Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um ein beinahe vergessenes, besonderes Gotteshaus in Berlin. Die Kapelle der Königlichen Charité war von etwa 1901 bis 1958 die Krankenhauskapelle der Charité in Berlin. Ihr Standort war in Berlin-Mitte (Friedrich-Wilhelm-Stadt) an der Luisenstraße.

Geschichte und Bauwerk: An der Charité wurde im Jahr 1727 eine evangelisch-lutherische Pfarrstelle sowie 1739 eine evangelisch-reformierte Pfarrstelle geschaffen. Krankenhaus-Gottesdienste fanden in den Anstaltsgebäuden und im Speisesaal statt. In einem Gebäude aus dem Jahr 1800 wurde ein großer Raum als erste Krankenhauskapelle geweiht.

1900/01 entwarfen Georg Diestel (1854–1926) und Joseph Redlich (1857–1943) die erste eigenständige, mit Klinkern verblendete Anstaltskapelle, deren Chorfenster Harold Bengen (1879–1962) gestaltete.

Die Simultankapelle – so wird ein Gotteshaus genannt, das von verschiedenen Religionen zugleich genutzt wird – hatte eine beachtliche Größe: Sie bot Platz für 240 Personen. Der Bau-Entwurf von Georg Diestel und Joseph Redlich verzeichnet insgesamt 189 Sitzplätze.

Im Zweiten Weltkrieg im Jahr 1943 zerstörten Bomben ihr Dach. Gottesdienste gab es daraufhin zunächst im Hörsaal der Kinderklinik, später im Hörsaal der Medizinischen Poliklinik.

1954 schloss die Charité-Leitung mit den kirchlichen Institutionen einen Nutzungsvertrag für einen Zeitraum von 20 Jahren ab. Jedoch wurde dieser Vertrag – vermutlich nach Intervention von höherer politischer Stelle – im selben Jahr gekündigt: Kirchliche Seelsorge war in staatlichen Krankenhäusern der DDR offiziell nicht erwünscht.

Die Kapelle der Charité Berlin (Gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150295819)
Kapelle der Charité Berlin (Gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150295819)

Die Krankenhaus-Kirche diente jahrzehntelang regelmäßig zum Gottesdienst sowie zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten als Stätte festlicher Begegnung. Sie war vertrauter Treffpunkt für Hunderte Patienten, deren Angehörige und die dort Beschäftigten. Sie war Ort der Gemeinsamkeit für Hoffnung und Genesungswillen, für Zuversicht und Freude – und auch für Trauer, Leid und Abschied.

1958 wurde die Kapelle gesprengt, offiziell um Bauland im Zusammenhang mit dem Neubau der zentralen Poliklinik zu gewinnen. Zugleich ging es offensichtlich auch darum, kirchlichen Seelsorgern endgültig die Tätigkeit an der Charité zu verwehren.

Jüngere Vergangenheit und Gegenwart

Anfang der 1990er Jahre erhielt die nun nach dem Untergang der DDR wieder mögliche kirchliche Krankenseelsorge, zu der an der Charité seit 1912 auch katholische Pfarrer gehörten, im Bettenhaus der Charité einen Gottesdienstraum.

Eine Entwurfszeichnung Ost-Ansicht, 1901 (Georg Diestel / Joseph Redlich, gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150301855)
Entwurfszeichnung Ost-Ansicht, 1901 (Georg Diestel / Joseph Redlich, gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150301855)

Die seit langem bekannte Erkenntnis, dass körperliche Heilung und Gesundung des Menschen auch eng verbunden sind mit seelsorgerischer Fürsorge, hat sich nach der ideologisch verordneten Zwangspause während der DDR-Zeit ihren angestammten Platz zurückerobert.

Heute hat die Charité Berlin mit der Kapelle auf dem Campus Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz, zwei Räumen der Stille auf dem Campus Charité Mitte und der Kapelle auf dem Campus Virchow-Klinikum in Berlin-Wedding umfangreiche und vielseitige seelsorgerische Angebote.

Diese stehen allen offen, die einen Ort des Gebetes, der Stille und der Einkehr suchen. Herzlich eingeladen sind dort auch Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen.

Koordinaten: 52° 31′ 29,6″ N, 13° 22′ 44″ O

Die Kapelle der Charité auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kapelle_der_Charit%C3%A9_Berlin

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