Nach fast 60 Jahren ist die Grabplatte der Elisabeth von Sachsen (โ 1484), Stammmutter der Ernestinischen Linie des Hauses Wettin, wieder an den Ort zurรผckgekehrt, den die Kurfรผrstin einst als ihren Bestattungsort auserwรคhlt hatte โ damals die Klosterkirche St. Pauli, jetzt das Paulinum โ Aula und Universitรคtskirche der Universitรคt Leipzig. Am Montag, dem 7. Oktober, wurde das gereinigte und konservierte Bronzekunstwerk enthรผllt.
Enthรผllt wurde die sanierte Grabplatte im Beisein von Rektorin Prof. Dr. Eva Inรฉs Obergfell, dem Direktor der Kustodie Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Paulinervereins Dieter Deissler. Der Verein hatte fรผr die Arbeiten an der Grabplatte 25.000 Euro gespendet.
โWir erfรผllen der Kurfรผrstin nochmals ihren Herzenswunsch, zumindest in symbolischer Weiseโ, sagte Rektorin Obergfell. โIch bin sehr glรผcklich darรผber und danke dem Paulinerverein herzlich fรผr seine Unterstรผtzung. Das ohnehin รคuรerst sehenswerte Paulinum, das Gรคste aus nah und fern immer wieder aufs Neue beeindruckt, ist um ein weiteres attraktives Kunstwerk reicher.โ
Dieter Deissler betonte: โWir sind stolz darauf, dass wir fรผr die Rรผckfรผhrung, die Restaurierung und die Prรคsentation der Grabplatte einen sehr wichtigen Beitrag leisten konnten. Schade ist natรผrlich, dass unser vor kurzem verstorbene Vorsitzender Wilfried Richard, der sich dafรผr eingesetzt hat, die Rรผckkehr nicht mehr erlebten konnte. Den Fortschritt der Arbeiten hat er sich aber immerhin im Mai bei einem Ortstermin im Atelier der Restauratorin ansehen kรถnnen.โ
Elisabeth von Sachsen
Elisabeth war als Stammmutter der Ernestinischen Linie des Hauses Wettin von europรคischer Bedeutung. Zu ihren Nachfahren zรคhlt auch Kรถnig Charles III. Zwei ihrer Sรถhne โ Friedrich der Weise und Johann der Bestรคndige โ spielten eine zentrale Rolle in der Lutherschen Reformation. Entsprechend bedeutend ist ihre Grabplatte, kostbar aus Bronze gefertigt.
Als Elisabeth 1484 in Leipzig verstarb, wurde sie von der landesherrlichen Pleiรenburg zunรคchst fรผr die Toten- und Seelmesse in die Nikolaikirche รผberfรผhrt, aber auf ihren ausdrรผcklichen Wunsch in der Kirche der Dominikaner St. Pauli beigesetzt. Das Metallgrabmal aus Bronze mit einer lebensgroรen Darstellung der Kurfรผrstin wurde kurz vor der Kirchensprengung am 30. Mai 1968 gerettet und ab 1987 als Leihgabe in der Leipziger Thomaskirche prรคsentiert. Dort war die aus dem Hause Wittelsbach stammende Elisabeth von Bayern im Jahr 1460 mit dem Wettiner Kurfรผrst Ernst von Sachsen vermรคhlt worden.
Die Restaurierung
โDas Kunstwerk wurde im Januar durch die Metallrestauratorin Christina Neubacher aus der Thomaskirche abgeholt und von ihr fachgerecht gereinigt, restauriert und konserviertโ, erlรคuterte Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen, Direktor der universitรคren Kunstsammlung und der Kustodie.
Im Paulinum habe die rund 100 Kilogramm schwere Bronzeplatte nun auf einem steinernen Sockel liegend im nรถrdlichen Seitenschiff neben dem Altar ihren Platz gefunden. โIm Jahre 1825 befand sich die Grabstelle im Mittelschiff โnach dem Altar zuโ, der ursprรผngliche Ort kรถnnte aber auch in dem 1547 abgebrochenen Chorbereich gelegen haben.โ

Das Metallgrabmal aus Bronze โwar eine fรผr damalige Verhรคltnisse besonders aufwรคndige und kostspielige Lรถsungโ, sagte Hiller von Gaertringen. โDie lebensgroรe Darstellung wurde nicht gegossen, sondern kalt mit Meiรeln in die aus sechs Teilstรผcken zusammengenietete groรe Platte getrieben.โ
Das Kunstwerk folge dem Schema mittelalterlicher Grabplatten: auรen eine umlaufende Inschrift mit Lebens- und Sterbedaten, in den Ecken โTondiโ (Rundbilder) mit den vier Evangelisten-Symbolen und im Zentrum einer Darstellung der Erinnerten. Ursprรผnglich flach im Kirchenboden verlegt, wurde die Bronzeplatte im 19. Jahrhundert von der Grabstelle separiert und zum Schutz des Bildwerks in der Nรคhe des Altars aufrecht an der Wand angebracht.
Das Kunstwerk solle jetzt stellvertretend auch auf die anderen verlorenen Grรคber verweisen, die sich vor der Sprengung im Kirchenboden befunden haben. โDamit bei Besucherinnen und Besuchern nicht der Eindruck entsteht, die Gebeine wรผrden sich noch dort befinden, ist zwischen Grabplatte und Sockel eine Lichtfuge installiertโ, erlรคuterte Hiller von Gaertringen. Somit sei eine gestalterische Lรถsung gefunden worden, โdie deutlich zu erkennen gibt, dass es sich hier um keine Begrรคbnisstรคtte handelt, und die durch Material und รsthetik mit der modernen Innenarchitektur in Beziehung trittโ.
Den Sockelentwurf erarbeitete Prof. Bernd Rudolf von der Bauhaus-Universitรคt Weimar mit einer Steinverkleidung aus Kirchheimer Muschelkalk. Aus diesem Material besteht auch der Fuรboden. Die Arbeitsgemeinschaft Rudolf.Hanke.Hengst war auch bei der Ausstattung des Paulinums beteiligt.
Gedenkgottesdienst und Kolloquium
Neben dem Paulinerverein hatten sich weitere Leipziger/-innen fรผr die Rรผckkehr des Denkmals an den angestammten Ort starkgemacht, darunter die ehemalige Vorsitzende des Ortskuratoriums der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Brigitte Kempe-Stecher (โ 2020). Nach einem befรผrwortenden Beschluss der Kunstkommission der Universitรคt konnte das Projekt ausgefรผhrt werden.
Am 7. Oktober wurde die rรผckgefรผhrte Bronzeplatte im Paulinum โ Aula und Universitรคtskirche St. Pauli enthรผllt, am 20. Oktober โ zwei Tage nach Elisabeths Geburtstag โ findet dort ein Gedenkgottesdienst zu Ehren Elisabeths statt. Im Frรผhjahr 2025 soll es ein Kolloquium zur Grabplatte geben.
รffnungszeiten des Paulinums: Dienstag bis Sonnabend 10:30 bis 14:30 Uhr (Unter Vorbehalt, Schlieรzeiten wegen interner Veranstaltung werden auf den Internetseiten der Universitรคt Leipzig bekannt gegeben.) An Feiertagen geschlossen. Der Eintritt ist frei.
Das Universitรคtsmagazin berichtet รผber die Rรผckkehr der Grabplatte, den Herausforderungen beim Transport und den รberraschungen in der Werkstatt der Restauratorin.
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