FDP und Grüne haben heute nicht nur mit einem Sondierungs-Selfie für Spaß (und wie immer etwas Spott) im Netz gesorgt, sondern auch erklärt, dass sie in ersten Gesprächen nach der Bundestagswahl am Sonntag bereits Gemeinsamkeiten gefunden haben. Beide wollen am Wochenende mit der SPD sprechen. Nachdem die Stadt Leipzig heute bekanntgab, mit wem die neue Koordinierungsstelle Nachtleben besetzt wird, wurde auf Twitter heftig über Personalie und Auswahlverfahren diskutiert. Und die rechtsextremen „Freie Sachsen“ haben angekündigt, eigene „Presseausweise“ ausstellen zu wollen. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, den 29. September 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

FDP und Grüne bauen erste Brücken

Die Vorsondierungsgespräche der Parteien nach der Bundestagswahl gehen weiter: Bereits gestern Abend trafen sich Grüne und FDP zu Gesprächen, in denen es um „Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes“ ging, wie alle vier Gesprächsteilnehmer/-innen es im selben Wortlaut auf Instagram beschrieben. Man habe sogar einige Gemeinsamkeiten gefunden. Anwesend bei dem Treffen waren FDP-Chef Christian Lindner, FDP-Generalsekretär Volker Wissing und die beiden Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck.Ein Selfie der vier, das während des Treffens am Dienstag aufgenommen wurde, entwickelte im Laufe des heutigen Tages eine ganz besondere Eigendynamik in den Sozialen Medien. Am beliebtesten auf Twitter und Co. waren Vergleiche des Fotos mit Silbermond-Fotoshootings und nervigen Urlaubsselfies der Eltern in der WhatsApp-Familiengruppe.

Am Freitag wollen sich Grüne und FDP erneut zu Gesprächen treffen, dann in größerer Runde. Beide Parteien wollen am Wochenende jeweils mit CDU und SPD sprechen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach sich heute für eine „Fortschritts-Koalition“ von SPD, Grünen und FDP unter Scholz als Kanzler aus.

Kritik an Nachtbürgermeister-Personalie

Nils Fischer ist Leipzigs erster Fachbeauftragter für Nachtkultur. Foto: Katharine Hindelang
Nils Fischer ist Leipzigs erster Fachbeauftragter für Nachtkultur. Foto: Katharine Hindelang

Auch in Leipzig gab es heute viel Gesprächsstoff, konkret die Benennung des ersten städtischen Fachbeauftragten für Nachtkultur – umgangssprachlich wird die Stelle oft als „Nachtbürgermeister/-in“ betitelt. Nils Fischer, 1991 in Braunschweig geboren, hat Kunstgeschichte, Wirtschaftswissenschaften und Denkmalpflege in Halle studiert und ist seit 2015 im Kulturbereich der Hallensischen Stadtverwaltung tätig.

Eine Auswahlkommission, in der unter anderem Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke, Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (beide Die Linke) und Werk-2-Geschäftsführerin Katrin Gruel saßen, entschied sich laut Stadt im Rahmen eines zweistufigen Auswahlverfahrens unter 119 Bewerber/-innen für Fischer. Der 29-Jährige soll die Stelle am 1. Oktober antreten.

Die Koordinierungsstelle Nachtleben soll Mediatorin zwischen der Leipziger Clubszene, der übrigen Stadtgesellschaft und der Stadtverwaltung sein (mehr dazu hier auf L-IZ.de).

Seine Personalie war heute Gegenstand einiger Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek zeigte sich verdutzt über die Entscheidung der Kommission. „Nils Fischer kommt aus Braunschweig und war die letzten 10 Jahre in Halle“, schrieb Kasek auf Twitter. „Da ich weiß, dass es auch aus #Leipzig kompetente Menschen gab, verwundert mich das ein wenig.“

Weitere Diskussion wohl am Freitag im Kulturausschuss

Kasek ist nicht der einzige, der sich eine/n Nachtbürgermeister/-in mit mehr Leipzig-Bezug wünscht. Linken-Stadträtin Juliane Nagel antwortete öffentlich einsehbar auf Kaseks Tweet, dass sie ebenfalls überrascht von der Personalie sei. Sie bedaure, dass die Kommission sich nicht für eine/n der „Bewerber/-innen mit fundierter Kenntnis und Leistung für die Szene“ entschieden habe. Und stellte folgende Frage in den Raum: „Aber ist es nicht an uns da zu intervenieren?“

Stadtrat Christopher Zenker (SPD). Foto: LZ
Stadtrat Christopher Zenker (SPD). Foto: LZ

Christoph Zenker, Fraktionschef der SPD im Stadtrat, gab sich ebenfalls verwundert auf Twitter, allerdings mehr über das Auswahlverfahren als über die Entscheidung. „Dennoch sollten wir mindestens im Kulturausschuss am Freitag nachfragen.“ Seine Fraktionskollegin Christina März ließ mit einem Kommentar durchscheinen, dass sie ebenfalls daran interessiert ist, das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Kulturausschuss-Sitzung zu bringen.

Die Debatte um die Besetzung der Stelle könnte Richtung Wochenende also erweitert werden.

„Freie Sachsen“ will eigene „Presseausweise“ vergeben

Wer einen Presseausweis besitzt, ist Journalist/-in. So einfach könnte es sein, sollte man meinen. Ist es aber nicht. Einerseits sind Presseausweise keine Bedingung, um sich als Pressevertreter/-in ausweisen zu können, andererseits gibt es nicht den einen Presseausweis, sondern Dokumente verschiedener Verbände, die unterschiedlich stark anerkannt sind.

Seit 2018 gibt es den bundeseinheitlichen Presseausweis, der zumindest hauptberuflichen Journalist/-innen das Leben erleichtert hat, jedoch neue Probleme für alle anderen mit sich brachte, die journalistisch tätig sind. Spätestens mit Aufkommen der „Querdenken“-Bewegung sind neue Probleme entstanden.

Immer mehr Personen, die eher aktivistisch als journalistisch unterwegs sind, waren plötzlich mit „Presseausweisen“ ausgestattet und bereiteten der Polizei Schwierigkeiten.

Offenbar ist es für die Beamten noch immer schwierig, die Ausweise umzudrehen und auf der Rückseite die Unterschrift des jeweiligen Vorsitzenden Innenminister der Innenministerkonferenz Deutschlands zu erkennen. Diese ist nur auf den Ausweisen der anerkannten Verbände wie zum Beispiel DJV, DJU oder Freelens enthalten. Diese haben dazu eine Vereinbarung mit der Innenministerkonferenz geschlossen (zum Wortlaut).

Die bisherigen Probleme könnten nun noch größer werden, denn die vom Verfassungsschutz Sachsen als rechtsextreme Gruppierung eingestuften „Freie Sachsen“ hat angekündigt, selbst „Presseausweise“ für 40 Euro auszustellen, um damit ihre eigentlich pressefeindlichen Aktivist/-innen auszustatten. Wenn diese dann bei Demonstrationen unterwegs sind, könnte der Polizei eine Unterscheidung schwerfallen – was letztlich auch zulasten „richtiger“ Journalist/-innen gehen könnte.

Der sächsische Landesverband des Deutschen Journalistenverbandes hat bereits klargestellt, dass „dieses Stück Papier“ mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis nichts zu tun hat – und gleich die sächsische Polizei und das sächsische Innenministerium auf die Problematik hingewiesen. Wie die Beamt/-innen damit umgehen werden, bleibt abzuwarten.

Berlins Wahlleiterin tritt nach Wahlchaos zurück

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den neuen Nachtbürgermeister, über die am Samstag anstehende Premiere von „Das Ding in uns“ in der Schaubühne Lindenfels und über die Antwort des Verkehrsdezernats auf eine Petition einer 7. Klasse bezüglich einer autofreien Innenstadt.

Was heute außerdem wichtig war: Die Landeswahlleiterin Berlins, Petra Michaelis, zieht die Konsequenzen aus den Problemen bei den Wahlabläufen in der Hauptstadt am Sonntag: Sie kündigte heute ihren Rücktritt an.

In Berlin gab es in einigen Wahllokalen am Sonntag zeitweise keine Wahlzettel mehr, es bildeten sich in der Folge lange Schlangen. Es gab ebenfalls Berichte über falsch zusammengestellte Wahldokumente – in Berlin waren die Wahlberechtigten am Sonntag zur Wahl des Bundestags und des Abgeordnetenhauses aufgerufen.

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“Fachbeauftragter für das Nachtleben”. Lol.

Es ist wirklich interessant zu wissen, nach welchen Kriterien aus den über hundert Bewerbern einige Kandidaten in die engere Auswahl gebracht wurden. (Anzahl der (verblichenen) Stempelabdrücke auf der Handaußenfläche? Nachgewiesene Asomnie bei Nacht?)

Scherz beiseite.

Wie kommt es, dass der Stadtrat hier nur noch nachhaken kann? Schläft der Stadtrat auch tagsüber, wenn es darum geht, Auswahlkommissionen überhaupt erst zusammenzustellen und ihnen eine Aufgabenbeschreibung mitzugeben?

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