen sind, bedeutet das wenig Einschränkungen – sie müssen ihre Einreise lediglich vorab digital registrieren.
Ungeimpfte Einreisende, die aus Hochrisikogebieten in die Bundesrepublik einreisen, sind verpflichtet, sich zehn Tage lang in Quarantäne zu begeben. Bei einem negativen Test nach fünf Tagen kann die obligatorisch angeordnete Quarantäne frühzeitig beendet werden. Wird ein Land als Hochrisikogebiet eingestuft, bedeutet das nicht, dass ein Reiseverbot besteht. Die Einstufung tangiert vor allem die Einreisebestimmungen bei Rückkehr und die Stornierungsmöglichkeiten bei geplanten Reisen.
Österreich, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Malaysia und Belize hingegen hat die Bundesregierung von der Liste der Hochrisikogebiete gestrichen.
Erste Person in Deutschland nachweislich an Omikron-Variante verstorben
Worüber die LZ heute berichtet hat: über Einradhockey in Leipzig und die Auswirkungen der aktuellen Corona-Maßnahmen auf die Leipziger Schauspielhäuser, die erneut auf Digitalangebote umstellen. Außerdem über den umgestalteten Park an der Auferstehungskirche in Möckern, die Zukunft der Leipziger Verkehrsbetriebe und die Lebensgeschichte einer Leipzigerin in Buchform.
Heinz-Jürgen Böhme vom Bürgerverein pro Leipzig e.V. erklärt in seinem Gastbeitrag, welchen Standort er für die Musikschule Johann Sebastian Bach favorisiert.
Was heute sonst noch wichtig war: Das Robert-Koch-Institut hat heute den ersten Todesfall im Zusammenhang mit einer nachgewiesenen Erkrankung an der Omikron-Variante in Deutschland gemeldet. Bislang wurden in der Bundesrepublik rund 3.000 Omikron-Fälle registriert. Die Corona-Mutante B.1.1.529 gilt als besonders ansteckend und wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „besorgniserregend“ eingestuft.
Was morgen passieren wird: Morgen (24. Dezember) ist Heiligabend, was in Sachsen kein Feiertag ist. Da Heiligabend dieses Jahr auf einen Werktag fällt, dürfen Verkaufsstellen laut dem sächsischen Gesetz über Ladenöffnungszeiten von 6 bis 14 Uhr geöffnet haben.
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