Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um ein Gotteshaus in Markkleeberg, für das nach 18 Jahren Wiederaufbau als Fahrradkirche Zöbigker ein neues Kapitel begonnen hat.
Die Kirche Zöbigker – in jüngerer Zeit auch bekannt als Fahrradkirche Zöbigker – ist das evangelische Gotteshaus in Zöbigker, einem Ortsteil von Markkleeberg, im Landkreis Leipzig in Sachsen. Die Kirche, die zur Martin-Luther-Kirchgemeinde Markkleeberg-West gehört, wird seit 2006 wiederaufgebaut. Sie liegt an der Via Imperii und am Lutherweg Sachsen.
Geschichte
Die genaue Entstehungszeit des ursprünglichen Gotteshauses ist nicht bekannt. 1726 veranlasste der Rittergutsbesitzer von Zöbigker, der sächsische Oberpostmeister Johann Jacob Kees der Jüngere, die Erneuerung der alten Kirche von Zöbigker im Barockstil. Eine weitere Renovierung gab es 1883 unter Leitung des Kirchenbaumeisters Hugo Altendorff aus Leipzig.
Das Gotteshaus brannte am 16. Mai 1942 nieder. Ursache war ein Schwelbrand im zur Orgel gehörenden Gebläse-Motor, dem sogenannten Windwerk. Das Feuer vernichtete es bis auf die Grundmauern.
In diesem niedergebrannten Zustand blieb das Gotteshaus jahrzehntelang. Gründe waren hauptsächlich sowohl die DDR-Mangelwirtschaft bei Baumaterialien als auch die kirchenfeindliche Politik der DDR. Erschwerend hinzu kam die drohende Abbaggerung von Zöbigker wegen des damals sich nähernden Braunkohle-Tagebaus Cospuden.
2006 starteten Mitglieder der Kirchgemeinde Zöbigker auf dem Gelände um die Kirche einen Arbeitseinsatz und setzten damit ein Zeichen. Es reifte der Entschluss, das Gotteshaus als Fahrradkirche in der Art einer Radwegekirche nutzen zu wollen.
So wurde am Ostermontag 2007 der erste Radfahrer-Gottesdienst an der Kirchenruine gefeiert, 2015 erstmals auch im Inneren des Kirchenrests.
Bauwerk
Das Bauwerk ist eine Saalkirche mit Chorturm und eingezogenem Ostchor. Am Baukörper, einem an der Außenseite verputzten Ziegelbau, ist am Kirchturm der Ansatz einer Tonnenwölbung erkennbar.
Erbaut wurde die Kirche im 13. oder 14. Jahrhundert, Umbauten gab es im 18. Jahrhundert, im 19. Jahrhundert und im frühen 21. Jahrhundert. Folgende Jahreszahlen sind überliefert: 1726: Erneuerung, 1883: Renovierung, 2006: Neuweihe, 2009: Sicherung, 2014 bis 2020: Sanierungsmaßnahmen sowie Dachstuhl-Neubau.
Der Sakralbau weist (bzw. wies) Merkmale von Romanik, Barock, Historismus und Moderne auf.
Um nach Jahrzehnten der Verwitterung und des Verfalls die Kirchenruine wieder für Veranstaltungen nutzen können, wurde von 2014 bis 2020 die Verkehrssicherheit wiederhergestellt. Es gab Sanierungsmaßnahmen an der einsturzgefährdeten Bestandsmauer und am Kirchturm-Stumpf, die Erneuerung des Ringankers, Außenputzarbeiten mit Kalkputz und gesiebtem Quarzsand aus der Grube Großschkorlopp und die Sicherung der historischen Putze aus dem 18. Jahrhundert im ziegelsichtig (also unverputzt) verbliebenen Innenraum.
Im neu errichteten Südanbau gibt es eine behindertengerechte Toilettenanlage, im Ostanbau einen Lager- und Medienraum. Im Kircheninnern wurden die Bodenbeläge erneuert, und neu eingelassene Fundamente tragen nun den Dachstuhl für das lichtdurchlässige Membrandach.
Mitte Mai 2024 wurden per Schwerlastkran die beiden je zwölf Tonnen schweren Turmelemente aufgesetzt und mit dem Betonanker verbunden. Damit gilt der Wiederaufbau nach 18 Jahren als weitgehend abgeschlossen. Die Gesamtkosten lagen laut Förderverein bei einem „mittleren sechsstelligen Betrag“, die auch dank zahlreicher Helfer, Spender und Sponsoren zusammengetragen werden konnten.
Projekt „Fahrradkirche Zöbigker“
Im Oktober 2006 startete die Martin-Luther-Kirchgemeinde Markkleeberg-West ihr Projekt „Fahrradkirche Zöbigker entsteht aus einer Ruine“. Das Ziel war, die einstige Dorfkirche Zöbigker mit ihrem Außengelände zu beleben – als Ort der Besinnung, der Begegnung und der Kommunikation für Markkleeberger, für Besucher aus dem Umland und für Touristen –, unabhängig von sozialen Schichten und Herkunft.
Das Kirchengrundstück liegt im Naherholungsgebiet Leipziger Neuseenland in der Nähe des Hafens Zöbigker, das ein umfangreiches und modernes Radwegenetz hat. Der Radweg Neuseenlandroute ist rund 100 Kilometer lang, verläuft am Ostufer des Cospudener Sees und wird gern und viel sowohl von Einheimischen als auch von Tages- und Wochenendausflüglern genutzt. Außerdem führt der ökumenische Pilgerweg Via Imperii dort entlang.
Die Fahrradkirche bietet Gelegenheit, abseits der Touristenströme Besinnung zu finden sowie besondere Veranstaltungen zu erleben. Das Fahrrad ist dabei aus Sicht der Initiatoren auch als Symbol zur Bewahrung der Schöpfung zu verstehen.
Ziel ist, die Fahrradkirche Zöbigker nach Ende des Wiederaufbaus als verlässlich geöffnete Kirche zu verankern – unter dem Leitsatz „Wen dürstet, der komme“ (Offenbarung 22,17). Neben der Vermittlung von Geschichte und Kultur sollen christliche Werte erlebbar und auch Nichtchristen der Zugang zur Kirche, Gott und zueinander angeboten werden.
Förderverein
Der Verein der Freunde und Förderer der Fahrradkirche Zöbigker e.V. gründete sich am 9. November 2010. Ziel ist das Engagement für die Erhaltung und Sanierung der einstigen Dorfkirche und die Ermöglichung ihrer dauerhaften Nutzung. Für das Projekt wurde der Förderverein 2017 mit dem „Sächsischen Bürgerpreis“ ausgezeichnet.
Archäologische Untersuchungen, Fördergeld, Glocke
Sanierung und Sicherung des Sakralbaus wurden seit 2012 mehrfach von archäologischen Untersuchungen begleitet. Gefunden wurden Spuren möglicher Vorgängerbauten, Grüfte sowie mehrere Körpergräber auf dem einstigen Friedhof. Auch konnten Siedlungsspuren aus vorgeschichtlicher Zeit erfasst werden.
Für den Wiederaufbau der Kirche Zöbigker flossen 90.000 Euro aus dem einstigen Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR.
Die Glocke der Kirche Zöbigker konnte 1942 nach dem Brand geborgen werden. Am 13. September 2020 konnte sie dank finanzieller Unterstützung des Mitmachfonds Sachsen in das Gotteshaus zurückkehren. Sie wurde in den neu entstehenden Kirchturm auf der ersten Turmebene im neuen Glockenstuhl eingehängt, neu geweiht und kann geläutet werden.
Acht Jahrzehnte nach dem vernichtenden Feuer erklingt die Glocke wieder wie zuvor – in einem historischen Gotteshaus, das in neuer, zeitgemäßer Form auferstanden ist.
Koordinaten: 51° 15′ 55″ N, 12° 21′ 0″ O
Die Kirche Zöbigker auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Z%C3%B6bigker
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