Sachsen warnt davor, dass die Covid-Betten in Krankenhäusern bereits zu Ostern allesamt belegt sein könnten. Abgesehen von Appellen, die bestehenden Regeln einzuhalten, gibt es bislang jedoch wenig Konkretes, was den Trend stoppen soll. Unterdessen planen „Querdenker“ weitere Aufmärsche. In Leipzig waren sie heute vor einer Schule, wo sie auf die Polizei trafen und eine LZ-Reporterin beleidigten. Außerdem: Eine Impfstation muss beschützt werden und Jan Böhmermann erklärt, wie Sächsisch wirklich geht und woher die Nazis kommen. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 26. März 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Ein bisschen verwundern die derzeitigen Warnungen vieler Politiker/-innen vor den Auswirkungen der dritten Corona-Welle ja schon. Da ist von überlasteten Krankenhäusern und Todeszahlen in bislang nicht gekanntem Ausmaß die Rede und davon, dass man dies nicht zulassen dürfe. Gleichzeitig klingen die Appelle häufig so, als wäre man selbst nicht in der Lage, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und beispielsweise den Lockdown wieder zu verschärfen.
Oder zumindest auf Lockerungen zu verzichten. Genau das scheint in immer mehr Gegenden in Deutschland der Fall zu sein. Hier mal eine „Notbremse“, die nicht gezogen wird, dort mal eine ganze Stadt oder ein ganzes Bundesland, das sich zur „Modellregion“ erklären möchte.
Eine dieser apokalyptischen Warnungen kam heute auch aus Sachsen. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) stellte in Aussicht, dass bereits in einer Woche die Covid-Betten in Krankenhäusern allesamt belegt sein könnten. Das wäre die „pessimistische“ Variante.
Die realistische Variante geht davon aus, dass es eine Woche später der Fall sein wird.
„Ich rufe deshalb noch mal eindringlich auf, auch über Ostern Kontakte gering zu halten und jegliches Ansteckungsrisiko zu vermeiden“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Nur stellt sich die Frage, wie man „jegliches Ansteckungsrisiko“ vermeiden soll, wenn einige Schulen und viele Arbeitsplätze weiterhin geöffnet bleiben.
Die rechtlichen Voraussetzungen, um den Ernstfall abzuwenden, könnte Sachsen nächste Woche in seiner neuen Schutzverordnung schaffen.
Impfzentrum in Löbau beschützt
Dass man sich nicht nur dem Kampf gegen das Virus widmen muss, sondern auch jenen, die diesen Kampf behindern wollen, gehört zu den weiteren Unannehmlichkeiten dieser Tage. Im ostsächsischen Löbau muss das Impfzentrum mittlerweile intensiv beschützt werden, nachdem es dort immer wieder zu Bedrohungen und Beleidigungen gegenüber Mitarbeiter/-innen gekommen war.
Eine besonders traurige Nachricht kommt aktuell aus Zittau. Dort ist Wolfgang Eipperle, Leiter der Covid-Station am dortigen Krankenhaus, selbst am Coronavirus gestorben.
Jene, die am Samstag erneut in Chemnitz gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren wollen, werden sich von solchen Nachrichten wohl nicht beeindrucken lassen. Momentan ist unklar, ob die Demo aus dem „Querdenken“-Umfeld überhaupt stattfinden kann. Die Stadt hat die Veranstaltung, für die 1.000 Personen geplant seien, verboten – ebenso eine Gegendemo.
Die Erfahrungen der vergangenen Monate haben jedoch zweierlei gezeigt: Einerseits, dass es meist weit mehr als die angemeldeten 1.000 Corona-Verharmloser/-innen sind, die demonstrieren wollen; andererseits, dass ein Verbot quasi keine Wirkung hat. Weil trotzdem Menschen auf die Straße gehen und weil die Polizei das häufig genug nicht unterbindet.
Das schärfste Vorgehen waren bislang die knapp 1.000 Ordnungswidrigkeitsanzeigen am 13. März in Dresden, also Geldstrafen wegen der Teilnahme an einer untersagten Demonstration ohne Maske und Mindestabstand.
Anti-Testpflicht-Proteste in Leipzig
Auf der Straße waren heute auch einige Menschen in Leipzig. An der Paul-Gruner-Schule in der gleichnamigen Straße versammelten sich etwa 30 Personen, um gegen ein „Menschheitsverbrechen“ zu demonstrieren. Denken Sie mal kurz nach. Was könnte das sein? Mord? Folter? Vertreibung?
Fast so schlimm, geht man nach den Versammelten. Es ging um die Corona-Testpflicht für Schüler/-innen allgemein und die, welche auf die TÜV Oberschule gehen. Aufgerufen hatte ein Vater eines der Schüler/-innen, vor Ort versuchten die Teilnehmerinnen es wie eine spontane Ansammlung aussehen zu lassen.
Da sich unter ihnen bekannte Gesichter der Leipziger Montagsspaziergänge und der „Bewegung Leipzig“ bis hin zu einer PEGIDA-Rednerin befanden, darf man wohl das Gegenteil annehmen.
Im Rahmen der Versammlung beleidigte eine Teilnehmerin unsere Reporterin, was sie anschließend jedoch auf Nachfrage nicht weiter erörtern wollte (siehe Video). Untereinander fiel zudem die Drohung, man wüsse ja, wo unsere Reporterin wohne. Damit erreichte das Niveau jenes, was man sonst bei Legida erleben konnte oder von Neonazi-Aufmärschen kennt.
Die Polizei war mit bis zu fünf Einsatzwagen vor Ort, hatte die Situation unter Kontrolle, nahm die Personalien von Versammlungsteilnehmer/-innen auf und setzte erfreulich locker und klar das Recht auf freie Berichterstattung durch.
Nachtrag: Laut Polizeimeldung am Abend wurden „insgesamt 14 Anzeigen gegen die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung (fehlende Mund-Nasen-Bedeckung) erstattet. Gegen den Versammlungsleiter (m, 48) wurde ein Ermittlungsverfahren wegen der nicht angezeigten Versammlung eingeleitet.“
Video-Impressionen vom 26. März ab 14 Uhr in der Paul-Gruner-Str.
Video:LZ
Bereits gestern Abend hatte die Gruppe „Freies Belarus“ zu einer Fahrrad-Demo aufgerufen, in der es um Menschen ging, die tatsächlich unter einer Diktatur zu leiden haben. Redebeiträge widmeten sich der Situation von Menschen allgemein und Oppositionellen im Speziellen in Belarus.
Video-Impressionen & Redebeiträge vom 25. März 2021 in Leipzig
Video:LZ
Welterbe, Klimaschutz und Sommerzeit
Worüber die LZ heute berichtet hat: über die Friedliche Revolution und ein UNESCO-Welterbe, über Hundesteuern und Klimaschutz, über die Abschaffung der Sommerzeit sowie über die Sperrung des Markkleeberger und Störmthaler Sees wegen Überflutungsgefahr.
Was heute außerdem wichtig war: Sachsen möchte auch das kommende Sommersemester nicht als „normales“ Semester werten und somit die sogenannte Regelstudienzeit ein weiteres Mal verlängern. Ähnliches gilt bereits für die beiden vorherigen Semester, die weitgehend nicht vor Ort an den Hochschulen stattfinden konnten.
Und ein ungewöhnlicher, weil seltener TV-Tipp. Jan Böhmermann erklärt in der neuen Folge des ZDF Magazin Royal vom heutigen 26. März 2021 mal etwas ausgiebiger, woher eigentlich die Nazis in Sachsen so kommen. SoGehtSächsisch von 1990 bis heute in lustig verpackt (hier in der ZDF-Mediathek).
Was morgen passieren wird: In Leipzig soll beim „Housing Action Day“ an mehreren Orten auf die steigenden Mieten hingewiesen werden. Geplant sind Kundgebungen am Neustädter Markt, am Adler und am Connewitzer Kreuz – jeweils ab 14 Uhr.
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Keine Kommentare bisher
Warum hat man denn diese Maskenverweigerer so lange tatenlos gewähren und ihre Propaganda verbreiten lassen?
Davon abgesehen:
In einer anständigen Diktatur, in der wir ja nach derem Duktus leben, wären die doch schnellstmöglich niedergeknüppelt oder erschossen worden.