Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um ein in mehrfacher Weise bedeutendes Gotteshaus in Leipzig. Die St.-Alexi-Gedächtniskirche zur Russischen Ehre (Gedächtniskirche des heiligen Metropoliten Alexi von Moskau, russisch Свято-Алексиевский храм-памятник Русской Славы) ist die russisch-orthodoxe Kirche in Leipzig, Ecke Philipp-Rosenthal-Straße 51a/Semmelweisstraße in der Nähe der Deutschen Nationalbibliothek.

Der Volksmund nennt sie kurz „Russische Kirche“. Seit knapp 111 Jahren gehört sie mit ihrem weithin sichtbaren, 55 Meter hohen Kirchturm zum Stadtbild von Leipzig und hat alle politischen Veränderungen dieser Zeitspanne überstanden.

Bauwerk und Geschichte

Die Kirche ist eine freie Nachbildung der 1530–1532 erbauten Auferstehungskirche in Moskau-Kolomenskoje (seit 1994 Weltkulturerbe) mit dem dort erstmals verwirklichten Typus einer russischen Zeltdachkirche. Das Gotteshaus ist als verputzter Ziegelbau und der Turmhelm als Eisenbetonskelettbau ausgeführt. Es dient dem Gedenken an die etwa 22.000 gefallenen russischen Soldaten, die während der Völkerschlacht 1813 für die Befreiung Deutschlands in und um Leipzig ums Leben gekommen sind.

Architekt der Kirche war Wladimir Alexandrowitsch Pokrowski (1871–1931), seine Bauwerke stehen in Sankt Petersburg, Nischni Nowgorod und Moskau. Der beteiligte Ingenieur war Grigori Kriwoschein. Der Bau in Leipzig im Nowgoroder Stil mit 16-seitigem Zeltdach wurde am 28. Dezember 1912 begonnen. Nach zehnmonatiger Bauzeit fanden am 17. Oktober 1913, genau 100 Jahre nach der Völkerschlacht – also am Tag vor der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals – die Konsekration und am 18. Oktober 1913 die Kirchweihe statt.

Der Portalschmuck (Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47098002)
Portalschmuck (Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47098002)

Die Baukosten betrugen eine Million Goldmark bzw. 250.000 Rubel, von denen mehr als die Hälfte aus Spenden finanziert wurde. Einen vereinfachten, verkleinerten und zur Ausführung bestimmten Entwurf nach Pokrowskis Originalplänen reichten die Architekten Georg Weidenbach und Richard Tschammer aus Leipzig am 7. Dezember 1912 beim Baupolizeiamt ein, sie führten auch die Bauoberleitung.

Das Gebäude besteht aus einer Winter- und einer Oberkirche. Im Gotteshaus steht die 18 Meter hohe, siebenreihige Ikonostase – eine mit Ikonen geschmückte Wand mit drei Türen zwischen dem inneren Kirchenschiff und dem Altarraum. Sie trägt 78 Ikonen des russischen Malers Luka Martjanowitsch Jemeljanow. Die Ikonenwand wurde am 18. November 2018 nach dreijähriger Restaurierung von Bischof Tichon geweiht.

Der 55 Meter hohe Kirchturm mit seiner vergoldeten Zwiebelkuppel nach altrussischem Vorbild ist weit über Leipzig zu sehen. Im Sakralbau gibt es zudem eine kleine Gemeindebibliothek und ein Kirchenmuseum.

Gedächtnistafeln

Am linken und rechten Eingang zur Winterkirche befinden sich zwei Kriegsgedächtnistafeln, die in deutscher und russischer Sprache an die Völkerschlacht erinnern: Sie dienen dem Gedenken der etwa 50.300 Soldaten, die für die Befreiung Deutschlands 1813 bei Leipzig gefallen sind.

Deutschsprachige Gedächtnistafel (Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47097676)
Die deutschsprachige Gedächtnistafel (Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47097676)

An der Völkerschlacht zu Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 waren 127.000 Russen, 89.000 Österreicher, 72.000 Preußen und 18.000 Schweden beteiligt. Ums Leben kamen 22.000 Russen, 16.000 Preußen, 12.000 Österreicher und 300 Schweden.

CD als Zeitdokument

Ein Ton-Dokument der besonderen Art ist die CD „Freundschaft – Orthodoxe Gesänge mit dem Chor der Russischen Westgruppe“. Zu hören sind zehn Lieder unter Leitung von Chormeister Alexander Warlanow. Aufgezeichnet wurden sie am 23. August 1994 in der Russisch-Orthodoxen Kirche Leipzig.

Gegenwart

Dank der Zuwanderung der jüngsten drei Jahrzehnte seit dem Ende der Sowjetunion gibt es ein reges Kirchgemeinde-Leben. Die Russische Kirche ist ein Beispiel für die in Leipzig lebendige, historisch gewachsene Glaubensvielfalt.

Koordinaten: 51° 19′ 26,8″ N, 12° 23′ 49,9″ O

Die Russische Gedächtniskirche auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Russische_Ged%C3%A4chtniskirche

Homepage der Russischen Gedächtniskirche: http://russische-kirche-l.de/de/hauptseite-2/

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