Seit zwei Jahren findet am 9. Oktober nicht nur das alljährliche Lichtfest in Leipzig in Gedenken an die Friedliche Revolution statt, sondern auch Gedenkfeiern für die Opfer des rechtsextremen Halle-Attentats. Beide Termine fanden dieses Wochenende statt. Außerdem fand in Anger-Crottendorf eine Hausbesetzung statt, die keine war und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat nach Korruptionsermittlungen gegen ihn Platz für seinen Nachfolger im Amt, den aktuellen Außenminister Schallenberg, gemacht. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 9./10. Oktober 2021 in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Scheinbesetzung der Karl-Krause-Fabrik
Der Samstag begann mit einer Hausbesetzung in Leipzig, die gar keine war – wie sich am Nachmittag herausstellte. Die Gruppe „Leipzig besetzen“ hatte am Samstagvormittag auf Twitter bekannt gegeben, dass die sogenannte Karl-Krause-Fabrik (Haupthaus des ehemaligen Polygraph-Werks) in Anger-Crottendorf besetzt wurde. Die Leipzig GRK-Gruppe hat das Objekt dieses Jahr erworben und dort 130 Eigentumswohnungen entstehen lassen, die alle schon verkauft sind.„Aus Wut über die Räumung der #Liebig34 vor einem Jahr haben wir uns das Gebäude der GRK GmbH wieder angeeignet“, schrieb „Leipzig besetzen“ auf Twitter. „Hier soll ein Luxusbau entstehen. Nicht mit uns!“ Dazu postete die Gruppe ein Foto des Backsteingebäudes mit einem Plakat, auf dem „Leipzig besetzen“ steht.
Allerdings fanden die ausgerückten Polizeikräfte fanden vor Ort niemanden vor, da die Besetzung von der Gruppe medial inszeniert wurde, jedoch nicht stattgefunden hat. „Leipzig besetzen“ stellte dies online selbst klar: „Die Karl-Krause-Fabrik haben wir nicht besetzt.“ Mit der Aktion wurde dennoch Aufmerksamkeit für das Thema generiert.
Die Gruppe nutzte diese Aufmerksamkeit, um dazu aufzurufen, sich gegen Räumungen und Gentrifizierung zu engagieren. Gleichzeitig rief sie dazu auf, am Wochenende nach Halle zu fahren.
Gedenken an Halle-Attentat: Antifaschist/-innen blockieren Neonazi-Demo
Dort fanden am Samstag – zwei Jahre nach dem rechtsextremen Attentat, bei dem ein Mann versucht hatte, an Yom Kippur in die Synagoge einzudringen, und später zwei Menschen ermordete – mehrere Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Anschlags statt.
Linke Gruppen wie „Halle gegen Rechts“, „Falken Halle“ und „Niemand wird vergessen“ hatten verschiedene Gedenkformate organisiert: Kundgebungen, Videoprojektionen, Demonstrationen und Seminare. Von staatlicher Seite fand eine Kranzniederlegung statt, die Evangelische Kirche hielt eine Schweigeminute und eine Andacht in Gedenken an die Opfer ab.
Gleichzeitig zog der stadtbekannte Rechtsextremist Sven Liebich durch Halle. Die Polizei hatte zuvor die von ihm angemeldeten Versammlungen untersagt – Liebich zog vor das Verwaltungsgericht, welches ihm recht gab. So demonstrierte der vom Verfassungsschutz beobachtete Rechtsextremist am Samstag mit etwa 30 weiteren Menschen dennoch in der Innenstadt.
Sie trafen dabei auf deutlichen Widerstand: Eine von „Halle gegen Rechts“ organisierte Sitzblockade verhinderte, dass Liebich und Co. Richtung Markt ziehen konnten. Liebich brach seine Demonstration kurze Zeit später ab. Rund 300 Gegendemonstrant/-innen sollen vor Ort gewesen sein.
Lichtfest in Leipzig erstmals mit dezentralem Konzept
Zeitgleich fanden in Leipzig die traditionellen Lichtfest-Feierlichkeiten statt, erstmals mit dezentralem Konzept. So waren dieses Jahr beispielsweise am Burgplatz und am Richard-Wagner-Platz Lichtinstallationen zu bestaunen. Die LZ war vor Ort und berichtete in einem Liveticker über die Gedenkfeier zum 9. Oktober 1989, an dem zehntausende Menschen über den Leipziger Ring zogen und die Friedliche Revolution in der DDR zu ihrem Höhepunkt brachten.
Vor Ort in Leipzig waren am Samstag allerlei Politiker/-innen, so zum Beispiel Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der Landtagsabgeordnete Holger Mann (SPD), der Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann (Die Linke), die Grünen-Stadträtin Katharina Krefft und Bundestagsabgeordnete Monika Lazar, ebenfalls von den Grünen.
Als Gastredner fungierte dieses Jahr Vitali Klitschko, ehemaliger Profiboxer und seit 2014 Oberbürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz tritt zurück
Für Schlagzeilen sorgte am Wochenende der Rücktritt des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP). Sein Rückzug vom Amt des Bundeskanzlers folgte auf Korruptionsermittlungen gegen ihn. „Was es jetzt braucht, sind stabile Verhältnisse“, sagte der ÖVP-Vorsitzende am Sonntag. Um Chaos zu verhindern und Stabilität zu gewährleisten, mache er in seinem Amt Platz, so Kurz.
Nachfolger wird der aktuelle Außenminister Alexander Schallenberg. Sebastian Kurz hatte den 52-jährigen Juristen als Nachfolger vorgeschlagen. Kurz will ÖVP-Landes- und Fraktionschef bleiben.
Haus in der Rosa-Luxemburg-Straße bröckelt weiter
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: Über das alljährliche Lichtfest am 9. Oktober, über die geplante Fusion der Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas Leipzig und über den Baubeschluss für die Sechsfeld-Sporthalle am Dösner Weg. Außerdem haben wir uns erneut dem Soko Linx-Komplex um Lina E. gewidmet.
Was am Wochenende außerdem wichtig war: Das am Donnerstag teilweise eingestürzte Haus in der Rosa-Luxemburg-Straße steht zwar zum anderen Teil noch, bröckelt aber in regelmäßigen Abständen und stellt eine stete Gefährdung der Anwohner/-innen und Passant/-innen dar.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag krachte erneut Baumaterial in die Tiefe. Der Giebel des Hauses hängt nun nicht mehr nur teilweise in der Luft, sondern auch gefährlich schief.
Haus in Rosa-Luxemburg-Str. stürzt immer weiter in sich zusammen. Heute Nacht 03:30 der nächste Rumms. Dach nun schief. Mal gucken, wann es zusammen kracht… wie lange wird noch mit Abriss gewartet? #Leipzig @StadtLeipzig @Feuerwehr_LE pic.twitter.com/COq0QipbLB
— pollinator_le (@pollinator_le) October 10, 2021
Was morgen passieren wird: Ab dem 11. Oktober können keine kostenlosen Corona-Bürgertests mehr in Anspruch genommen werden. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss fortan für einen Corona-Test selbst aufkommen, um an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen zu können.
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