Mit Hochspannung verfolgten Angehörige, Unterstützer/-innen und Journalist/-innen heute den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen die Leipziger Studentin Lina E. in Dresden – ein paar Neonazis waren auch im Gerichtssaal und veröffentlichten ein augenscheinlich aus der Perspektive der Nebenklage aufgenommenes Foto. Dies ist im Gerichtsprozess nicht erlaubt. Außerdem wurde heute bekannt, dass das Verwaltungsgericht Köln die Räumung des Hambacher Forsts im Herbst 2018 als rechtswidrig einstuft. Und eine Wohnungsdurchsuchung in Hamburg, veranlasst wohl durch eine Anzeige des Innensenators Andy Grote (SPD), sorgte für Unverständnis und Spott. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 8. September 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Auftakt im Lina E.-Prozess in Dresden
Seit November sitzt Lina E. in Untersuchungshaft – Heute startete am Oberlandesgericht Dresden der Gerichtsprozess gegen die Leipziger Studentin. Ihr wird vorgeworfen, gemeinsam mit den drei weiteren Personen Überfälle auf Personen aus der Neonazis-Szene geplant und durchgeführt zu haben. Bereits nach wenigen Minuten wurde die Hauptverhandlung wegen mehrerer Anträge seitens der Verteidigung unterbrochen. Ein detaillierter Bericht des ersten Prozesstages ist auf l-iz.de nachzulesen.Vor dem Oberlandesgericht hatten sich heute mehrere Dutzend Menschen versammelt, um ihre Solidarität mit Lina E. kundzutun. Sie spielten unter anderem eine Grußbotschaft von Lina E.s Mutter ab und forderten auf Transparenten „keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstandes“ und die Auflösung der Soko Linx und des Verfassungsschutzes.
Sachsen will „Grüne hängen“-Plakate nicht abhängen
Für Aufsehen sorgte heute auch eine Hetzkampagne der neonazistischen Kleinstpartei „Der 3. Weg“. Vor einigen Tagen waren an mehreren Orten Deutschlands Plakate aufgetaucht, auf denen die Neonazis dazu aufriefen, „die Grünen zu hängen“. Während in Bayern Polizeibeamt/-innen beim Abhängen der Plakate mit den unmissverständlichen Mordaufrufen gesichtet wurden, weigerten sich die sächsischen Behörden, die Entfernung der Plakate anzuordnen.
Penis-Kommentar führt zu Wohnungsdurchsuchung
Für Unverständnis und Spott sorgte heute eine Wohnungsdurchsuchung der Polizei in Hamburg. Die Beamt/-innen klingelten am frühen Morgen an einer Adresse, an der sie den Verfasser eines Ende Mai abgesetzten Tweets vermuteten. „Du bist so 1 Pimmel“ soll der Mann unter einem Tweet des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD) kommentiert haben, nachdem der Politiker eine Zusammenkunft von jungen Menschen im Schanzenviertel mit Blick auf die Lockdown-Situation kritisiert hatte.
Heute morgen um 6.00 gab es eine Hausdurchsuchung. 6 Beamt*innen in der Wohnung. Gesucht wurde das Gerät, mit dem "du bist so 1 Pimmel" unter einen Tweet von Andy Grote geschrieben wurde. Sie wissen, dass zwei kleine Kinder in diesem Haushalt leben. Guten Morgen, Deutschland. pic.twitter.com/G9boAWl63s
— 🧡Wout van der Fresh🧡 (@pauli_zoo) September 8, 2021
Die Kritik stieß auf breites Unverständnis, da Grote vergangenes Jahr mit einer selbst veranstalteten Party die damaligen Corona-Auflagen missachtet hatte. Dass er online als „Pimmel“ bezeichnet wurde, stieß dem SPD-Politiker wohl so sehr auf, dass er Anzeige erstattete. Daraufhin durchsuchten Polizeikräfte heute gegen 6 Uhr morgens die Wohnung der Ex-Freundin des mutmaßlichen Tweet-Verfassers – er selbst wohnt nicht mehr dort.
Räumung des Hambacher Forsts war rechtswidrig
Vor knapp drei Jahren sorgte eine weitere Polizeimaßnahme bundesweit für Kritik. Damals ließ die Stadt Kerpen in Nordrhein-Westfalen die Baumhäuser von Klima-Aktivist/-innen im Hambacher Forst räumen. Der Anlass der Räumung: Die selbst gebauten Unterkünfte der Aktivist/-innen verstießen laut NRW-Behörden gegen Brandschutzauflagen.
Heute bekräftigte das Verwaltungsgericht (VG) Köln mit einem Urteil die damalige Kritik von NGOs und Aktivist/-innen, die Brandschutzproblematik sei ein vorgeschobener Grund und nicht haltbar. Laut dem VG war der Sofortvollzug der Räumung rechtswidrig, da es die Argumentation der Kommune als vorgeschobenen Grund bewertete, um die Protestierenden loszuwerden.
In den Augen des Gerichts waren die Baumhäuser zwar formell und materiell rechtswidrig, doch die Räumung ebenso, da aus „genügend sachfremden Erwägungen“ gehandelt wurde. So berichtete es heute der Twitter-Account „Ermittlungsausschuss Hambi“ aus der Gerichtsverhandlung.
Teile des Hambacher Forsts wurden seit 2012 immer wieder von Menschen besetzt, die seine Rodung verhindern wollten. Der Energiekonzern RWE fällt seit den 1970er Jahren im Hambacher Forst Bäume, um Fläche für den Hambacher Braunkohletagebau zu gewinnen.
Tarifkonflikt bei Teigwaren Riesa beigelegt und Stadt informiert über Ablauf der Bundestagswahl
Worüber die LZ heute berichtet hat: über Leipzigs Radproblemstelle Nr. 10 – die Riesaer Straße. Diese soll laut Verkehrs- und Tiefbauamt zwar neue Radstreifen erhalten, ist aber weit davon entfernt, als ein sicherer Ort für Radfahrer/-innen betitelt zu werden.
Wie bereits erwähnt, war die Leipziger Zeitung (LZ) zum ersten Verhandlungstag im Prozess um Lina E. am Oberlandesgericht in Dresden zugegen. Der 27-jährigen Leipziger Studentin wird die Gründung einer „linksextremistischen Vereinigung“ vorgeworfen.
Außerdem wollen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) 2022 im Zuge von Gleisbauarbeiten die Waldstraßenbrücke erneuern, worüber Ralf Julke berichtet.
Was heute sonst noch wichtig war: Die Stadt Leipzig hat über den detaillierten Ablauf der Bundestagswahl am 26. September informiert. Auf der städtischen Website informierte das Amt für Statistik und Wahlen, dass in den Wahllokalen am letzten Septembersonntag aufgrund der anhaltenden pandemischen Lage Maskenpflicht herrschen werde. Es handelt sich dabei um bundeseinheitliche Regelungen.
Außerdem könne es aufgrund der Abstandsregelungen zu längeren Warteschlangen als gewohnt kommen, weshalb die Stadt empfiehlt, bereits den Vormittag und frühen Nachmittag für die Stimmabgabe zu nutzen.
Nach einem mehrwöchigen Streik von Beschäftigten des Nudelherstellers Teigwaren Riesa ist es nun zu einer Beilegung des Tarifkonflikts zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Unternehmensleitung gekommen. Laut NGG-Sprecher läuft der ausgehandelte Tarifvertrag bis August 2022 und sieht eine Erhöhung des Stundenlohns um einen Euro innerhalb der kommenden sieben Monate vor.
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