Während heute den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus gedacht wird und die Roma-Bürger/-innenbewegung ihren Tag feiert, veröffentlicht Amnesty International einen besorgniserregenden Jahresbericht. Außerdem wird eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes für bundeseinheitliche Regelungen in die Wege geleitet und das sächsische Impfportal öffnet für über 60-Jährige. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 8. April 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Der israelische Gedenktag „Yom HaShoah“ erinnert an die sechs Millionen Juden und Jüdinnen, die im Holocaust von Nationalsozialisten ermordet wurden. Auf dem neuen jüdischen Friedhof in Leipzig fand heute ebenfalls eine Gedenkveranstaltung statt. Die Organisator/-innen teilten mit, dass es eine Zeremonie aus Kerzenanzünden, Gebet, Schweigeminute und Redebeiträge vom Vorsitzenden der israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, Küf Kaufmann, sowie von Pastor Stefan Haas gab. Und auch in der Kreuzkirche in Dresden fand die jährliche Namenslesung der in der NS-Zeit ermordeten Dresdner Juden und Jüdinnen statt. Normalerweise findet diese am 27. Januar, dem bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, statt. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Veranstaltung auf den heutigen israelischen Gedenktag verschoben.
Internationaler Roma-Tag und besorgniserregender Amnesty-Bericht
Heute wurde ebenfalls der internationale Roma-Tag begangen. Seit 1990 wird am 8. April an den internationalen Roma-Kongress vor 50 Jahren in London erinnert. Damals wurden folgende Beschlüsse gefasst: Diskriminierende Worte wie „Gipsy“ oder „Zigeuner“ sollten durch die Eigenbezeichnung „Roma“ ersetzt werden. Außerdem wurde eine eigene Flagge erstellt, um die Einigkeit der Bewegung zu symbolisieren. Seitdem hat die Roma-Bürger/-innenbewegung politisch viel erreicht.
Doch es gibt immer noch Probleme: Der Antiziganismus, der Rassismus gegenüber den Roma, nimmt seit Jahren wieder zu – vor allem in osteuropäischen Ländern. Aber auch intern läuft bei der Bürgerrechtsbewegung nicht alles rund: Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma spiegele die Vielfalt nicht ausreichend wider, so einige Kritiker/-innen. Um diesen Missständen auf den Grund zu gehen, findet heute der Jubiläumskongress verschiedener Initiativen, Gruppen und des Zentralrates statt – pandemiebedingt online.
Heute ist der 50. Jahrestag der Roma-Bürger*innenbewegung. Heute ist internationaler #RomaDay. Diskriminierung & Ausgrenzung sind für Europas größte Minderheit immer noch virulent.
Heute heißt es über die Differenzen hinweg:"Amen sam akate“ (we are here) https://t.co/me0cv0b5rt— Jule Nagel (@luna_le) April 8, 2021
Aber nicht nur der Rassismus gegenüber Roma und Sinti gibt Anlass zur Sorge: Die Organisation Amnesty International veröffentlichte gestern ihren Jahresbericht 2020 zur Menschenrechtslage. Dabei beklagt sie eine deutliche Verschlechterung der Situation für Millionen Menschen – im Zuge der Coronakrise hätten Ungleichheit, Diskriminierung und Unterdrückung zugenommen. Besonders Frauen leiden unter den Folgen, so Amnesty.
„Zahlreiche Staaten missbrauchten die Gesundheitskrise, um weiter rechtsstaatliche Prinzipien aufzulösen und Rechte einzuschränken oder nahmen billigend den Tod von Menschen aus Risikogruppen oder dem Gesundheitssektor in Kauf“, so Markus Beeko, der Generalsekretär von Amnesty-Deutschland. Außerdem habe die globale Pandemie die Schwächen der internationalen Zusammenarbeit offenbart, kritisiert Amnesty.
Und auch in Deutschland sieht Amnesty weiterhin Nachholbedarf in Bezug auf die Menschenrechte. Hierbei wurden vor allem im Bereich der inneren Sicherheit Probleme hervorgehoben: Sowohl die Bekämpfung rassistischer Gewalt als auch die Stärkung von Kontrollmechanismen bei Polizei und Sicherheitsbehörden sei unzureichend. Damit streift der Bericht auch aktuelle Skandale, unter anderem bei der Polizei Sachsen.
Bundeseinheitliche Regelungen durch neues Infektionsschutzgesetz
Ende März kritisierte Angela Merkel (CDU) in der ARD-Sendung „Anne Will“ die Länder: Sie müssten bei der Pandemiebekämpfung nachlegen. Der ständige Drang zu lockern sei nicht der richtige Weg. Sie werde nicht tatenlos wochenlang zusehen, wie sich die Infektionslage verschlimmert. Dabei stellte die Bundeskanzlerin zugleich in den Raum, dass der Bund über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes selbst die Initiative ergreifen könnte.
Laut „Spiegel“ soll das nun in die Wege geleitet werden. Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht vor, dass der Bund Landkreise bei erhöhten Inzidenz- und R-Werten dazu verpflichten kann, die Maßnahmen zu verschärfen. Die derzeit gültige Fassung erklärt es ausschließlich zur Aufgabe der Länder Corona-Schutzmaßnahmen zu erlassen und durchzusetzen.
Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen sowie die Abgeordneten Johann Wadephul und Yvonne Magwas unterstützen das Vorhaben der Kanzlerin und riefen ihre Fraktionskolleg/-innen in einer Rundmail auf, bis Donnerstagmittag ihre Unterstützung für die Initiative zu signalisieren. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach sich derweil gegen bundeseinheitliche Regelungen aus. Es reiche, die vorhandenen Beschlüsse konsequent umzusetzen. „Wir haben alle Instrumente an der Hand“, so Dreyer.
Forderungen von Lehrer/-innen und Schüler/-innen stoßen bei Kultusministerien auf taube Ohren
Vor der heutigen Sitzung der Kultusministerkonferenz haben Lehrerverbände und Schülervertreter/-innen die Minister/-innen aufgefordert, bundeseinheitliche Regeln bei Schulöffnungen und Corona-Tests aufzustellen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, appellierte für eine Testpflicht: „Mindestens zweimal in der Woche muss verbindlich getestet werden.“
Der Präsident des Lehrerverbandes und auch der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Dario Schramm, forderten eine generelle Grenze bei Schulschließungen: Oberhalb einer Inzidenz von 100 müssen die Schulen geschlossen werden. Wenn allerdings zusätzlich zu flächendeckenden Tests die Impfkampagne unter den Lehrer/-innen weit fortgeschritten sei, könnte bei den Schulöffnungen noch einmal neu verhandelt werden.
Trotz der nachdrücklichen Einigkeit von Lehrer/-innen und Schüler/-innen zeichnen sich bei der Kulturministerkonferenz aber keine überraschenden Entscheidungen für ein einheitliches Vorgehen oder bundesweite Schließungen ab – viele Bundesländer hatten schon im Vorfeld für ihre Schulen längst Pläne gemacht. Die Zusammenkunft der Kultusminister/-innen dient auch der Vorbereitung des nächsten Bund-Länder-Krisengipfels am Montag, 12. April.
Sächsisches Impfportal für über 60-Jährige freigeschaltet
Die deutsche Impfkampagne nimmt nach einigen Rückschlägen und Startschwierigkeiten endlich Fahrt auf. Gestern wurde bei der Zahl der Corona-Impfungen pro Tag ein neuer Rekord erreicht: Mehr als 650.000 Dosen zum Schutz gegen das Coronavirus wurden verabreicht.
Außerdem können sich ab heute Menschen über 60 Jahren in Sachsen online (Link zum Impfterminportal) für einen von 50.000 zusätzlichen Impfterminen anmelden. Wie das DRK mitteilte, werde ausschließlich das Serum von AstraZeneca verimpft – ab morgen, 9. April. Einschränkungen oder Priorisierungen gelten für die genannte Altersgruppe nicht mehr. Freie Termine im Freistaat können hier eingesehen werden: in Leipzig stehen derzeit beispielsweise noch knapp 3.000 zur Verfügung.
Unter 60-Jährige, die bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca erhalten haben, bekommen aufgrund der veränderten Einschätzung der Ständigen Impfkommission nun den Impfstoff von BioNTech/Pfizer oder von Moderna.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte derweil an, dass Deutschland mit dem Hersteller des russischen Impfstoffs Sputnik V über eine Belieferung verhandeln möchte – ohne die EU. Nach Bayern hat nun auch Mecklenburg-Vorpommern angekündigt, dass man sich im Alleingang das russische Vakzin beschaffen will. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer begrüßte hingegen die angekündigten Verhandlungen des Bundes über den Ankauf von Sputnik V.
Biden erlässt strengeres Waffenrecht, Museen öffnen
Worüber die LZ heute berichtet hat: Es schlummert immer noch koloniales Raubgut im GRASSI-Museum für Völkerkunde – wie wird dagegen vorgegangen?
Die Deutsche UNESCO-Kommission nominierte die Flößerei als immaterielles Kulturerbe, worüber sich auch der Förderverein Elsterfloßgraben aus Zeitz besonders freut.
Die reduzierten Testzeiten im Neuen Rathaus stoßen auf Kritik. Immerhin wird es im Innenstadtbereich ab Freitag einen Ersatz für die Abendstunden geben: In den Promenaden im Hauptbahnhof öffnet ein neues Testzentrum. Einen Überblick über alle Testangebote in Leipzig gibt es hier.
Was heute außerdem wichtig war: US-Präsident Joe Biden warb in seinem Wahlkampf für ein strengeres Waffenrecht. Nun will er mit einer Reihe von Verfügungen erste Veränderungen schaffen. Unter anderem soll damit gegen sogenannte „Geisterwaffen“ – Bausätze ohne Seriennummer – vorgegangen werden. Diese erschweren derzeit Polizeiermittlungen bei Verbrechen.
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) gaben bekannt, dass ab morgen, 9. April, die Gemäldegalerie Alte Meister und die Skulpturensammlung bis 1800 in Dresden sowie das GRASSI-Museum für Völkerkunde in Leipzig öffnen. Der Besuch ist nur mit einem zuvor online gebuchten Zeitticket und unter Vorlage eines tagesaktuellen negativen Corona-Schnell- oder Selbsttests möglich.
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